Was haben wir hier vor Ort Anstrengungen unternehmen müssen, damit vor Jahren endlich mal Ausschreibungen der Notfalleinsätze stattfanden. Bis dahin wurden die Notfalleinsätze ohne weitere Prozedur pauschal Jahr für Jahr an das kommunale Bestattungsinstitut der Stadtverwaltung vergeben.
Man darf nicht vergessen, daß sich aus diesen Notfalleinsätzen, also Bergungen von Verstorbenen nach Unfällen oder Straftaten oder sonstigen behördlichen Leichenauffindungen, in den meisten Fällen auch ein lukrativer Auftrag generieren läßt. Bestatter sagen: Wer die Leiche hat, hat auch den Auftrag.
Als wir es dann, gemeinsam mit Kollegen, endlich geschafft hatten, daß auch die niedergelassenen Bestatter endlich bei diesen Einsätzen berücksichtigt wurden, waren die Gesichter bei den „Kommunalen“ ziemlich lang. Hatte man doch die „Polizeiabholungen“ als feste Bank mit einkalkuliert und hielt man sich doch für unübertrefflich und unersetzlich. „Das geht nur wenige Wochen gut“, unkte man damals und freute sich schon darauf, wenn die selbständigen Bestatter das nicht schaffen würden.
Aber erstaunlicherweise klappte von Stund an alles besser. Die Polizei zeigte sich erfreut darüber, daß die Bestatter in der Hälfte der Zeit vor Ort waren, die Angehörigen atmeten auf und äußerten sich dahingehend, daß sie immer gedacht haben, man MÜSSE die Stadt beauftragen, man käme ja gar nicht daran vorbei.
Auch die Zusammenarbeit der konkurrierenden Bestatter verbesserte sich ein bißchen. So besonders gut versteht man sich hier in der Branche nicht, das wissen wir ja.
Daß aber so eine Ausschreibung der Polizeieinsätze auch negative Folgen haben kann, das erfahren gerade die Bestatter und die Einsatzkräfte in Niederbayern.
Die Kollegen schreiben mir, daß bei der letzten Ausschreibung ausgerechnet die Pietät Eichenlaub das günstigste Angebot abgegeben und den Auftrag bekommen hat. „Die haben bei uns aber gar keine Niederlassung und müssen aus der nächsten Kreisstadt anrücken“, beklagt sich ein Kollege.
Er fordert: „Man muß doch bei den Ausschreibungen auch ein Auge darauf haben, daß die örtlichen Bestatter besonders berücksichtigt werden. Was nützt es denn, wenn sich nächstes Mal aufgrund von EG-Gleichstellungsrichtlinien ein billiger Jakob aus Italien oder Tschechien bewirbt?“
Die Problematik ist klar: Wenn jemand bei einem Unfall oder einer Straftat ums Leben kommt, ist oft Eile geboten. Die Angehörigen sind oft noch nicht benachrichtigt, manchmal ist die Identität der Opfer und der Angehörigen noch unbekannt und deshalb kann man die Familie logischerweise auch nicht nach ihrem persönlichen Haus- und Hofbestatter fragen.
Deshalb wird zunächst der diensthabende Bestatter beauftragt, die Leiche zu bergen und zu lagern. Später dann können die Angehörigen in aller Ruhe ihre persönlichen Verfügungen treffen.
Dieses Bergen der Verstorbenen muß aber aus verschiedenen Gründen zügig geschehen. Bevor der Bestatter nicht da war, können die übrigen Einsatzkräfte nicht weitermachen, die Unfallstelle kann nicht geräumt werden und es entsteht auch eine besondere psychische Belastung der Helfer. Denn oft genug eilen auch Angehörige zum Unfall- oder Tatort und müssen dann zusätzlich noch betreut werden. Eine weitere Rolle spielen Gaffer, die sich an den „aufregenden“ Bildern ergötzen und nicht zuletzt kann die Sicherstellung der Leiche als Spurenträger eine wichtige Rolle spielen.
Deshalb sind die Einsatzkräfte daran interessiert, daß der zuständige Bestatter möglichst schnell kommt.
