Frage: Wie kam die Fliege in die Urne, ohne dass es jemand bemerkt hat?
Die Diskussion darüber, wie jener dann so martialisch gemeuchelte Brummer in die Urne geraten war, beschäftigte dann natürlich die gesamte Firma.
Wie einst Papa Hesselbach stand ich fassungslos vor der Auseinandersetzung, die sich da unter meinen Angestellten anbahnte. Mir war das sonnenklar. Da Fliegen ja bekanntlich nicht auf der Trillerpfeife trillern und ein großes gelbes Protestschild dabei haben, wenn sie sich irgendwo hinsetzen, wird das kleine Mistvieh vermutlich einen unbeobachteten Moment abgepasst haben und sich dann neugierig in die Tiefen der Urne verirrt haben. Die Überurne ist ja etwas größer als die Aschenkapsel und irgendwann zwischen Öffnen und Schließen des Deckels ist das Tier einfach hingeflogen, hat sich hingesetzt, ist etwas hinuntergekrabbelt und ist uns dann erst wieder durch das Brummen aufgefallen.
Huber protestiert:
„Also das kann jetzt ja mal überhaupt nicht sein! Bei da unten ist alles sauber, da gibt es kein Ungeziefer.“
„Ach, und warum hängen dann überall diese blauen Lampen, diese Insektenvernichter?“ will Frau Büser wissen.
Huber fährt herum, funkelt sie an und sagt, langsam und betont: „Damit eben erst gar keine Tiere herumfliegen, so!“
„Ach, seien sie doch ruhig“, sagt Frau Büser, „Sie haben mir doch selbst erzählt, daß die blauen Lampen gar nichts bringen.“
„Das stimmt nicht, ich habe gesagt, die UV-Lampen helfen nicht gegen Mücken. Mücken, haben Sie das gehört? Und hier handelt es sich ja eindeutig um eine Fliege und keine Mücke!“
Frau Büser hebt die Hände, macht eine abwehrende Bewegung und sagt: „Mir ist das doch egal, ich wollt ja gar nichts sagen, ich mein ja bloß.“
„Aber an mir bleibt es dann wieder hängen“, mault Huber, „Kann ich denn was dafür, daß ich keine Fliegenfänger mehr aufhängen darf?“
Nun mische ich mich ein und erkundige mich: „Und wer hat Ihnen verboten, die langen Klebestreifen aufzuhängen?“
„Verboten! Verboten! Keiner hat das verboten, aber Sandy ist schon zweimal mit den Armen in der Leimfalle hängengeblieben, hat sie von der Decke gerissen und ich konnte ihr das Ding dann aus den Haaren fummeln.“
„Moment“, frage ich nach: „Sie wollen mir also erzählen, daß Sandy, die nur einsfünfundziebzig groß ist mit dem Kopf an die Fliegenfänger an der Decke kommt?“
„Na, wenn die immer so herumhüpft und mit den Armen fuchtelt!“
Ich schaue Sandy an, die ganz unbeteiligt tut und weil sie das voller Inbrunst tut, schaue ich etwas böser und nicke ihr auffordernd zu. Dann sagt sie: „Ach was! Zweimal ist das erst passiert und da hab ich dann gesagt, er soll doch die Scheißklebedinger weglassen.“
„Und warum hüpfst Du unten herum und fuchtelst mit den Armen?“
„Ich habe nur in der Mittagspause mal was abgedanced.“
„Ge- was?“
„Gedanced, na eben herumgetanzt.“
Na, das kann ich mir ja lebhaft vorstellen! Da geht meine durchgeknallte Amerikanerin mit den MP3-Stöpseln im Ohr runter in den Keller und flippt mal ein Viertelstündchen völlig aus, tanzt sich den Übermut aus dem Leib. Und was machen meine Männer? Statt ihr zu sagen, sie soll das woanders machen, hängen die lieber die Fliegenfänger ab und gönnen sich das Vergnügen, auf Sandys wackelnde Warenauslage zu starren.
„Und zu mir sagen sie immer Derwisch“, mault Antonia, beißt in den letzten kleinen Rest ihrer Quarktasche und macht kauend einen Schmollmund.
