Geschichten

Damit dem den Telekom

Da stolziert vorhin so ein Fuzzy in unser Büro, der schon vom Äußeren her eher so aussah, als habe er die Nacht eher unter, als auf einer Parkbank verbracht. Er komme von der Telekom und wolle „dem Geschäftsführer“ sprechen. Normalerweise behelligen mich meine Leute mit solchen Besuchern nicht, aber ich kam zufällig des Weges und hörte, wie Sandy gerade mit ihm herumdiskutierte. Nein, wir hätten keine Störungen, meine sie, aber er beharrte darauf: „Hier in der Nachbarschaft haben alle Störungen und ich bin beauftragt, bei Ihnen die Störungen abzustellen.“ Dabei tippt er auf seine kunstlederne Schreibmappe.

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Ich mische mich ein, als Chef darf ich das nämlich, und frage den Experten von der Telekom, wie er denn gedenke, uns seine Hilfe angedeihen zu lassen. Seine Antwort: „Häh?“ Ich formuliere einfacher: „Was wollen Sie machen?“ Ja, er wolle ‚den‘ Dose prüfen.
Nun, das soll ja kein Problem sein, denke ich und lasse ihn auf allen Vieren unter Sandys Tisch krabbeln, da geht es nämlich rechts in einen Winkel, wo sich so ungefähr zwölf dieser lustigen Dosen versammeln und wo auch die Telefonanlage hängt. Unter dem Tisch keucht es hervor: „Ich sehe schon, da müssen wir was machen.“
„Ach, und das sehen Sie einfach so?“
„Ja.“
„So ganz ohne Messgerät, ohne Schraubenzieher, ohne was?“

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„Ja, ich bin da Fachmann.“
„Ah ja. Und was wollen Sie jetzt machen?“
„Ich habe das jetzt überprüft“, meint unser freundlicher Parkbankschläfer und rutscht wieder unter dem Tisch hervor, keucht abermals und lässt beiläufig ins Gespräch einfließen, er habe es im Rücken, um mir dann zu eröffnen, er bräuchte jetzt mal ‚unseren‘ Telekomkundennummer. Ich sage ihm einfach irgendeine erfundene Nummer aus dem Kopf. Nee, so ginge das nicht, er müsse mal eine Telefonrechnung sehen, weil nur die Kundennummer reiche nicht, er bräuchte auch die Buchungsnummer. „Ach, das ist kein Problem, die kenne ich auch auswendig.“
„Ja, aber besser ist das, wenn ich ‚dem‘ korrekt abschreibe.“
„Sie können sich die Nummer doch auch aufschreiben, wenn ich Ihnen die aus dem Kopf sage, oder?“
Wenn er nur eben einen winzigen Blick auf ‚den‘ letzten Telefonrechnung werfen könne, meint er, klappt seine Schreibmappe auf und fängt ganz wichtig an, etwas einzutragen. „Haben Sie ‚einem‘ Stempel?“
„’nen Stempel? Wofür?“ frage ich.
„Wegen der Adresse.“
„Sie wissen nicht, an welcher Adresse Sie sich befinden?“
„Aber doch, natürlich, sicher.“
„Ja dann brauchen Sie doch auch keinen Stempel.“
„Doch, wegen ‚dem‘ Firma.“
„Sie wissen nicht, bei welcher Firma Sie gerade sind?“
„Doch, aber das muss doch seine Ordnung haben, wegen ‚den‘ Störung.“
Sandy mischt sich ein: „Wir haben aber doch gar keine Störung.“
Der Fachmann strahlt: „Sehen Sie, wie gut das war, damit ich gekommen bin!“

