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Einkommen

Rechtschreibung geprüft

Wenn ich da so lesen, dass du dich bei Uhren von A. Lange und Söhne, Glashütte auskennst, kann dein Gewerbe ja nicht so ärmlich sein. Vermutlich sahnst du ganz schön ab, oder? *zwinker* Wieviel verdient denn so ein Bestattungsunternehmer?

Ja nee, is klar…

In Deutschland gilt es gemeinhin als unhöflich, jemanden nach seinem Verdienst zu fragen. Abgesehen von Nachmittagstalkshows, wo Hartz IV-Empfänger der dritten Generation nicht müde werden, über ihre miserable Einkommenslage zu schimpfen, spricht man hierzulande nicht gerne über sein Einkommen.

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Aber grundsätzlich bin ich persönlich der Auffassung, daß jede Mühe ihren Lohn verdient. Aus diesem Grunde bezahle ich meine Leute auch nicht schlecht. Als Unternehmer bekomme ich, in der Art wie wir das Unternehmen rechtlich gestellt haben, den Rest.

Dafür führe ich ein Unternehmen mit bis zu 20 Mitarbeitern (inkl. Aushilfen und Nebenberuflern) und trage dazu bei, daß an die 100 Personen (die Familienangehörigen usw.) mehr Einkommen haben, biete eine Notfalldienstleistung rund um die Uhr, an 365 Tagen im Jahr und darf neben Berufsgenossenschaft, GEZ, Gema, Schornsteinfeger, Feuerlöscherrevisor und rund zwei Dutzend anderer Stellen etwa 20 verschiedene Steuern bezahlen, Miete, Strom, Gas, Wasser und Material bezahlen und muß für alles das meinen ganz persönlichen und eigenen Kopf hinhalten.
Die Löhne müssen nämlich auch fließen, wenn die Aufträge mal nicht so dicke gekommen sind und auch die übrigen Stellen interessieren sich keinen Millimeter dafür, ob wir in einem Monat üppig oder mager verdient haben.

Man sieht immer nur, was ein Bestatter so berechnet und man glaubt zu wissen, daß Bestatter ja sowieso für alles überteuerte Preise verlangen. Man sieht ja im Fernsehen genug Beiträge in denen irgendwelche Billigstbestatter für 50 Euro Särge aus der Ukraine beschaffen, Sargdecken für 3,50 Euro in Usbekistan nähen lassen und die Toten in Tschechien für kleines Geld einäschern und günstig bestatten lassen.
Klar, das kann ich auch. Diese billigen Sachen könnte ich auch alle besorgen und wo das tschechische Krematorium ist, weiß ich auch.
Aber: Jeder der mir begegnet, schimpft über die Firmen, die in Deutschland Arbeitsplätze gefährden, weil sie im „Osten“ produzieren lassen. Merkwürdigerweise ist das dann aber, wenn es die Bestattung eines lieben Verwandten anbetrifft, gar nicht mehr so wichtig.
Kurz gesagt: Wer Qualität haben will, muß auch dafür bezahlen.
Ich bin nicht bereit, auf irgendwas Notwendiges im Service zu verzichten, nur um die Bestattungen noch billiger anbieten zu können. Zwar optimieren auch wir ständig die Abläufe und versuchen ebenfalls, günstig einzukaufen usw., aber unterm Strich bleibt es dabei: Qualität kostet.
Wer nix bezahlen will, bekommt auch nix dafür.

Man gehe mal in eine Filiale dieser Großoptiker, die überall Reklame damit machen, wie zufrieden ihre Kunden damit seien, daß sie eine Brille für 49 Euro bekommen hätten. Ja, und dann frage man einfach mal nach einer solchen
49-Euro-Brille…
Man wird sein blaues Wunder erleben! Auf einmal mutiert das eben noch im Schaufenster beworbene „deutsche Qualitätsglas“ zu einem minderwertigen Einfachglas, das die Optikergehilfin einem nun wirklich nicht empfehlen kann, und das Gestell aus der Economy-Line hält ja nun wirklich gar nichts aus. Da wäre man schon besser bedient, wenn man mal eben kurz 199 Euro für’s Gestell und schlappe knappe 300 Euro für die Gläser hinlege….

Ja meint denn irgendeiner, das sei bei einem Bestatter, der in der Zeitung mit Preisen von 499,– oder 799,– wirbt, irgendwie anders?

