Frag doch den Undertaker

Was muss ich als Bestatter können?

Ausbildung zum Bestatter

Was muß ich eigentlich als Bestatter können? Ich interessiere mich seit der Lektüre des Bestatterweblogs und Deiner Bücher sehr für diesen Beruf und wir haben nun in der Familie darüber diskutiert. Mein Vater hatte einige Punkte aufgestellt, die ich aber alle erfülle.
Was meinst Du, was sind die wichtigsten Voraussetzungen, um als Bestatter gut arbeiten zu können? Ich bin männlich, 26 Jahre alt und habe KFZ-Mechatroniker gelernt.

Es ist nicht sehr viel, was man können muß, um Bestatter zu werden. Ich komme sehr viel im ganzen Land herum und kenne mittlerweile Hunderte von Betrieben. Viele Bestatter können gar nichts, verdienen trotzdem viel Geld und sind seit Generationen im Geschäft und das wirst Du ja auch können.
Um allerdings ein guter Bestatter zu werden, da braucht es dann schon etwas mehr.
Fangen wir mit den rein praktischen Erfordernissen an.

Werbung

  1. Führerschein
    Ich habe einmal den Fehler gemacht und jemanden ohne „Lappen“ eingestellt, der hoch und heilig versprochen hat, diesen Schein umgehend zu machen (wobei wir ihm finanziell geholfen hätten) und der das dann nicht auf die Reihe gekriegt hat. Ohne Fahrerlaubnis ist man aber in einem Beerdigungsinstitut nur begrenzt einsetzbar. Deshalb ist der Führerschein meiner Meinung nach unabdingbar.

  2. körperlich belastbar
    Auch wenn bei der Bestatterausbildung immer so getan wird, als gebe es überall und in jedem Krankenhaus und Bestattungshaus hydraulische Sarglifts und andere Hilfsmittel, sieht die Realität doch etwas anders aus. Angefangen vom Abladen der leeren Särge, über das Hantieren damit bis hin zum Heben, Wuchten und Ein- und Umladen von Tragen mit Verstorbenen und „vollen“ Särgen, erwartet einen das gesamte Repertoire dessen, was die Oberarme stählt und den Rücken kaputt machen kann.
    Eine gewisse Sportlichkeit, eine gewisse Grundkraft und eine gute Kondition sind daher ebenfalls erforderlich.
    Es interessieren sich immer mehr Mädchen für diesen Beruf und ich habe Mädchen immer genau so gerne wie Jungs eingestellt und ausgebildet. Aber wenn ich mir so manches zarte Wesen anschaue, daß da die Prüfung zur Bestattungsfachkraft abgelegt hat, dann bin ich froh, daß die den elterlichen Betrieb mit etlichen Angestellten übernimmt und vermutlich niemals in die Lage kommt, einen drei Zentner schweren Mann aus dem vierten Stock durch ein „gemeinnütziges“ Treppenhaus wuchten zu müssen.
    Es ist also so, daß der Bestatterberuf trotz aller Hilfsmittel eine gewisse körperliche Belastbarkeit erfordert. Das ist auch der Grund weshalb Behinderte sich ganz genau beraten lassen sollten, ob ihre Behinderung eventuell ein Hindernis sein könnte.

  3. zeitliche Flexibilität
    Das A und O im Bestatterberuf. Ganz ehrlich: Wer in sechs verschiedenen Vereinen ist und an 15 Abenden im Monat feste Verabredungen und Termine hat, der kommt eigentlich nicht für diesen Beruf in Frage.
    Wann der Tod zu den Menschen kommt, ist immer ungewiß und genau so ungewiß ist es, wann und ob die Angehörigen anrufen und dem Bestatter den Auftrag erteilen.
    Das kann kurz nach Feierabend sein, was Überstunden bedeutet, das kann mitten in der Nacht sein, das kann an Heiligabend während der Bescherung sein… Als Bestatter muß man damit rechnen, jederzeit zu einem Sterbefall gerufen zu werden.
    In größeren Betrieben wird es einen Dienstplan geben und die Bestatter und Bestattungshelfer werden sich mit der Bereitschaft abwechseln. In kleinere Betrieben aber, da wird man fast immer mit ran müssen.

