Mein Vater ist nach langer qualvoller Krankheit gestorben.
Wir haben ihn die ganze Zeit begleitet.
Der Bestatter hat uns den Vorschlag gemacht: „Wenn Sie ihn nicht mehr sehen wollen, wir machen ihn fertig, machen ein Foto (machen die sowieso immer) und werden Ihnen das Foto dann zeigen.“ Daraufhin haben wir zugestimmt.
Jedenfalls habe ich dann nach einen paar Tagen einen Anruf vom Bestatterinstitut bekommen, dass sie mir das Foto nicht zeigen. Ich frage, weshalb nicht? Es war doch ausgemacht. Da bekam ich die Antwort: „Glauben Sie mir, dass wollen sie nicht sehen, überall kam Flüßigkeit raus, Ihr Vater war auch sehr angeschwollen.“ Dann habe ich gefragt: „Und was haben Sie dann gemacht?“ Und er meinte: „Wir haben ihn sauber gemacht, so gut es geht und gekleidet.“
Und das bedrückt mich. Ich habe so ein Gefühl: Mein Vater war immer für mich da, ist jeden Weg mit mit gegangen, und ich habe es für ihn nicht gemacht.
Du hast Erfahrung, meinst du wirklich dass er so auf dem Bild ausgesehen hat? Oder soll ich noch hinfahren und mir das Bild zeigen lassen.
Ich meine ich habe ein Wort von dem Bestattungsinstitut bekommen, sollte man sein Wort nicht halten? Das hat so einen Beigeschmack, vielleicht waren sie auch in ihrer anderen Arbeit nicht so zuverlässig… ich weiß es nicht, aber das macht mir sehr zu schaffen 🙁
Vielen Dank für Deine ausführliche Mail.
Aus meiner Sicht ist seitens des Bestatters nichts Schlimmes passiert. Er war vielleicht nicht so einfühlsam, wie man sich das wünschen würde, aber ansonsten hat er seine Arbeit doch gemacht.
Dein Vater hatte einen wirklich sehr langen und sehr schlimmen Leidensweg. Magenkrebs ist mit das Schlimmste, das ein Mensch bekommen kann. Mir tut es leid für Euch, die Ihr das habt so eindringlich miterleben müssen. Auf der anderen Seite habt Ihr alles getan und seid für ihn da gewesen.
Dass der Bestatter Bilder macht, spricht sehr für ihn. So kann er sich nie etwas nachsagen lassen, weil er immer das Bild hat. Aber ich kenne das. Ich glaube, ich bin der Erfinder dieser Leichenfotos. Meine ersten habe schon 1979 gemacht und predige das seitdem allen Bestattern.
Ich habe vom ersten Tag an jeden Verstorbenen fotografieren lassen. Einmal, weil ich dann immer belegen konnte, dass wir den bestellten Sarg und die bezahlten Kleidungsstücke auch geliefert haben und dass der Verstorbene einwandfrei im Sarg lag. Zum anderen kam es immer mal wieder vor, dass die Angehörigen dann doch noch einmal ein Foto sehen wollten.
Aber wenn der Bestatter sagt, dass Du das Bild nicht anschauen sollst, dann tut er das aus gutem Grund.
Du kannst ihm und seiner Berufserfahrung da vertrauen.
Unter dem Einfluss der Krebserkrankung und insbesondere nach Chemotherapien entwickelt sich ein Leichnam mitunter rasant in einer Art und Weise, die es unmöglich macht, ihn aufzubahren und vorzuzeigen.
So gesehen hat der Bestatter nun ein Foto, um belegen zu können, dass er vernünftig gearbeitet hat. Aber dieses Bild ist nicht als Andenken oder Anschauungsmaterial für die Familie geeignet.
Glaube mir, Du willst das nicht sehen, da hat der Bestatter Recht.
Der Prozess, den Dein Vater in den letzten Jahren und Monaten durchgemacht hat, hat ihn schon sehr verändert.
Mehr müsst Ihr Euch nicht antun, wirklich nicht.
Ich hoffe, ich konnte Dir mit meiner Antwort helfen.
Wenn Du noch Fragen hast, dann melde Dich einfach.
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Interessant!
Seit zwei Jahren hab ich wehen einen Leichenfotos kein Kontakt mehr zu einer Familie die mir sehr nahe Stand. Da ich drei Jahre in einem Beststtungsinstitut arbeitet wusste ich, dass Bilder von jedem Verstorbenen nach der Aufbahrung gemacht wurden. Erstens zur Dokumentierung, zweitens weil Angehörige oft den Schritt zum offenem Sarg gehen können und es irgendwann doch „bereuen“. Und das kam oft vor!
Nun weiter zu meiner Geschichte. Als jener Mann mit 62 Jahren verstarb, rief mich seine Tochter, eine sehr gute Freundin zu mir an Und teilte mir mit das der Vater in der Nacht verstarb. Sie war mit ihrer Familie anwesend. Es wurde alles in die Wege geleitet und der Bestatter holt ihn am frühen Nachmittag ab. Wenn ich nochmal Abschied nehmen mag, sagt die mir die genaue Uhrzeit und meldet sich nochmal. Gesagt getan um 15 Uhr könnte man ihn im offenen Sarg sehen. Sie sagte mir gleich dass ihre Mutter ihren Mann nicht mehr anschauen kann, dass sie dies nicht schaffe. Sie selbst weiss es noch nicht. Ich habe ihr angeboten sie soll sich einfach kurz vor 15 Uhr melden. Ich wartete, aber es kam kein Anruf. Einen Rückruf meinerseits empfand ich als aufdringlich.