Aus diesem Grund ist zumeist ein Zeitfenster von rund einer halben Stunde vorgegeben. Doch hat ein Bestatter erst einmal die Ausschreibung für die Polizeieinsätze „gewonnen“, dann ist es später schwierig, ihm diese Aufträge wieder zu entziehen, wenn er immer wieder zu den Einsätzen zu spät kommt.
„Wir wollen erreichen, daß nicht nur auf den Preis, sondern auch auf die Leistungsfähigkeit geachtet wird“, sagt der niederbayerische Kollege. Da höre ich das Martinshorn, weiß, daß auf der Kreisstraße was passiert ist und wäre selbst in sieben oder acht Minuten da. Dann sehe ich aber, daß die ‚Pietät Eichenlaub‚ nach gut einer Stunde endlich angefahren kommt. In der Zeit hätte ich den Verstorbenen geholt und schon in der Kühlung liegen.“
Ein Hinweis: Es wird immer wieder gemutmaßt, um welches Unternehmen oder welche Kette es sich bei der „Pietät Eichenlaub“ handelt. Diese Überlegungen sind müßig, denn es handelt sich um kein bestimmtes Unternehmen, sondern damit sind alle Unternehmen gemeint, die nicht nach den handwerklichen Traditionsmethoden arbeiten, sondern konzern- oder gewinnoptimierte Supermarktdienstleistungen anbieten.
Es ist sicher nicht der Normalfall, dass Einsatzkräfte derart lang auf den Bestatter warten müssen und dann in solche Extremsituationen geraten. Normalerweise ist in der Ausschreibung ein Zeitfenster von 30 Minuten festgelegt. Im ländlichen Bereich allerdings sind die Anfahrtswege lang, dann müssen die Ehrenamtlichen in der bedrückenden Situation ausharren.
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Das ist doch normal.
Ich hab es einmal erlebt, da sollte eine Berufsschule mit neuen Rechnern ausgestattet werden. Anzahl waren um die 150 Stück. Genommen werden sollte das günstigste Angebot eines Händlers der mehrere 100km entfernt beheimatet ist.
Gott sei dank konnte bei der Ausschreibung aber jemand noch klar denken und hat trotzdem denjenigen aus der Nähe genommen obwohl er 5 Euro teurer pro Rechner war. Dort reichte im Servicefall ein anruf und 20 Minuten später war wer da. Bei dem anderem entweder bis zu drei Werktage warten oder auf eigene Kosten einschicken.
Die Geschichte mit den Ausschreibungen führt schon zu nicht mehr nachvollziehbaren Ergebnissen. Ich habe mal für eine in der Nähe der niederländischen Grenze im Kreis Kleve ansässigen Behörde gearbeitet. Nach erfolgter Ausschreibung war es so, daß die Feuerlöscher des Hauses – ungefähr zehn Geräte – von einem Unternehmen aus Wuppertal, der auch tatsächlich aus Wuppertal anreiste, geprüft wurden.
Noch schlimmer war es, als zwei Sachgebiete des Hauses die Etagen tauschen mussten. Dafür wurde ein Umzugsunternehmen aus Frankfurt an der Order beauftragt. Man stelle sich vor: Anreise durch die ganze Republik, um ein paar Büromöbel von einer Etage auf die andere zu schleppen. Das kann es doch nicht sein, zumal es vor Ort auch eine Spedition gab – genau eine Straße weiter.
Könnten die Städte nicht auch bei der Vergabe von Bestattungsaufträgen den wettbewerblichen Dialog anwenden? Das ist ein relativ junges Vergabeverfahren, bei dem die öffentliche Hand nicht verpflichtet ist, an den billigsten zu vergeben, sondern auch Wert auf Qualität und Zusammenarbeit gelegt werden kann.
Und die gelben Säcke in Osnabrück und Land werden Woche für Woche von einem Unternehmen aus Hannover abgeholt, nach dem der das Angebot der ortsansässigen Unternehmen unterbieten konnte… auch so eine Ausschreibungspanne.
Wäre es rein theoretisch nicht möglich so eine Art Notdienst wie bei den Apotheken einzuführen? Oder die Stadt und den Kreis drumrum aufzuteilen?
Das ist oft ein Problem der Ausschreibung selbst, wenn diese nicht entsprechend formuliert sind.
