Frag doch den Undertaker

Zur Sache: Knochenreste im Grabaushub

Da findet also eine Beerdigung statt und zwar in einem mehrstelligen Grab. Das bedeutet, daß in diesem Grab mehrere Personen bestattet werden können.
In einem solchen Fall wird normalerweise der zuerst Verstorbene „tief“ beigesetzt, also etwas tiefer, als in einem herkömmlichen Grab, damit über ihm später noch ein weiterer Sarg mit dem nötigen Abstand zur Erdoberfläche beigesetzt werden kann.

Bei einem vierstelligen Familiengrab ergibt sich somit die Frage, ob ein Sarg links tief, rechts tief, links hoch oder rechts hoch bestattet wird. Sind die tiefen Plätze schon von vorherigen Bestattungen belegt bedeutet das nicht zwangsläufig, daß die nächsten Bestattungen „hoch“ stattfinden müssen. Das hängt nämlich allein von der Frage ab, ob für die „tief“ bestatteten Särge die Ruhezeit schon abgelaufen ist. Und die beträgt mancherorts nur 15 Jahre.

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Eine Stelle mit abgelaufener Mindestruhezeit bedeutet, daß diese Stelle dann amtlich wieder als frei gilt. Und das gilt sie unabhängig davon, ob an dieser Stelle nun noch Reste vom Sarg, vom Leichnam oder von den Sargbeigaben vorhanden sind.

Es ist nun eine sehr schwierige Arbeit für die Friedhofsmitarbeiter, hier entsprechend tief zu graben -was ja heute meist mit einem schmalen Bagger geschieht- ohne daß es dazu kommt, daß im Grabaushub Teile von der vorherigen Bestattung sichtbar werden.

Das Gleiche gilt im übrigen auch, wenn die Ruhezeit noch nicht abgelaufen ist und nur die „hohe Stelle“ über einem vor Jahren beigesetzten Sarg ausgebaggert werden soll. Die Särge stehen nach einigen Jahren nicht mehr ordentlich und unangetastet in der Erde, sondern das Holz ist oft zusammengebrochen, teilweise verrottet, kaum von der umgebenden Erde zu unterscheiden. Und das wiederum gilt auch für die Knochen, die nicht als komplettes Skelett vorliegen, sondern als Fragmente, die das Erdreich durchsetzen.
So vorsichtig die Totengräber auch vorgehen mögen, es ist nie ganz auszuschließen, daß eben Teile von Sarg, Skelett oder Sargbeigaben bei den Grabungsarbeiten gefunden und mit ausgebaggert werden.

Wie ich es hier im Bestatterweblog schon mehrfach beschrieben habe, ist das korrekte Vorgehen in einem solchen Fall, daß man es auf jeden Fall zu verhindern hat, dass diese Knochen oder Gegenstände von den Angehörigen gesehen werden. Zwar ist es etwas völlig Natürliches, daß es auf einem Friedhof Knochen in der Erde gibt, das wollen die Angehörigen vielleicht auch noch wissen, aber keinesfalls wirklich sehen.

Deshalb wird die Erde oft in aufgestellte Boxen gebaggert und anschließend mit etwas frischer Erde, Grassoden oder Kunstrasen abgedeckt. Manchmal ist aber auch in der Erde gar nichts von alledem zu finden und dann liegt eben neben dem frischen Grab nichts als Erde.

Nun ist aber die Erde, die aus einem Grab gebaggert wird, nicht fein wie Torf, sondern klumpig, lehmig und oft dunkel und nass. So mag es manchmal nach dem Ausheben des Grabes so aussehen, als seien keinerlei der als störend empfundenen Fragmente enthalten, jedoch trocknet die Erde dann ab oder es regnet noch stark und dadurch werden dann doch kleine Teile von Sarg, Knochen oder Sargkissen etc. sichtbar.

Nun hatten wir es in dem Fall, der in der gestrigen Sendung des „SWR“ behandelt wurde,
(Hier der Link zur Sendung.) mit einem Stückchen blauen Tuch zu tun, das aus dem Erdhügel herauslugte.

