Frag doch den Undertaker

Bilder vom Grab und Besuch in der Leichenhalle pietätlos?

Hallo,

erstmal großes Lob für großartige Arbeit! Mehr brauche ich wohl nicht über Bestatterweblog schreiben.

Lange Rede, kurzer Sinn:
Meine Uroma verstarb 2002. Ich war auf ihrer Beerdigung, habe aber wegen der Entfernung erst jetzt ihr Grab aufgesucht. Jetzt wäre sie 100 Jahre alt geworden. Ich stellte ihr einen Keramikengel aufs Grab, legte einen handgeschriebenen Brief dazu und machte 3-4 Bilder vom Grab und fühlte mich besser. So habe ich wenigstens ein Bild davon.
Desweiteren fotografierte ich auf Wunsch meiner Mutter das Grab ihres Bruders.
Weil ich mich über diese Bilder so freute, teilte ich das meiner Freundin mit, doch sie fand das absolut makaber, man würde nicht Bilder vom Grab machen, sowas gehöre sich nicht….ist das tatsächlich so?

Werbung

Ich fotografierte dieses Jahr bereits 3 Beisetzungen…jeweils auf Wunsch der Angehörigen.
Also alles doch nicht so makaber?

Fremde Gräber würde ich keinesfalls fotografieren (nur auf Wunsch des Angehörigen) und ich habe mich sehr diskret und pietätvoll verhalten. Ich würde ein Grabbild auch nicht veröffentlichen oder eingerahmt ins Wohnzimmer hängen…

Zweite Frage: Als Kind habe ich ab und an mal zusammen mit meinem Onkel das Leichenschauhaus aufgesucht, um Leichen anzuschauen. Nicht aus Sensationsgier, sondern um die Angst vor Toten/vor dem Tod nehmen zu lassen. Meine Uroma war damals auch offen aufgebahrt und jeder „Hans und Franz“ konnte sie anschauen. Neben ihr lag noch ein fremder Verstorbener, den man sich auch angeschaut hat und eben auch nochmal kurz „gute Reise“ gewünscht hat. In der Region ist es auch üblich, die Toten offen aufzubahren, sofern es eben möglich ist und solange die Angehörigen nicht den ausdrücklichen Wunsch haben, den „Deckel zuzumachen“. Ist es wirklich so pietätlos, ins Leichenschauhaus zu gehen? Sofern man sich ruhig verhält, keine Bilder macht und nicht unbedingt hingeht, wenn Angehörige da sind?

Ich persönlich habe nun keinen Schaden davon getragen, mal Leichen gesehen zu haben (im Leichenschauhaus)…ganz im Gegenteil…als mein Schwiegervater verstarb, war ich bis zum letzten Atemzug dabei und habe ihn 29 Stunden lang von 36 Stunden Todeskampf begleitet, habe ihn tot wie lebendig gestreichelt und geküsst, ihm die Hand gehalten. Machte auch keinen großen Unterschied, nur dass er so langsam kälter wurde…

Kurzum: Bilder vom Grab eines Angehörigen machen = makaber?
Anschauen von Verstorbene im Leichenschauhaus unter pietätvollem Verhalten = pietätlos?

Lieben Gruß
S.

Friedhöfe sind nicht nur Plätze der Trauer, sondern auch Parkanlagen und Gärten des Friedens. Sie sind immer schon Motiv für Maler und Fotografen gewesen. Es spricht überhaupt nichts dagegen, daß man dort, immer entsprechend pietätvolles Verhalten vorausgesetzt, Fotos macht.

Selbstverständlich ist es üblich und überhaupt nichts Ungewöhnliches, wenn man die Gräber seiner Verstorbenen als Andenken fotografiert. Ich finde da nichts Makaberes dabei.

Auch die Besuche in einer Leichenhalle sind nicht pietätlos. Es kommt ja immer auf die Umstände an. Wie Du schon selbst schreibst, ist Sensationsgier oder reine Neugier kein geeignetes Motiv, um dorthin zu gehen.
Will man aber einem Verstorbenen die letzte Ehre erweisen, so kann der Besuch am offenen Sarg hilfreicher Bestandteil der Trauerarbeit sein.
Ob und ab wann man mit Kindern in die Leichenzellen geht, das müssen die Erwachsenen entscheiden, weil alle Kinder unterschiedlich sind. Es hängt auch davon ab, wie so ein Besuch vor- und nachbereitet wird.


Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:

Keine Schlagwörter vorhanden

In „Frag doch den Undertaker!“ findest Du meine Antworten auf Fragen von Leserinnen und Lesern. Diese Fragen sind zum Teil Inhalte Dritter, die mich tagtäglich auf den verschiedensten Wegen erreichen. Es handelt sich also um meist nicht bearbeitete und nicht auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüfte Fragen Dritter. Für die Fragen sind allein die Übersender der Mitteilungen verantwortlich. Ich mache mir die Aussagen nicht zu eigen.
Ich erteile Auskünfte ausschließlich aufgrund meiner Erfahrung und erbringe keine Rechts-, Steuer- und Medizinberatung.

Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 26. Oktober 2010 | Revision: 15. Juni 2012

Hilfeaufruf vom Bestatterweblog

Das Bestatterweblog leistet wertvolle journalistische Arbeit und bietet gute Unterhaltung. Heute bittet das Bestatterweblog um Ihre Hilfe. Es fehlen in diesem Jahr noch etwa € 8.500,- um den Server, IT, Redaktion und um die anderen Kosten zu decken. Bitte beschenken Sie uns mit einer Spende, sonst müssen wir in Zukunft die meisten Artikel kostenpflichtig bereitstellen. Das wäre schade, auch weil das weitere unkreative Arbeiten erfordert, die wir zeitlich kaum stemmen wollen. Vielen Dank!




Lesen Sie doch auch:


Abonnieren
Benachrichtige mich bei
18 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen
Thomas
14 Jahre zuvor

Hihi da ist garnix pietätloses dabei. Las mich raten, die Freundin filmt nur Autounfälle mitm Handy?? 😉
Gebe Tom da völlig recht.

14 Jahre zuvor

Gerade derzeit stehen ja Friedhofbesuche wieder hoch im Kurs.
Ich mach dort immer Bilder vom Grab meines Opas bzw. meiner Großeltern.
Ebenfalls fotografiere ich das Gesteck genauer.
Manchmal gibt es dort wundervolle Skulpturen – auch die lichte ich ab.

Ich finde da gar nichts makaber dran und meine Eltern freuen sich über die Bilder, wenn sie so wie jetzt, gesundheitlich nicht in der Lage sind, selbst die Gräber zu betreuen.

Meine Oma frägt mich schon immer, ob ich auch wieder „Opa fotografiert“ habe.

Aufpassen muss man aber, wenn in der Friedhofsordnung etwa verboten wird, anderes als das eigene (familäre) Grab zu fotografieren. Gibts nämlich auch.

Trixi
14 Jahre zuvor

Wir fotografieren das Grab unserer Großeltern auch ab und zu. Dann schicken wir es den weiter entfernt wohnenden Verwandten. Die freuen sich immer sehr darüber. Mit Kindern würde ich jetzt nicht ins Leichenschauhaus gehen.Nur wenn es Angehörige sind die das Kind auch kannte. Als mein Opa starb war mein Sohn gerade mal 10. Ich habe ihn gefragt ob er mitkommen möchte und er wollte das auch. Beim Bestatter hatte jeder Tote sein „eigenes Zimmer“ was ich sehr schön fand.An der Tür hab ich meinem Sohn gesagt,das er da stehen bleiben kann und nur wenn er wirklich möchte soll er mit rein kommen. Er kam dann aber mit. Er fand es schön wie unser Opa da aufgebahrt lag. Dabei sah Opa etwas fremd aus und hatte auch Totenflecken im Gesicht,da er auf dem Bauch liegend starb. Mein Sohn will sogar seit diesem Tag selber Bestatter werden. Im nächsten Jahr macht er von der Schule aus ein Betriebspraktikum. Sollte er das dann immer noch wollen werde ich zusehen das er das eventuell auch bei einem Bestatter machen… Weiterlesen »

ravenstorm
14 Jahre zuvor

Fotos von den familieneigenen Gräbern sind in unserer sehr zerstreut lebenden Familie sogar explizit gefordert, damit z.B. eine pietätvolle Beerdigung nachgewiesen oder Grabpflege dokumentiert werden kann. Bei weitem nicht jeder kann nämlich anreisen, um sich das persönlich anzusehen. Das ist dann eher pragmatisch zu handeln, mit „makaber sein“ hat das weniger zu tun. Offene Aufbahrungen sind in der Gegend, wo ich herkomme, absolut unüblich. Da kann ich gar nicht mitreden. Ich war auf etlichen Beerdigungen und habe dennoch niemals eine Leiche zu Gesicht bekommen. Und unsere Familienangehörigen taten uns bisher immer den Gefallen (vorsicht Ironie) im Krankenhaus zu versterben. Das lag wohl auch daran, dass man in meiner Heimat Tote äußerst ungern im Haus hat, selbst wenn es Familienmitglieder sind. Mein Großvater wurde explizit zum Sterben in die Klinik gegeben (Krebs Endstadium). Ich hab ihn weder tot noch lebendig wieder gesehen …. Ich war 11 und hätte mich gerne verabschiedet. Da ist die Lösung, Kinder vorbereitet an den Tod heranzuführen, vorzuziehen.