Alles was nämlich nicht in der Ausschreibung steht, wird sich die Ausführende Firma auch ordentlich bezahlen lassen.
Ansonsten gibt es auch die Möglichkeiten der Konventionalstrafe (falls vereinbart) um den Auftragnehmer an seine vertraglichen Pflichten zu binden.
wobei das zeitfenster einer halben stunde auch mal aus verkehrstechnischer sicht überboten werden kann … ich erinnere mich an einen fall wo wir eine stunde im stau baustellen etc feststeckten weil wir durch dir ganze stadt fahren mussten und überall gebaut wurde …
Naja, jeder will es immer billig. Was ich persönlich ja lustig finde, ist das es immer wieder Leute gibt (auf niemanden hier speziell bezogen), die sich großartig darüber aufregen können, wenn der Staat/Stadt/… einen Auftrag nach „Weit, weit weg“ vergeben, aber gleichzeitig für ein Ebayzeug oder eine Gratistankaktion ein paar 100km fahren, weils ja so billig is.
Lauro, du wirst es vielleicht kaum glauben, aber ich gucke immer erst bei örtlichen Händlern was was kostet.
Kommt immer darauf an was ich grad kaufen will. Bei PC-Hardware veranschlage ich immer grob bis 10% mehr ist es mir wert „in der Gegend“ zu kaufen. Nur, wenn ich dann z.b. Preisunterschiede von teilweise 50% und mehr hab, da überlegt keiner lange wo er kaufen will.
Wobei es von Vorteil sein kann, wenn der billige Jakob den Toten abholt, und anschliessend ein anderes Institut beauftragt wird. Während eine normale Abholung nachts teuer zu Buche schlägt, ist hier die erste Fahrt schon zum Billigtarif erledigt. Wenn der Abholer später den Auftrag von den Angehörigen bekommt, glaube ich nicht, dass der die erste Fahrt zum Ausschreibungspauschaltarif auf die Rechnung setzt.
zu Lars: In solchen Fällen kommt noch hinzu, dass das gesamte Geld für die Beschaffung in weite Ferne geht und dort ausgegeben wird. Der Ortsansässige beschäftigt hier Leute, die demselben Rathaus nicht der Sozialkasse zur Last fallen. Er zahlt hier Steuern, und die Arbeiter kaufen hier ein.
Man muß es immer so sehen: So bleibt wenigstens das Geld irgendwie im Umlauf…
Musste gestern spontan an das Blog denken, als ein Leichenwagen der Städtischen ins Altersheim nahe meiner Arbeit gefahren is ^^
Bei uns (Kleinstadt in Schleswig-Holstein) wurde die Straßenreinigung neu ausgeschrieben. Gewinner war ein Unternehmen aus Ostdeutschland mit einem unschlagbaren Preis.
Ergebnis, einige Arbeitsplätze beim bisherigen hier ansässigen Unternehmen gingen verloren und die Straßenreinigung klappte nur einige Monate, danach sah man die Reinigungsfahrzeuge nur noch selten.
Lange Gesichter bei den Lokalpolitikern die vorher noch über die tolle Einsparung gejubelt haben.
Was ich nicht verstehe ist dass die Leute nicht verstehe das bei Dumpingpreise nicht die Qualität geliefert werden kann.
GRUNDSÄTZLICH ist man bei Ausschreibungen nicht an das billigste, sondern an das wirtschaftlichste Angebot gebunden. Das bedeutet wiederrum dass gewisse Dinge wie Servicezeiten, Werkstattnähe oder ähnliches in die Angebotswertung durchaus miteinfliessen dürfen.
Was NICHT miteinfliessen darf ist die reine Tatsache dass es am Ort einen Unternehmer gibt der das genauso kann, dann wäre der Sinn einer Ausschreibung ad absurdum geführt.
Wenn also ein Unternehmer aus Schiessmichtot garantiert dass er genau so schnell bzw. schneller am Ort des Geschehens und dazu noch billiger ist, wird der Kommune idR keine Wahlmöglichkeit bleiben.
Wovon viele Kommunen leider keinen Gebrauch machen sind Dinge wie „Vertragsstrafen“ bei Nichteinhaltung.