Bestattungen haben einfach ihren Preis und der ist darin begründet, daß Bestatter einen klassischen Notdienst anbieten, der dann in unendlich vielen Variationsmöglichkeiten abgewickelt werden kann. Hochprofessionelle Eventmanager, das sind Bestatter heute, und sie richten die oft größte (oder zumindest eine der größten) Familienfeier(n) aus, die eine Familie so im Schnitt alle 10-12 Jahre hat. Und anders als der süße Wedding-Planer aus dem Fernsehen hat der Bestatter keine sechs, acht oder zwölf Wochen Zeit, um das zu planen. Da wird freitagnachts angerufen und Montag oder Dienstag muß beerdigt werden, mit 150 Gästen und allem Drumherum.
Na hallo, wer sich so einen Service leisten möchte, der muß einfach wissen, daß so was eben seinen Preis hat.

Das sehen die meisten Leute aber nun auch tatsächlich ein, sehen aber die Sache gerne so, als stecke sich der Bestatter die 2.000 oder 4.000 Euro für die Bestattung feist grinsend in die eigene Tasche und könne das viele schöne Geld sofort in voller Höhe verprassen.
Ach, wär‘ das schön, wenn’s so wäre!

Um diesen Service anbieten zu können, muß man einen recht umfangreichen Aufwand treiben und eine Menge von Personal und Gerätschaften, sowie Räumlichkeiten dauernd bereithalten. Und obwohl mancher Bestatter ganz ordentliche Preise verlangt, reicht es am Monatsende kaum zum Überleben. Ich spreche hier von Ausnahmen, das soll gleich gesagt sein, aber solche Fälle sind mir zuhauf bekannt.
Jeder Bestatter weiß ziemlich genau, wie viele Sterbefälle er pro Monat abwickeln muß, um überleben zu können. Was nun, wenn diese Fälle einen Monat ausbleiben? Man kann schließlich niemanden zum Sterben zwingen… Was, wenn diese Fälle nun zwei Monate ausbleiben?
In einer Gemeinde mit 20.000 bis 30.000 Einwohnern gibt es einen Bestatter. Statistisch gesehen darf er mit 250 Verstorbenen im Jahr rechnen, also rund einen pro Werktag. Das sollte zum Leben und zum bescheidenen Reichwerden durchaus ausreichen. Was aber nun, wenn da nun die Pietät Eichenlaub eine Filiale aufmacht und sich die Zahl der Aufträge schlagartig halbiert? Nach 25 Jahren im Geschäft steht der Bestatter von heute auf morgen vor dem Problem, daß er, bei halbierten Einnahmen, den gleichen Service bieten muß wie bisher.
Dafür muß er aber die gleiche Logistik bereithalten, seine Leute haben aber nur noch jeden zweiten Tag etwas zu tun.
Nun wird in der Nachbargemeinde ein neues Seniorenzentrum und ein neuer Friedhof gebaut. Rund ein Viertel aller Alten geht in dieses Heim, stirbt dort und will auch dort bestattet werden, weil der Friedhof so viele schöne Bänke hat…

Ich male da bewußt mal etwas schwarz, aber ich will damit zeigen, wie es kommen kann, daß ein ehemals prosperierendes Unternehmen zu einem Zweimann-Familienbetrieb werden kann, der sich gerade so über Wasser halten kann.
Neulich erst sah ich einen Beitrag über einen Bestatter aus dem ostdeutschen Nossen. Nebenher fährt die Frau für die gelbe Post und der Mann macht Kleintransporte. Hätten die nicht noch einen Opa, der ab und zu das Büro bewacht, kämen diese Leute gar nicht rum; und das, wo Bestattungen doch so teuer sind….

Will sagen: Als Bestattungsunternehmer kann man dankbar sein, wenn man tatsächlich einen Betrieb führt, der so aufgestellt ist, daß man vielleicht nicht jeden Monat, aber über das Jahr hinweg seinen Schnitt macht. Irgendeine Sicherheit gibt einem keiner und das ganze Risiko, daß man schon in einigen Wochen auch einen Zweimann-Betrieb hat und nebenher für die Post fahren muß, nimmt einem auch keiner ab, das muß man ganz alleine tragen.

Und genau dieses unternehmerische Risiko darf man sich mit Fug und Recht gut bezahlen lassen. Alleine der Idealismus und die Freude am Beruf nähren nämlich keine Familie.
Wenn dann ein schönes Auto und eventuell eine Lange und Söhne dabei herausspringen, dann finde ich das nur angemessen.
Dafür war man dann aber auch manchmal 10 Jahre nicht in Urlaub.

Fehler durch Lektorin Anya bereinigt.

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(©si)