Ich war mit meinen Gedanken noch bei der tanzenden Sandy und fahre zu Antonia herum: „Was?“
„Ja und überhaupt“, sagt diese kauend: „eine Mück‘ ist eine Fliege! Was Sie meinen das ist ’ne Schnake!“
Allegemeines zustimmendes Gemurmel und sogar Pfarrer Laber-Tasch stimmt zu: „Da hat sie Recht. Die Leute sagen ja auch sprichwörtlich: ‚Den stört jede Mücke an der Wand‘. Damit meinen sie aber Fliegen.“
„Mir ist es doch egal, wie das Tier eurer Meinung nach mit Vornamen heißt, meinetwegen Helga“, sage ich, doch meine Leute diskutieren heftig untereinander, wer den nun die Schuld daran trägt, daß es zu dieser nahezu biblischen Fliegenplage gekommen ist.
Ich muß dazu sagen, daß wir überhaupt keine Fliegenplage haben. Unsere technischen Räume liegen im Untergeschoß und zum Hof führt eine breite Fahrzeugrampe und das dazugehörige Rolltor ist vor allem im Sommer immer offen. Da kann man gar nicht verhindern, daß auch mal irgendwelche Fliegen, Mücken, Schnaken oder meinetwegen auch Helgas hereingeflogen kommen. Damit das nicht Überhand nimmt, hat Huber eben die klebrigen Leimruten aufgehängt, da hilft wenigstens ein bißchen. Aber alles in allem sind da auch nicht mehr Fliegen als in jedem anderen Raum zur warmen Jahreszeit auch.
„Das kommt alles nur wegen der Tanzerei.“
„Sind Sie doch ruhig, Sie sind doch auch schon mal mit einem Besenstiel hängengeblieben.“
„Des war aber bestimmt eine Mück‘!“
„Ach das kommt nur, weil du überall deine Quarktaschen futterst.“
„Ihr habt doch alle keine Ahnung, das war eine Bremse!“
So geht es hin und her, auf einmal von hinten die Stimmer meiner Frau: „Sagt mal, habt ihr eigentlich nichts zu tun? Gleich fängt die Trauerfeier an.“
Ruhe kehrt ein, wir schauen uns an und jeder geht brummelnd seines Weges.
Ich wette, die Fliegenaffäre wird noch ein Nachspiel haben.
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
Schlagwörter: geheimnisvolle, geräusch, Lektorin A
mhmm, hängt die Fliegenfänger einfach längs zur Decke auf. Dann bleiben die Fliegen dran kleben und Sandy kann
dennoch abdancen ^^
Die fliegen bleiben ja nicht daran kleben, weil die Teile so schön wie Fangarme in
der Landschaft herumbaumeln, sondern weil sie mit geruchsmitteln bestückt sind, die Fliegen
interessant finden.
Oder in die Raumecken, ich finde diese Teile nähmlich auch blöde, wenn sie mitten im Raum
rumhängen, für große Menschen, oder Transporte stören die nähmlich dann immer nur.
mfg
madda
Tom, das wird zu einer „never-ending story“, wenn Du nicht ein Machtwort sprichst:
Die Suche nach dem/der Schuldigen bringt nie etwas.
Wichtiger ist, dass die Ursache erkannt ist (Fliege in der Werkstatt) und der „Missstand“ (Fliege in der Urne) in der Zukunft beseitigt wird. Wie? ganz einfach: Urne nach Einbringen der Aschekapsel und Verschliessen schütteln ;-).
Dabei fällt mir ein: gibt es eigentlich für Bestatter ein Zertifizierungsverfahren (ISO 9xyz)?
Gruss und frohes Fluginsektenfangen
Hajo
Hat Antonia jetzt die Helga-Quarktasche wirklich komplett weggefuttert? Urgs!
„Zertifizierungsverfahren (ISO 9xyz)“
Es gibt zur Zertifizierung nicht nur ISO 9001!
In Frage kommen ISO 9001:2001 (Management allgemein) und ISO 14001:2004 (Umweltmanagement).
Außerdem bieten sich (wenn man genug Geld hat) noch andere Zertifizierungen außerhalb der ISO an: Arbeitsschutz, Informationssicherheits, Sozialstandards oder auch „Business Execellence“ (kann man nur auf Englisch betreiben, auf Deutsch kann man seine Geschäfte wahrscheinlich nur nicht-exezellent abwickeln).
