Geschichten

Vom Kamel

orgel

Was habe ich schon über die ach so tollen Kaffeevollautomaten abgehetzt, die man für Preise zwischen 300 und schlag-mich-tot Euro im Elektroladen kaufen kann. Mal sind die Bohnen alle, mal ist das Wasser alle, mal quillt der Prüttkasten über… Dann ist der Kaffee meistens nur lauwarm, es kommt nur so ein Schluck dabei heraus, oft ist er einfach bitter und viel zu stark und ganz schlimm ist es, wenn oben so eine beknackte Schicht aus Schaum drauf herumschwimmt. Dann ist der Kaffee zwar nicht lauwarm, sondern er wurde in der Hölle gekocht!
Ist immer so! Wenn da Schaum drauf ist, DANN isser heiß, kochend heiß und das Heiße geht auch gar nicht weg, weil dieser Schaum die Gewähr dafür bietet, daß die Prülle heiß bleibt und man sich garantiert irgendwas am Schnabelzeug verbrüht.
Irgendwas dazwischen gibt es nicht. Entweder lauwarm oder siedend…

Gestern war ich bei jemandem, der so eine Maschine hat, in die man so plattgedrückte Kaffeetampons reinstopft. Pads nennt er die Dinger und ärgert sich im gleichen Atemzug darüber, daß die ziemlich teuer sind. Deshalb kaufe er ganz normalen Kaffee, Filterpapier auf Rollen und habe sich in Holland so eine Stanze besorgt, mit der man die Rohlinge zur Herstellung eigener Pads aus dem Filterflies herausknabustizieren kann.
„Dann noch mit dem Messlöffelchen die richtige Menge Kaffee drauf und den Pad verkleben oder verbördeln. Ist ’ne tolle Sache und gaaaanz billig!“

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„Wäre es nicht einfacher, so einen ganz herkömmlichen Kaffeefilter von Tante Melitta zu nehmen?“

Der Mann war entsetzt: „Was? Ja wer macht denn heutzutage sowas noch? Das ist ja Steinzeit!“

„Schmeckt aber gut.“

„Ist aber doch wohl mal voll altmodisch.“

Mag ja sein, aber ich finde es gut so.
Seine Maschine ist kaputt, es sei schon die dritte in diesem Jahr, weil er immer ganz viele Tassen pro Tag kochen müsse und deshalb würde er so an die vier bis fünf von den S.-Maschinen im Jahr kaufen. Jetzt habe er eine von einer anderen Firma, die sei aber Mist, weil die spritze den Kaffeekocher immer mit kochendem Wasser voll.
„Wenn man sich aber so seitwärts hinstellt, dann wird man nicht ganz so dolle verbrüht.“

„Warum stellen Sie sich überhaupt da hin?“

„Weil ich den Apparat abschalten muß, sonst spritzt der immer weiter und die Tassen laufen über. Is‘ aber alles sehr praktisch gemacht.“

Geh mir weg!

Vorhin knuckert es so osteoporös aus der Kaffeeküche und ich höre wie die Bürodamen heftig ins Diskutieren verfallen. Je lauter die schwätzen, umso unwichtiger ist der Gegenstand ihrer Diskussion, das ist ein Naturgesetz.

Dann wirft sich Antonia, die offenbar zur Schuldigen an-was-auch-immer erklärt worden ist, mit geschmollter Gesichtsunterhälfte ihren Wallewalle-Mantel über und schwebt elfengleich, den Boden erzitternd, hinaus in die wilde, weite Welt des Einkaufsvergnügens.

Sie soll, so berichtet mir Sandy, zu „Einmal hin, alles drin“ und Kaffee kaufen. Sie habe nämlich den letzten Rest an Bohnen gestern in den Automaten geschüttet und nicht Bescheid gesagt. Jetzt sei kein Kaffee mehr da.

„Was? Kein Kaffee? Oh Kaffee, Du mein einzig Lebenselixier, Du Wonne des Morgenlandes, Du köstlicher Türkentrank, der mir das Leben überhaupt erst ermöglicht! Du bist nicht in meiner Nähe? Wir können keinen Nachschub mehr produzieren?
Katastrophe! Oh fliehet von dannen, ihr nichtsnutzigen Horden überbezahlter Weiber und beschaffet mir Mokka, Espresso und Kaffee!!!“

„Boah ey, das geht ja gar nicht, so’n Geschwalle“, wallt sich Sandy auf und verdreht ob meiner wohlgesetzen Worte ihre Augen und fügt hinzu: „Antonia kauft ja schon Kaffee, dauert nicht lange.“

Es dauert auch wirklich nicht lange und Antonia kommt wieder zurück. „Kaffee! Ich hab‘ Kaffee geholt! Gleich gibt’s wieder welchen!“

Ich werde das gute Kind wohl reichlich und fürstlich beschenken, werde ihr einen wohlbeerbten Platz an meinem Sterbebett reservieren, jawoll!

Dann bringen sie mir eine Tasse und ich bin voll Dankbarkeit.

Doch dann…
was ist das…
wie schmeckt das denn?

„Ist das Kamelpisse?“ erkundige ich mich.

„Nee, Kaffee.“

„Schmeckt aber wie alter Birkenstock von Baldur Springmann!“

„Is‘ aber ganz normaler Kaffee, Bohnen für den Automat hab‘ ich nicht bekommen, aber dafür hab‘ ich ganz guten Markenkaffee gekauft und den haben wir richtig schön mit dem Filter gebrüht.“

„Schmeckt aber nach Kamel.“

„Wiiiiiiiir finden den aber gaaaaaanz lecker!“

„Ihr findet ja auch Duftkerzen toll.“

]recycelt aus 2010, weils so schön war]

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