  4. seriöses Auftreten
    Viele bilden sich ein, heute sei ja alles freier, lockerer und „chilliger“ geworden, da könne man auch schon mal in der rotkarierten Hose oder mit einer zugetackerten Piercingfratze beim Bestatter zum Vorstellungsgespräch erscheinen.
    Sicher, niemand kann genau voraussehen, was von ihm später an Kleidung erwartet wird (auf Neudeutsch: wie der „dresscode“ in diesem Unternehmen ist), aber jeder hat doch eine gewisse Vorstellung davon, was er selbst von einem Bestatter erwartet und wie er sich einen solchen vorstellt.
    So oder so ähnlich würde ich mich dann anziehen, wenn ich mich bei einem Bestatter vorstelle oder wenn ich dort meinen ersten Arbeitstag habe.
    Ich habe es schon oft erzählt: Ein Bewerber kam an einem sehr heißen Tag zu seinem Bewerbungsgespräch mit nichts als einer Badehose und einer Dose Cola!

Während der Arbeitszeit verkörpert man die Firma, tritt überall stellvertretend für ein Unternehmen/eine Branche auf, das/die unter anderem für Seriosität und Zuverlässigkeit steht.
Hier sollte man also bereit sein, hinsichtlich der Haartracht, des Körperstechschmucks und der Bekleidung auch das Image des Arbeitgebers nach außen hin zu vertreten und zu fördern.
Das gilt auch dafür, wie man sich benimmt und wie man redet.

  1. fachliches Wissen
    Hierum wird immer ein Mordsbrimborium gemacht und ich finde es schön, daß es Ausbildungszentren usw. gibt. Insgesamt bin ich aber der Meinung, daß der Bestatterberuf immer noch am allerbesten von der Pike auf durch aktives Mitarbeiten, Zuschauen und langsames Herangeführtwerden lernen kann.
    Einmal abgesehen von den Spezialgebieten der wiederherstellenden Thanatopraxie oder dem Einbalsamieren gibt es kaum etwas im Bestatterberuf, was ein normal begabter Mensch nicht recht schnell begreifen und lernen kann.
    Was die Sache so kompliziert macht, das ist die Vielzahl von vielen an sich recht einfachen Dingen, an die man denken muß.

Mir hat mal ein sehr bekannter und seit Generationen im Geschäft befindlicher Bestatter gesagt: „Datt is wie mit dem Sex. Da gibbet auch nur so und so viele Körperöffnungen und die Menschen haben damit schon alles mögliche ausprobiert. Und immer wieder meinen die, sie hätte ganz watt Dolles oder ganz watt Neues herausgefunden. Solange aber der Mensch nur diese begrenzte Zahl von Körperöffnungen hat, wird da nix Neues erfunden werden können, denn die Löcher hat der Mensch schon immer gehabt und glauben Sie mir, das was man damit alles machen kann, das haben die Neandertaler schon gemacht und die Ägypter und die Römer.
So is datt auch mit dem Bestatten. Wenn man nur vernünftig überlegt, dann könnte jeder halbwegs mit ’nem Gehirn beglückte Mensch datt machen, ohne datt er Bestatter gelernt hat. Man kommt da ganz von alleine drauf, watt da jetzt mit der Leich‘ zu machen is‘. Man hat doch eine gewisse Vorstellung davon, watt so alles gemacht wird. Waschen, Anziehen, in den Sarg legen…
Watt will man denn da auf ’ner Schule lernen? Sagen Sie mir das mal? Nee, datt lernt man am besten in ’nem Betrieb von einem, der et kann. Datt geht am Schnellsten und datt macht die besten Bestatter.“

  1. menschlicher Umgang und psychische Belastbarkeit
    Ein ganz wichtiger Aspekt ist es, daß man in der Lage ist, auch mit schwierigen Menschen, die in der Ausnahmesituation, in der sie sich befinden, oft noch schwieriger werden, umgehen zu können. Auch zickige, störrische und bösartig werdende Leute muß man ertragen können.
    Man muß es aushalten können, unendlich viele Nachfragen zu beantworten, immer wieder die selben Fragen (von den selben Leuten!) zu hören.
    Aber man muß auch die Schicksale und die traurigen Geschichten ertragen können, Mitgefühl zeigen können, ohne daran zu zerbrechen.
    Man muß vor allem auch mit den Verstorbenen umgehen können. Oft ist deren Anblick nicht besonders appetitlich, manchmal sind sie verstümmelt, von Krankheit und Verletzung entstellt und manchmal sind sie bereits in Zersetzung über gegangen und von Insektenlarven besiedelt.
    Alles das muß man „verpacken“ können.