Smilla
14 Jahre zuvor

Es gibt schon verklemmte Genossen. Also ich finde nichts makabres daran, Fotos auf dem Friedhof zu machen oder Kinder mitzunehmen.
Meine Tochter war mit 6 Monaten auf einer Beerdigung. Darüber haben sich andere aufgeregt, auch dass wir den Wagen nicht sauber hatten- lag wohl daran, dass wir gerade aus Ffm angereist kamen. Aber solange sich darüber nur ältere Herren aufregen, die Adolf heißen und Opel fahren…
Was ich sagen will, -jeder nach seiner Façon, wobei das Wichtigste ist, die Interessen derer zu wahren, die es betrifft. Für Oma war es ok, sogar für meine Sm (!) und für die Lütte auch. Der Tod gehört doch zum Leben dazu, die mutieren ja nicht plötzlich zu irgendwelchen Wesen aus Horrorfilmen, sondern der Opa ist immer noch der Opa, nur anders verpackt.

Meine Großeltern starben zu Hause im Bett, lagen dort auch erst noch, wurden auch dort gewaschen und angezogen und dann in einen offenen Sarg gelegt, wo auch die Kinder noch zum Opa gingen und ihn anfaßten mit ihm redeten. Warum auch nicht?

Glückauf
14 Jahre zuvor

„man würde nicht Bilder vom Grab machen, sowas gehöre sich nicht“

Wenn „man“ sich daran stört was „man“ macht und „man“ es allen recht machen will, sollte „man“ sich daran halten.

Oder Du machst das was Du für richtig erachtest, denn es ist Dein Leben und Deine Trauer.

PS: meine Oma hat gelegentlich noch vor dem zubett gehen das Schlafzimmer geputzt.
Begründung:
Wenn ich heut nacht sterbe, was sollen da die Leute denken.

bloeder_hund
14 Jahre zuvor

bei „man“ tut es nicht,
finde ich das Lied der Ärzte klasse 8)
http://www.youtube.com/watch?v=GR17Y6AV_qQ&feature=related

Smilla
14 Jahre zuvor

@6
bei uns im Heimatort gehen die alten Damen (auch meine Oma und ihre Clique) einmal die Wochen zum Friseur, Haare machen, damit man gut aussieht, wenn es einen dann erwischt- man weiß ja nie.

Ob man auch so wird?

Trixi
14 Jahre zuvor

@Smilla
dazu fällt mir ein, das mein Opa sich vor dem zu Bett gehen immer die Haare gekämmt hat. Auf die Frage wozu er dann macht hat er immer geantwortet: Wenn ich träume das ich schön ausgehe, dann will ich ordentlich aussehen:-)

Anonym
14 Jahre zuvor

Wie hältst du das mit deinen Kindern? Hast du darüber schon mal geschrieben? Wann haben die zum ersten Mal im Leben eine Leiche gesehen?

Smilla
14 Jahre zuvor

@Trixi das finde ich sehr schön, ein romantischer Opa mit Humor. 🙂

Max
14 Jahre zuvor

Ich habe mich nach dem Tode meiner Mutter was ganz ähnliches Gefragt und auch wenn`s evtl. komisch klingt: Warum nimmt man eine Beisetzung eigentlich nicht einmal auf Video auf. Naja klingt evtl. pietätlos aber man hätte hinterher noch einmal die Möglichkeit zu sehen wer so da war (hat man dabei ja meistens keinen Kopf für) und man könnte alles noch einmal verarbeiten oder meint ihr das geht gar nicht klar ?????

14 Jahre zuvor

@Smilla: Schöner Spruch von deinem Opa, muss ich mir mal merken.

Völlig überholte Einstellung, dass man keine Gräber oder nicht auf Friedhöfen fotografieren darf. Aus welchem Jahrhundert ist denn die Freundin??

Ich kenne sogar jemanden, der hat seine aufgebahrte, verstorbene Mutter fotografiert kurz vor der Trauerfeier. So ein Foto zeigt man nicht herum oder erzählt davon – das ist eine sehr persönliche Sache, man „versteckt“ es vllt. sogar. In einer ruhigen Minute kann es dann sehr wertvoll für einen selbst sein.
Aber das würde ihre Freundin nun wirklich nicht verstehen, also pssst!