Also fuhr ich los und stand mit einem Bruder, und zwei Schwägerinnen vor dem Sarg und nahm Abschied. Würdevoll zog ich mein Smartphone und machte 3 „professionelle“ Bilder des Verstorbenen. Der Bruder tat dies ebenso und für ihn war das „normal“ .
Der Verstorbene lag wie gemalt im Sarg und ich dachte „Menschenskinder ihr habt Euch unnötig Gedanken gemacht“.
Als die muntere Plauderstunde der restlichen Angehörigen über Gott und die Welt vor dem offenen Sarg begann und die Anwesenheit des Verstorbenen schon nicht mehr gegenwärtig war, machte ich die Fliege. Zuhause angekommen nahm ich den Hörer zur Hand, rief meine Freundin an und beterichtete ihr. Vorab fragte ich sie warum sie mich nicht zurückrief. Sie traute sich einfach nicht ihren Vater nochmal „so“ zu sehen.
Hab ihr dann gesagt dass ich ihn fotografisch für sie festgehalten hab wenn sie ihn doch noch mal irgendwann sehen wolle.
Dann brach die völlige Hysterie aus. Nach dem mich dann noch die Mutter angerufen hat und mich von der Beisetzung auslud war ich fix und fertig.
Ich kann das bis heute nicht verstehen und es ist nach zwei Jahren immer noch allgegenwärtig.
Aus Schutzgründen sollte durch den Bestatter noch kommuniziert werden, dass das Bild nach einiger Zeit gelöscht wird. Wird es doch hoffentlich, oder??
Hi,
tut mir sehr leid, dass die Kommunikation da so schlecht geklappt hat. Es kann tatsächlich schonmal sein, dass sich gerade durch starke Medikamentierung vor dem Tod der Körper rasanter beginnt sich zu verändern und dass Bestatter, bevor ein großer teils auch körperlich sehr invasiver Aufwand betrieben wird, dann eher von einer Aufbahrung oder abraten.
Da kommt es eigentlich immer darauf an, wie man für sich schon das Gefühl hatte Abschied genommen haben zu können und ob einem dieser Aufwand des Zurechtmachens dann wert ist.
Was von Bestatterseite helfen kann, ist, den Angehörigen möglichst offen und transparent zu erklären, worin sie da Schwierigkeiten sehen und wie man welche sich abzeichnenden Verwesungsanzeichen für einen persönlichen Abschied angemessen kaschieren kann.
Kein Bestatter kann einem vorschreiben, dass man seinen Verstorbenen nicht mehr mit eigenen Augen sieht, aber ich denke viele Bestatter haben da aus Gewohnheit und veralteten Arbeitsweisen (die mittlerweile durchaus liberaler innerhalb des Berufes gelehrt werden, aber – dazu besteht in vielen Betrieben gar kein Bezug) auch nicht unbedingt den Anspruch haben, die Angehörigen zu ermutigen, sich noch einmal unterbewusst selbst vom Tod zu überzeugen und sich auf diese Weise zugunsten ihres Trauerprozesses zu verabschieden; und da dem Bestatter als „Profi“ in einer sonst so hilflosen Situation da vertraut wird, wird auch nicht nochmal nachgefragt.
„Das ist schon besser für Sie“, „Das wollen Sie nicht sehen.“ finde ich so direkt immer irritierend, denn das muss eigentlich immer jeder für sich selbst herausfinden.
Deine Geschichte weist nicht direkt auf versteckte Arbeitsmängel, das Bild vom „hinterhältigen Bestatter“ oÄ hin, aber das die Worte des Bestatters bei dir so ein mulmiges Gefühl hinterlassen, kann ich verstehen, gerade, wenn es anders abgesprochen war und das finde ich unglücklich kommuniziert, denn jeder, der ob auf Bild oder mit eigenen Augen seinen Verstorbenen noch einmal sehen möchte, hat das Recht dazu und in der Regel auch die Möglichkeit. (Es gibt immer eine Form der Möglichkeit, sich direkt zu verabschieden und wenn es bei einem Verkehrsunfall nur ein verdeckter Körper und eine sichtbare Hand ist, die man halten kann – auch das konnte Menschen in Trauer schon sehr helfen)
Ich denke also, dass man da sensibler hätte auf dich eingehen können und bei dir nicht das Gefühl hinterlassen musste, dass man dir innerhalb eines im Grunde so intimen Geschäftes etwas verschwiegen oder dich irgendwie übergangen hat.
Ich hoffe, meine Worte konnten ein bisschen zu deiner Situation beitragen.
In allen konkreten Belangen solltest du dich aber eigentlich an das Bestattungshaus wenden können.
Solltest du noch Ungeklärtes mit dir tragen oder auch rechtliche Fragen zu der Situation haben, schreib gern nochmal.
Lg Lea