Frag doch den Undertaker

Wieder Fragen zur Leichenschaugebühr – Arzt oder Notarzt?

Hallo Peter, ich habe folgende Frage:
Suizid im Pflegeheim Anfang Dez. 2020, Alter 89, nach 5 Tagen Rechnung vom Hausarzt des Pflegeheimes:
„für die ärztliche Leichenschau bei: … “ über die Ziffern 101 (ohne Angabe der Dauer, lediglich eine Uhrzeit) und 102 nach GOÄ, dazu noch Wegegeld WT5, soweit so gut. Der Bestatter hatte mich auch darauf hingewiesen, dass es diese Rechnung geben wird.
Jetzt Ende Januar 2021 kommt eine weitere Rechnung, nun von der Stadt (Brandschutz- und Rettungsamt):
„für die durchgeführte Leichenschau einschließlich einer amtlichen Todesbescheinigung bei … “
diese rechnet die Ziffer 100 nach GOÄ ab, und zusätzlich „Auslagen für Bescheinigung“, weder Uhrzeit noch Dauer noch Datum noch Name des Arztes sind hier vermerkt, die Ziffer 101 nach GOÄ steht auch auf der Rechnung aber mit 0 Euro. Wegegeld wurde hier nicht berechnet.
Ist dieses Vorgehen normal?

Alles über die Leichenschaugebühren hier.

Grundsätzlich muss man die regelrechte Leichenschau eigentlich nur einmal bezahlen. Hier wurden aber zwei Leistungen erbracht.

Mit Leichenschau ist die eingehende Untersuchung einer Leiche gemeint. Auf Basis dieser Untersuchung werden die Sterbepapiere des Arztes ausgestellt, mit denen Todesursache und Tod belegt werden können.
Nicht damit gemeint ist etwa die pure Feststellung des Todes durch einen Notarzt oder Bereitschaftsarzt, der keine Leichenschau vorgenommen hat.
Es kann aber sein, dass sowohl Notarzt, als auch ein Hausarzt tätig wurden.

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In diesem Fall hat der Arzt die Ziffer 101 abgerechnet, das ist korrekt so.
Die Ziffer 101 ist mit 165,77 € angesetzt und wird dann abgerechnet, wenn eine normale Leichenschau erfolgt, die länger als 20 Minuten, aber weniger als 40 Minuten gedauert hat.
Mit der Nummer 102 GOÄ verlangt der Arzt hier zusätzlich 27,63 € Zuschlag, weil ihm der Verstorbene nicht bekannt war.

Hier handelt es sich um einen Suizid. Die Berechnung der Ziffer 102 scheint also angemessen. Die Ziffer 102 ist bei Heimbewohnern oft in der Rechnung mit dabei, weil die Verstorbenen den untersuchenden Ärzten nicht bekannt sind.

Das Brandschutz- und Rettungsamt ist mir nun nicht bekannt, es müsste sich nach meinem Dafürhalten um den Rettungsdienst bzw. Notarzt handeln.

Dieses Amt hat nun die Ziffer 100 (Leichenschau von max. 20 Minuten Dauer durch den Notarzt) abgerechnet und durch die Nichtberechnung der Ziffer 101 deutlich gemacht, dass keine komplette Leichenschau erfolgt ist.

Zur Erinnerung: Eine Leichenschau MIT VORLÄUFIGER TODESBESCHEINIGUNG bis zu 20 Minuten Dauer entspricht der Nummer 100 und kostet 110,51 €. Nach einer Leichenschau mit vorläufiger Todesbescheinigung erfolgt immer eine normale Leichenschau (Ziffer 101ff). In solchen Fällen fällt also die LS-Gebühr 2 x an.


Mit der Ziffer 100 wird die „Untersuchung eines Toten und Ausstellung einer vorläufigen Todesbescheinigung …“ berechnet, solange diese mindestens 20 Minuten gedauert hat. Bei kürzerer Zeitdauer können nur 60% des Betrages angesetzt werden.

Mit der Ziffer 101 wird die „Eingehende Untersuchung eines Toten und Ausstellung einer Todesbescheinigung, einschließlich Angaben zu Todesart und Todesursache …“, also die endgültige Totenschau berechnet. Hier ist eine Mindestzeit von 40 Minuten vorgesehen, bei Unterschreiten der Zeit wieder nur Ansetzen von 60%.

Die Ziffer 102 gibt es als Zuschlag zu der Ziffer 100 oder 101 bei unbekannter Leiche, wenn sich dadurch der Zeitaufwand um mindestens 10 Minuten erhöht.