Nicht zu vergessen Lieferantenaudits, die in ISO 9001 und 14001 eingeschlossen sind. Dies dürfte im Falle des Bestattungswesens etwas makaber sein, aber wenn man seine Sache lege artis betreiben will, dann führt daran kein Weg vorbei. 🙂
Tom, schöner Tagesanfang für einen der gleich zum Zahnarzt muss… ich stell mir das immer noch vor, wie die Herren angestrengt Schwerstarbeit vor einer tanzenden Sandy simulieren um auch halt die „Warenauslage“ GUT im Blickfeld haben zu können…
Herrlich 🙂
Ja, das mit den Mücken und Fliegen ,da musste ich mich nach dem Umzug in die Diaspora, sprich Pfalz, auch erstmal dran gewöhnen.
Das, was bei uns im Ruhrpott Fliegen sind, nennen die hier Mücken und unsere Mücken heißen bei denen Schnaken. Und für die Tiere, die bei uns Schnaken heißen, haben die hier gar keinen richtigen Namen.
Blicke in den Duden haben zwar bewiesen, dass wir Ruhrpötter die Tiere korrekt benennen, aber die Pfälzer schaffen es, das konsequent nicht zur Kenntnis zu nehmen. 😉
…Sandy’s wackelnde Warenauslage…
geniale Umschreibung 😀
@Werner: Ja, die DIN EN 15017
@Madda: Ich mag Dir nicht wirklich widersprechen, weil ich mich nur sehr schwer in die Psyche eines Lebewesens hineinversetzen kann, dessen Gehirn nur so groß ist wie das eines 14-jährigen vorpubertäten Kindes. Aber ich habe erst unlängst einen dieser „Wie macht man was?“-Fernsehberichte ausgerechnet über die Herstellung der Fliegenfänger gesehen.
Der Hersteller selbst erzählte, daß es in erster Linie die gedrehte vertikale Form des Klebestreifens ist, der die Fliegen wohl anzieht. Erst dann komme die lockende Wirkung der Leimmischung zum Tragen.
Außerdem sei bei den „guten“ Fliegenfängern ein grüner Aufdruck auf dem Klebeteil, der auch noch eine lockende Wirkung habe.
DIN EN 15017: Sachen gibt’s! 🙂 Bizarr finde ich, daß beim Beuth-Verlag der Download um über 8 Euro teurer als der Versand ist. Immerhin ist der Versand dort extrem schnell, bei den Preisen kann man das auch verlangen.
Noa ist schuld. Hätte der die Viecher damals nicht mitgenommen, hätten wir jetzt Ruhe.
Lasst doch Euer Chamäleon frei. Das freut sich und Ihr habt keine Fliegenplage. Und hängen bleibt dann auch keiner mehr. 😉
Schnaken sind keine Mücken! Schnaken pieksen nicht, Mücken schon eher …
Ein Artikel wie „Six Feet Under“!
gibt’s eigentlich ein Video von der tanzenden Sandy auf youtube
Diese Information, wenn man zum Beispiel mit dem Mauszeiger über Huber geht ist sehr interessant. Aber was ist eine Embalmerin (bei Sandy), oder ist das Englisch für Balsamierer?
interessante endlagerungsstätte für lästige fliegen … 😀
@ 12 Ma Rode
Duden 24. Auflage von 2006:
>Schnake,die; -, -n (eine langbeinige Mücke; landsch. für Stechmücke)< also sind Schnaken eben doch Mücken und stechen. Hier in meiner schwäbischen Umgebung ist das Synonym für eine Fliege auch nicht eine Mücke, sondern >a Mugg<. Eine Mücke kennt man gar nicht und eine Schnake ist >a Schnak (weiblich) oder an Schnak (männlich)< und sticht ... und anschließend >beißt’s< (juckt es) an dieser Stelle.
betrifft 17
vermutlich war mein posting zu lang und wurde mittendrin gekürzt:
… >a Mugg, eine Mücke kennt man hier gar nicht. Eine Schnake ist a Schnak…
ich hoffe, so ist es verständlicher.
Eine Stubenfliege war das sicher nicht. Wenn eine Fliege so viel Lärm machen kann, war es sicher so eine richtig in allen grünen Farben schillernde Floischmugg. Eigentlich sind die beim Bestatter an ihrem natürlicheen Ort, da sie für die Einleitung der Verwesung zuständig sind. Es ist ihr Job, warum sollte man sie beseitigen?
Als ich mir die Situation der Fliege in der Urne vorstellte, mußte ich an einen Steilwandfahrer auf dem Rummelplatz denken.