Erst eine Ausbildung mit Training an der Puppe machen und dann glauben „das wird später schon“, das nützt gar nichts!
Lieber erst mal in einem Praktikum schauen, ob man diese Grundvoraussetzung(en) überhaupt erfüllt.

Aber:
Jetzt kommt das große Aber.
Das Berufsbild des Bestatters hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Ich habe in Fernsehinterviews schon mehrfach gesagt, daß der Bestatter heutzutage fast schon so etwas wie der „Eventmanager des Todes“ ist. Die Menschen lassen sich ihre Hochzeiten von Wedding-Planern ausrichten und für die Bestattungen, die oft die umfangreichsten Familien“feste“ mit den meisten Besuchern sind, ist eben der Bestattungsmanager, der Bestatter, zuständig.
Da gehört immer mehr zum Berufsbild. Drucksachen gibt man beispielsweise nicht mehr einfach außer Haus, sondern fertigt diese selbst an, was wiederum Kenntnisse an Computer und Drucker und bezüglich der geeigneten Papiersorten erfordert.
Der Bestatter leistet heute, da die Menschen oft den Bezug zur Kirche verloren haben, die einzige seelsorgerische oder trauerpsychologische Arbeit, die den Trauernden zugute kommt. Aber auch das muß man natürlich können.
Das nur als einige wenige Beispiele für die gestiegenen und veränderten Anforderungen.

Für eine außerbetriebliche Ausbildung spricht aber meiner Meinung nach vor allem, daß man einen Einblick in Bereiche bekommt, die im „eigenen“ Betrieb gar nicht abgedeckt sind. Ein Beispiel: In vielen Regionen müssen Bestatter gar keine Gräber mehr ausheben. Im Rahmen einer Aus- oder Weiterbildung kann er aber die Fertigkeit (für den Fall des Falles) (kennen)lernen.
Außerdem ist der Austausch mit anderen erfahrenen Kollegen oder auch Berufsanfängern sehr wichtig, weil man auf diese Weise auch erfährt, wie das alles anderswo gehandhabt wird.

Ein Kollege schreibt sehr richtig in einem Kommentar dazu:

Ich hab die Ausbildung zum Fachgeprüften Bestatter (6 wöchiger Kurs) zu einem Zeitpunkt gemacht, als ich schon 12 Jahre Vollzeit als Bestatter gearbeitet hatte, vorher schon ausgeholfen habe und 3 Jahre Bürokaufmann bei einem Bestatter gelernt hatte.
Es gibt sehr viel zu lernen, nicht nur von den Seminarleitern, sondern auch von den 20 Kollegen, mit denen man diese Ausbildung macht. Man bekommt einen Einblick in fast alles der Branche in ganz Deutschland. Trauerpsychologie, Grabmachertechnik, freies Reden, Warenkunde, Dekoration, Floristik, BWL, Personenstandrecht, Krematoriumstechnik, Riten und Gebräuche in verschiedenen Religionen und Regionen, Branchenpräsentation, Drucksachenerstellung, Bestattungskultur im weitesten Sinne, Versorgung Verstorbener und Hygiene sind alles Themen, die behandelt wurden.
Der Kurs war teuer und hat viel Zeit gekostet. Es hat sich gelohnt. Sehr sogar.

Fehler durch Lektorin Anya bereinigt.

Hashtags:

Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

#Lektorin A

Lesezeit ca.: 11 Minuten | Tippfehler melden | Revision:


Hilfeaufruf vom Bestatterweblog

Das Bestatterweblog leistet wertvolle Arbeit und bietet gute Unterhaltung. Heute bitte ich um Deine Hilfe. Die Kosten für das Blog betragen 2025 voraussichtlich 21.840 €. Das Blog ist frei von Google- oder Amazon-Werbung. Bitte beschenke mich doch mit einer Spende, damit das Bestatterweblog auch weiterhin kosten- und werbefrei bleiben kann. Vielen Dank!




Lesen Sie doch auch:


(©si)