Sachkosten für das Formular (<3€) sowie Wegekosten sind zusätzlich berechenbar. Zu beachten ist, dass diese Leistungen nicht gesteigert werden dürfen, sondern immer mit dem Faktor 1 anzusetzen sind. Insgesamt scheint hier also alles korrekt abgelaufen zu sein. Nebenbemerkung: Die Gesetze in den Bundesländern unterscheiden sich teilweise erheblich, so ist nicht in allen Ländern eine vorläufige Todesbescheinigung überhaupt vorgesehen, in diesen kann dann also naturgemäß auch nie die Ziffer 100 berechnet werden. Eine Doppelberechnung der Ziffer 101 durch zwei verschiedene Ärzte ist ausgeschlossen, da nur eine endgültige Todesbescheinigung ausgestellt wird. Abschnitt von Kommentator Herr T.

Das ist u.U. machbar, wenn der Notarzt in der Annahme, er würde zu einem noch behandlungsfähigen lebenden Menschen gerufen, dann einen Toten vorfindet. Ob das aber so korrekt ist, ist auch vom jeweiligen Bundesland abhängig, weil hier jedes Land eigene Bestattungsgesetze, Ordnungs- und Polizeiverordnungen hat.

Lies auch das hier: So ungern sehen es Ärzte, wenn Bestatter ihre Rechnungen anschauen

Zitat: Sehr unterschiedliche Erfahrungen werden dann gemacht, wenn die Rechnung an den Bestatter geschickt wird. Mancherorts sind es gerade die Bestatter, welche auf Einhaltung der offiziell richtigen Abrechnung achten. Es gibt sogar Internetauftritte (zum Beispiel der Bestatter des Saarlandes), die es für nötig erachten, die Hinterbliebenen darüber aufzuklären.

Aus IWW.DE ABRECHNUNG AKTUELL

Leichenschau durch den Notarzt oder nicht?

Todesfeststellung und Leichenschau im Notarztdienst

Todesfeststellung, Leichenschau und Ausstellung des Totenscheins gehören im Notarztdienst zur Routine. Aus den dabei getroffenen Feststellungen und deren Beurkundung folgen bedeutsame rechtliche Konsequenzen. In diesem CME-Beitrag werden die Probleme in der medizinischen und rechtlichen Praxis behandelt.

In den hier vorgestellten Fällen obliegt dem Notarzt als erstem Arzt vor Ort die Feststellung des Todes. Die Leichenschau wird unter wechselnden Bedingungen und mit unterschiedlichen Kenntnissen über die medizinische Vorgeschichte des Patienten erbracht. Gleichwohl ist sie in den Bestattungsgesetzen der deutschen Bundesländer verpflichtend festgelegt. Schlechterfüllung oder Unterlassung sind durch empfindliche Ordnungsstrafen bewehrt.

Die Rechtsgrundlage der Leichenschau ist aufgrund der ausschließlichen Gesetzgebungszuständigkeit der Länder gemäß Art. 70 Abs. 1 Grundgesetz nicht einheitlich. Während manche Bundesländer die Fragen des Leichenschaurechts in eigenen Gesetzen geregelt haben, begnügen sich andere mit Verordnungen im Rahmen des Polizei- und Ordnungsrechts. Den landesrechtlichen Regelungen gemeinsam ist, dass die Todesfeststellung und die Leichenschau durch einen Arzt zu erfolgen hat. Allein der diensthabende Notarzt kann sich unter Umständen der Aufgabe der Leichenschau entziehen und sich auf die Ausstellung eines vorläufigen Totenscheins beschränken.

Aus der Zeitschrift Der Notarzt 3/2015


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Ich erteile Auskünfte ausschließlich aufgrund meiner Erfahrung und erbringe keine Rechts-, Steuer- und Medizinberatung.

Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 31. Januar 2021

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Herr T.
3 Jahre zuvor

Lieber Peter, ich muss Dich bezüglich der Auslegung der GOÄ korrigieren. Mit der Ziffer 100 wird die „Untersuchung eines Toten und Ausstellung einer vorläufigen Todesbescheinigung …“ berechnet, solange diese mindestens 20 Minuten gedauert hat. Bei kürzerer Zeitdauer können nur 60% des Betrages angesetzt werden. Mit der Ziffer 101 wird die „Eingehende Untersuchung eines Toten und Ausstellung einer Todesbescheinigung, einschließlich Angaben zu Todesart und Todesursache …“, also die endgültige Totenschau berechnet. Hier ist eine Mindestzeit von 40 Minuten vorgesehen, bei Unterschreiten der Zeit wieder nur Ansetzen von 60%. Die Ziffer 102 gibt es als Zuschlag zu der Ziffer 100 oder 101 bei unbekannter Leiche, wenn sich dadurch der Zeitaufwand um mindestens 10 Minuten erhöht. Sachkosten für das Formular (<3€) sowie Wegekosten sind zusätzlich berechenbar. Zu beachten ist, dass diese Leistungen nicht gesteigert werden dürfen, sondern immer mit dem Faktor 1 anzusetzen sind. Insgesamt scheint hier also alles korrekt abgelaufen zu sein. Nebenbemerkung: Die Gesetze in den Bundesländern unterscheiden sich teilweise erheblich, so ist nicht in allen Ländern eine vorläufige Todesbescheinigung überhaupt vorgesehen, in diesen kann dann… Weiterlesen »




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