Ach nee, nicht genug damit daß er offenbar zu lange die Zwiebelfisch-Kolumne gelesen hat und nun hinsichtlich der Verwendung von ‚den‘ und ‚dem‘ vollkommen verunsichert ist, nein, er ist auch noch ein ‚damit-Sager‘. Diese Leute, von denen ich den Eindruck habe, daß es in der Eifel ganz besonders viele davon gibt, sagen anstelle von ‚daß‘ meistens ‚damit‘. Sie sagen also nicht: ‚Wie gut, daß es heute nicht regnet.‘, sondern sie sagen: ‚Wie gut, damit es heute nicht regnet.‘

Unabhängig davon frage ich ihn aber nochmals, wie er sich denn jetzt seine Hilfe vorstelle.
Ja, das sei ganz einfach, er bräuchte nur die beiden erbetenen Nummern, die er sich aber unbedingt selbst von der Telefonrechnung abschreiben müsse, es ginge aber auch ein Kontoauszug und dann bräuchte er noch ‚dem‘ Stempel, weil das doch so Vorschrift sei und eine Unterschrift.

„Geben Sie das doch mal her!“ sage ich zu ihm und tippe auf sein schönes buntes Formular.

Nein, nein, nein, das sei gegen die Vorschrift und er könne das nicht einfach so hergeben, weil nur so sichergestellt sei ‚damit‘ da keiner ‚Schindmähren‘ (sic!) mit treibt. Langsam wird der mir zu blöd und weil ich erstens einen Kopf größer bin als der und zweitens ja noch meine drei Bürofrauen anwesend sind, bin ich mutig und wage einen Schritt in Richtung Gewalttätigkeit und reiße ihm einfach das oberste Blatt von seinem Block.

Er lamentiert mit weinerlicher Stimme und während ich von unten auf das hochgehaltene Blatt schiele, umhüpft mich der Parkbank-Fachmann und will seinen Zettel wieder haben.

„Halt’s Maul!“ sage ich zu ihm und irgendwie ist das offensichtlich die Sprache, die er versteht. Einfach so zu jemandem ‚Halt’s Maul‘ zu sagen, ist normalerweise nicht meine Art. Auch wenn ich meistens so rede, wie mir der Schnabel gewachsen ist und mir auch schon mal politisch so inkorrekte Wörter wie Schäuble, Neger, schwul, geil, Zigeuner (Letztere vor allem im Zusammenhang mit Baronen und Schnitzeln) über die Lippen kommen, befleißige ich mich doch meistens einer eher gewählten und höflichen Ausdrucksweise.
Aber dieser Typ hat es nicht anders verdient, denn was ich da in Händen halte, das erkenne ich auf den ersten Blick, ist ein Vertrag mit der Firma 1XXXXXX im Westerwald der mich meinen Telefonanschluss inklusive DSL zu eben diesem Unternehmen wechseln ließe.

Noch einmal begehrt der Damit-Sager kurz auf, indem er schmollend einwendet, das sei ein internes Formular.
„Aha“, sage ich: „Und Sie kommen also wirklich von der Telekom?“ Und während ich das sage, nehme ich mein Handy aus der Tasche, auf das der Parkbankmann jetzt doch recht ängstlich schielt. „Ja, aber mit ‚C‘!“

„Wie? Mit ‚C‘?“ erkundige ich mich.

„Ja, eben Telecom mit C, nicht die Deutsche Telekom, das habe ich nie gesagt.“

Ich tue so, als ob ich eine Nummer ins Handy tippen will und frage: „Und wie war das mit der Störung?“

„Ich habe nur gesagt, ‚damit‘ Sie keine Störung mehr haben werden, wenn ich sie beraten tu.“

Ich stecke das Handy wieder weg, knülle seinen Scheißzettel zusammen und lege ihm nahe, ganz schnell zu verschwinden und sollte ich hören, daß er bei irgendeinem in der Nachbarschaft diese Nummer nochmals abzieht, würde ich ihn suchen und finden und dann würde ich höchstpersönlich mal seine Dose auswechseln.

Bildquelle: pixel io.de, Fotograf: Ernst Rose

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Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

#damit! #telekom

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