Sterben + Trauer

Warum sterben im Winter so viele Menschen?

Ein Mann liegt im Bett und trägt ein Schneemannkostüm

Im Winter sterben mehr Menschen als im Sommer.

Ich schrieb schon häufiger hier im Bestatterweblog, dass Bestatter im Winter Hochkonjunktur haben und im Sommer getrost viele Wochen in Urlaub fahren können.

Warum ist das so?

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Viele Kollegen berichten mir derzeit von einem Anstieg der Todesfälle.
Dass das nicht nur „gefühlt“ so ist, heute fühlt man ja immer alles, zeigen auch die tatsächlichen Zahlen. Statistiken zeigen einen bemerkenswerten Anstieg der Sterberate zwischen Dezember und März, wobei der Februar regelmäßig den traurigen Höhepunkt markiert. Diese saisonalen Schwankungen sind nicht nur für die Bestattungswirtschaft von Bedeutung, sondern werfen auch die Frage auf: Warum sterben Menschen vermehrt in den kalten Monaten, und welche Faktoren tragen dazu bei?

Ein genauer Blick auf die Daten offenbart, dass die Mehrheit der Todesfälle in Deutschland über das Jahr hinweg relativ konstant bleibt. Dennoch wird dieser Durchschnittswert im Winter durch zusätzliche Sterbefälle erhöht, wie das Statistische Bundesamt dokumentiert.1 Eine zentrale Erklärung hierfür könnte in den Auswirkungen der Winterbedingungen auf den menschlichen Körper liegen. Kälte und das damit verbundene geringere Licht scheinen den Organismus anfälliger zu machen. Besonders betroffen sind Menschen mit eingeschränkter Immunabwehr oder Grunderkrankungen wie hohem Blutdruck, Demenz und Diabetes.

Ich persönlich habe schon mehrfach Menschen beim Sterben begleitet und meine festgestellt zu haben, dass im Sommer bei großer Hitze der Körper in eine Art Schutzstarre verfällt. Die Energie wird heruntergefahren, um nicht noch mehr Hitze zu produzieren, man hält nur noch still, um durch die sommerlichen Temperaturen zu kommen. Im Winter, so scheint es mir, nehmen die inneren körperlichen Aktivitäten wieder zu, um mehr Wärme zu gewinnen. Aber das ist nur meine persönliche Theorie, die aber durch die allgemeinen Beobachtungen, auch von Ärzten und Krankenhauspersonal durchaus gestützt wird.

Die Auswirkungen der Kälte auf die Blutzirkulation sind dabei ein zentraler Faktor. Studien aus den USA belegen eine Häufung von Herzinfarkt-Patienten während der Wintermonate.2 Diese Erkenntnisse werden durch weitere Untersuchungen gestützt, die zudem einen Anstieg von Infektionskrankheiten wie Influenza und Corona mit Langzeitfolgen, wie dem sogenannten Long Covid, sowie vermehrte Fälle von Lungenentzündungen feststellen. Im Vergleich zu den warmen Monaten des Jahres, insbesondere dem Spätsommer, zeigt sich, dass die Todesrate aufgrund dieser Erkrankungen im August und September mit nur sieben Prozent durchschnittlich eher niedrig ist.3

Die Kombination aus Kälte, geringerem Licht und dem allgemein geschwächten Immunsystem in den Wintermonaten schafft somit ein Umfeld, das die Entstehung und den Verlauf bestimmter Krankheiten begünstigt. Insbesondere chronisch Kranke und ältere Menschen sind von diesen Effekten betroffen. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Atemwegsinfektionen und andere damit verbundene Komplikationen werden in der kalten Jahreszeit häufiger diagnostiziert, was den Anstieg der Sterbefälle erklärt.

Die Notwendigkeit einer gezielten Prävention und Versorgung in den Wintermonaten wird angesichts dieser Zusammenhänge deutlich. Eine gezielte Aufklärung über die Risiken und Schutzmaßnahmen sowie eine verstärkte medizinische Betreuung für gefährdete Gruppen könnten dazu beitragen, die negativen Auswirkungen der winterlichen Bedingungen auf die Gesundheit zu minimieren. Es zeigt sich, dass nicht nur die äußeren Umstände, sondern auch individuelle Gesundheitszustände eine entscheidende Rolle spielen, wenn es darum geht, die Gefahr für die Gesundheit in der kalten Jahreszeit zu verstehen und zu verringern.

Obwohl die kalten, düsteren Tage vermuten lassen könnten, dass die Fälle von Suizid durch Depression im Winter zunehmen, zeigt sich in der Realität in der Regel das Gegenteil. Die Suizidrate steigt tatsächlich im Frühjahr und Sommer stärker an.
Aus meiner Erfahrung weiß ich, dass Depressive dazu neigen, sich mit anderen Menschen zu vergleichen, denen es wegen der gehobenen Frühjahrsstimmung vermeintlich viel besser zu gehen scheint. Das lässt die eigene Situation noch viel düsterer aussehen und bringt Depressive dazu, verstärkt eventuelle Suizidgedanken zu haben.

Insgesamt verdeutlicht die Analyse der Wintersterblichkeit, dass der Blick auf die Jahreszeiten auch in Bezug auf die Gesundheitsvorsorge von Bedeutung sein kann. Die Herausforderungen, die der Winter mit sich bringt, erfordern eine ganzheitliche Betrachtung von Umweltfaktoren, individuellen Gesundheitszuständen und präventiven Maßnahmen, um die Gefahr für die Gesundheit in dieser Jahreszeit zu minimieren.

1 https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Sterbefaelle-Lebenserwartung/Tabellen/sonderauswertung-sterbefaelle.html
2 https://www.epa.gov/climate-indicators/climate-change-indicators-cold-related-deaths
3 https://www.acsh.org/news/2019/07/10/more-people-die-winter-summer-14146

Bildquellen:
  • schneemann: KI generiert


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Lesezeit ca.: 5 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 16. Januar 2024

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1 Kommentar
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Felix
9 Monate zuvor

Nun, die Kälte kann meine Gesundheit ja eigentlich nur schädigen, wenn ich mich ihr auch aussetze. Wer im warm geheizten Zimmer bleibt (so wie im Altersheim), ist ihr nicht ausgesetzt. Vielleicht ist es eher so, dass neben dem fehlenden Sonnenlicht auch die fehlende Bewegung an der frischen Luft ein Faktor für ein beschleunigtes Ableben ist.




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