Normalerweise würden Angehörige sagen: „Guck mal, da ist sogar noch ein Stück von dem Tuch in der Erde, mit dem wir damals Papas Sarg abgedeckt hatten.“
Man hätte als Hinterbliebener nun eine Vorstellung davon, daß sich da in den letzten Jahren etwas in der Erde getan hat, daß alles eben nun im Vergehen ist und sich mit der Erde vermischt.

Was aber bringt nun Angehörige dazu, an diesem kleinen blauen Tuchzipfel zu ziehen und den Erdhaufen mit Grabaushub zu durchwühlen?
Der Skandal, der hier mit viel Mühe heraufbeschworen werden soll, wird doch nicht dadurch verursacht, daß Friedhofserde mit Knochen durchsetzt ist. Wo, wenn nicht im Boden eines Friedhofes, sollen denn sonst Knochen sein?
Nein, das Skandalöse ist in meinen Augen, daß Angehörige da nun auf einmal angesichts eines Erdhaufens detektivisches Gespür entwickeln und darin herumstochern, -bohren oder -suchen und an irgendwelchen Tuchresten ziehen, um dann letztendlich auf das zu stoßen, was in Friedhofserde allgegenwärtig ist: Knochen.

Nun ist es aber für die weiteren Betrachtungen völlig egal, ob die Knochenreste nun deshalb gefunden wurden, weil die Friedhofsmitarbeiter sie schlecht kaschiert hatten oder weil die Angehörigen nun unbedingt haben suchen müssen.
Man sieht offenbar auch so etwas wie „Störung der Totenruhe“, weil die Ruhezeit für den vorher bestatteten Vater, um dessen Knochen es sich handeln soll, noch nicht abgelaufen war. Aber wie ich es schon oft schrieb, im Grab bleibt es nicht so wie es ist, da gibt es Erdbewegungen, der Sarg bricht zusammen und verrottet und so kommt es, daß nach einigen Jahren nicht mehr so ganz genau gesagt werden kann, bis wohin man graben kann, ohne auf irgendwas zu stoßen. Da wird nicht mutwillig einfach gebuddelt, ohne Rücksicht auf die Toten, sondern so ist das eben auf einem Friedhof. Meine Güte, das ist doch kein Badestrand.

Was sollen die Totengräber denn machen? Mal ernsthaft gefragt. Nun, die könnten die Knochen auch wieder in die Grube werfen und dann fallen aber die Angehörigen in Ohnmacht, wenn sie vorher in das leere Grab schauen…
Also ist es so, wie es da gemacht wurde schon durchaus richtig. Und wenn tatsächlich nicht mehr als ein blauer Stoffzipfel zu sehen war, ja was hätte man dann abdecken oder kaschieren sollen?

Jetzt ist es aber so passiert, wie es passiert ist und die Angehörigen haben selbst noch Knochen freigelegt.
Was nun wiederum die Friedhofsverwaltung dazu veranlasst, abzustreiten, daß es sich um die Überreste des Vorbestatteten handelt, das kann ich wirklich nicht sagen.
Mangelndes Reklamations- und Beschwerdemanagement nennt man so etwas.
Da hat sich gefälligst der Friedhofsdirektor in seinen besten Anzug zu schwingen, den Angehörigen seine Entschuldigung auszusprechen und dafür zu sorgen, daß sich die Gemüter wieder beruhigen.
Ein Blumengesteck aufs Grab oder das Angebot, daß die Friedhofsgärtner die Erstanlage des Grabes kostenlos übernehmen, das wären Maßnahmen zur „Entschädigung“ gewesen, ohne daß es viel kostet, ohne daß man sich einen Zacken aus der Krone bricht und ohne daß es zu einer investigativen Selbstermittlung der Angehörigen gekommen wäre…

Trotzdem: Es ist ein Friedhof und da gibt es nunmal Tote. Und wenn wir Tote in der Erde vergraben, damit sie verwesen, dann wird es irgendwann auch mal Knochen geben. Und wenn man solche dann auf dem Friedhof sieht, ist das nichts Sensationelles.

Wozu die ganze Aufregung?

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