Thomas
14 Jahre zuvor

Unser Bestatter übergab uns nach den Beerdigungen von Oma, Opa, Vater und Mutter jeweils ein Fotoalbum. Enthalten waren Fotos vom geschlossenen Sarg in der Trauerhalle, eine Gesamtansicht der Kränze und Gestecke vor der Halle, Einzelbilder der Kränze der nächsten Angehörigen und ein Foto vom frisch verschlossenen Grab. Eine gute bleibende Erinnerung an einen Tag, von dem man als trauernder Angehöriger meist wenig mitbekommen hat.

ArnoG
14 Jahre zuvor

Pietätlos:
Ein Foto ist nicht pietätlos.

Bei Pietätlos stelle ich mir immer vor,
wenn der Krematorium-Mitarbeiter sein schlechtes Frühstück oder den Apfelkrutsen mit in die Kiste wirft.
Bestimmt auch schon geschehen.
Ist ja auch nur ne Arbeit.:-)

Krischan
14 Jahre zuvor

Ich habe neulich ein Foto von meinem aufgebahrten Vater gemacht, während/nachdem ich mich von ihm verabschiedet habe. Das liegt jetzt bei meinen anderen Fotos, unter anderen den Fotos vom Blumenschmuck, die meine Mutter haben wollte.

Meine Mutter hat mich zum Institut gebracht, damit ich ihn ein letztes Mal sehen konnte und sie hat auch die Kamera gesehen. Sie fand es gut und hat auch im Nachhinein gefragt, ob ich ein Foto gemacht hätte. Das liegt auch ein wenig daran, das mein Vater mich von klein auf im Hobby der Fotografie unterstützt hat.

Das ist nun kein Foto das ich mir regelmäßig ansehen werde, das Bild meines schlafenden Vaters ist einerseits frisch genug im Kopf und andererseits habe ich wenige Monate vorher eine richtig schöne Serie von vier typischen Grimassen erstellen können, die sich meine Mutter und Schwester auch schon gerahmt haben. Aber es ist ein gutes Bild und ich habe ein gutes Gefühl, ihn so ein letztes Mal haben festhalten zu können.

S.L.Binder
13 Jahre zuvor

Meine Mutter ist im Januar diesen Jahres gestorben. Da mein Vater im Rollstuhl sitzt, ist es immer ein bisschen schwierig, mit ihm auf den Friedhof zu gehen, daher war er seit ihrem Tod nur zweimal an ihrem Grab.
Wir haben aber – auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin – Mutters Grab (nachdem es nach der Urnenbestattung im Frühling neu bepflanzt worden ist) fotografiert. Das Foto steht in einem Rahmen neben dem Foto der damals noch lebenden Mutter auf seinem Nachttisch. Offenkundig tröstet es ihn, das Grab zu sehen, in dem er früher oder später auch mal liegen wird.
Und darauf kommt es meiner Ansicht nach an: Was empfinden die Hinterbliebenen? Mein Vater wollte das Bild vom Grab, also hat er es gekriegt. Ich hab‘ eine Kopie davon, würde die aber nicht aufhängen (ich sehe lieber Bilder von meiner Mutter).

Carmen
11 Jahre zuvor

Weder pietätlos noch makaber… ich finde, es ist ein Unterschied, in welcher Situation so etwas geschieht. Ich habe keine Berührungsängste mit dem Sterben und dem Tod, auch wenn einen die Gefühle nie wirklich kalt lassen… es ist so wichtig, dass das Sterben und der Tod wieder zm Leben gehören dürfen, so wie es früher überall üblich war. Dann bauen sich auch die oft irrationalen Ängste ab.. und es kann so ein wichtiger Prozess in der Trauerarbeit sein. Mein jüngster Sohn ist vor einiger Zeit verstorben, 4 Tage bevor er geboren wurde und im Moment des Schmerzes nach seiner Entbindung war es uns nicht möglich, Entscheidungen zu treffen. Nach zwei Tagen jedoch haben wir realisiert, dass wir den kleinen Bruder für seine Geschwister begreifbar machen müssen. Sie durften den kleinen besuchen und sehen und all ihre vielen Kinderfragen stellen… für uns Eltern natürlich unglaublich schwer und unfassbar kraftraubend.. aber für die Kinder so unendlich wichtig. Es tröstet uns, dass sie ihn nun kennen und er nicht einfach irgendjemand war… sie haben Bilder von ihren Händen, die… Weiterlesen »




Rechtliches


18
0
Was sind Deine Gedanken dazu? Kommentiere bittex