Mitarbeiter/Firma

Verdachtsfälle

Es ist heiß. Es ist so heiß, daß meine Bürodamen ihr Büro am liebsten gar nicht mehr verlassen wollen. Die Klimaanlage surrt ihnen Kühles um die dauergelockten Köpfe und draußen schwitzen die Leute.
„S’ist halt Sommer“, sagt Frau Büser und Antonia spult einen ihrer nichtssagenden Worthülsensätze ab: „Ist es draußen zu kalt, meckern die Leute und wenn es mal heiß ist, dann sind sie auch unzufrieden, mir ist es zu heiß.“

Sandy läuft im Moment in einer unglaublich kurzen Hose, mehr so ein Gürtel, und barfuß herum. Ich bin immer wieder fasziniert, wie schnell sie sich umgezogen hat, wenn Kundenalarm ausgelöst wurde.
Und genau damit beginnt das Drama.

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Ich habe an solchen heißen Tagen immer eine dunkle Tuchhose an, manchmal auch eine gute, dunkle Jeans und entweder ein schwarzes T-Shirt oder ein Hemd. Nähern sich Kunden, ziehe ich ein Jackett über oder ziehe mir schnell eine Krawatte an, je nachdem.

Aber es ist gerade so heiß, daß mich beinahe jedes Kleidungsstück am Körper aufregt und es gar nicht locker und luftig genug sein kann.
Deshalb fiel morgens meine Wahl auf ein Hemd, das etwas kürzer ist, weshalb man es über oder in der Hose tragen kann.

Sandy fetzt sich gerade mal wieder mit Antonia. Die beiden sollen gemeinsam im Supermarkt gewesen sein und weil es ihr so heiß war, habe sich Sandy zur Abkühlung in die Truhe mit dem Tiefkühlspinat gelegt. Angeblich habe der Filialleiter dann beide rausgeworfen, was Antonia als beleidigende Zumutung empfindet, denn sie habe ja gar nichts gemacht und passe im Übrigen auch gar nicht in so eine Truhe rein.
Jedenfalls zicken die beiden Frauen herum, was überhaupt nichts Ungewöhnliches ist.
Manchmal befreunden und verfeinden sie sich bis zu 126 mal am Tag.

Auf jeden Fall hat Antonia den hinteren Teil der Räumlichkeiten zur sandyfreien Zone erklärt. „Hier bleibst Du weg, sonst machste dich wieder nackig!“

„Ich habe mich nicht ausgezogen, bloß abgekühlt!“

„Aber das andere Mal, da am Siebendorfer Platz, da hast Du Dich ausgezogen.“

„Ach da, das war doch nur obenrum.“

Ich will das alles gar nicht wissen, ich habe da irgendein Gen zuwenig oder zuviel, jedenfalls verursacht mir dieses hohle Gequatsche Aua.

Da ich am frühen Tag unterwegs war, hatte Sandy ihre Kundenklamotten bei mir im Büro über einen Sessel gelegt, was mir erst gar nicht aufgefallen war.

Dann kamen die Kunden und zwar gleich zu viert und Frau Büser, die in ihrem Büro auf einem Monitor sehen kann, wer die Halle betritt, zischte erst mir, dann Sandy zu: „Achtung, Kunde droht mit Auftrag.“

Sandy kommt geschwind in mein Büro, wirft mir nur einen grüßenden Blick zu und meint: „Sorry“. Dabei deutet sie auf ihre Klamotten und noch ehe ich irgendetwas dagegen tun kann, steht sie nur im Slip da.
Es ist beileibe nicht das erste Mal, daß ich Sandy so gut wie unbekleidet sehe, sie ist in dieser Hinsicht wirklich sehr unbekümmert und frei von jeglicher falscher Scham.
Trotzdem ist mir das immer angenehm und unangenehm zu gleich und ich kann mich nicht entscheiden, welches davon überwiegt.

Nun machen die Kunden etwas vollkommen anderes als alle anderen Kunden.
Normalerweise betreten die Leute unser Haus, stehen dann ein paar Sekunden in der großen Halle und von irgendwo her nähert sich dann nahezu lautlos der Bestatter oder einer seiner Leute.
Aber diese Leute marschieren gleich im Stechschritt durch die Halle, biegen zielsicher nach links in den Gang zu den Büros ab und rufen „Hallo!“.

Sandy ist schon halb angezogen, hat schon eine weiße Bluse an, die sie gerade zuknöpft und ich bin gerade dabei, mein Hemd in die Hose zu stopfen und die Krawatte umzulegen, als die Kunden einfach in mein Büro marschieren.

Wetten, daß die es mir nicht geglaubt haben, als ich sagte, wir hätten uns nur gerade eben extra für sie umgezogen?

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(©si)