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Olugulade -18-

Ich weiß gar nicht, ob es in den „tollen Tagen“ angebracht ist, diese Geschichte weiterzuerzählen. Vielleicht sollte ich auch im Weblog etwas lockerere Themen wählen, wer will sich schon zwischen dem ganzen Karnevalsgetümmel mit traurigen oder dramatischen Geschichten auseinandersetzen?

Die Geschichte geht noch ein ganzes Stück weiter und sie muß in Stücken erzählt werden, sonst wäre sie bei weitem zu lang für einen Blogeintrag. Wem das mit den „Cliffhangern“ zu arg ist, na der kann doch einfach einmal in der Woche alles am Stück nachlesen.

Kaum eine andere Geschichte ist so authentisch wie diese hier. Aus gegebenem Anlass kann ich Geschlechter und Alter der Personen nicht soweit verändern, wie ich es sonst tue.
Vom zeitlichen Ablauf her handelt das, was derzeit erzählt wird, in der Vergangenheit, während der neuerliche Auftritt von Frau Birnbaumer-Nüsselschweif in der Gegenwart spielt. Das heißt, ich hole jetzt zu Erzählendes nach und dann schließt sich der Teil an, den ich schon einmal angerissen habe, wo die Birnbaumer-Schweifnüssel hier mit den Roma-Onkel zusammentrifft. Die Teile Olugulade -1- bis Olugulade -??- kann man also hintereinander weglesen, dann kommt Neues.

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Und so geht es weiter:

Jussip ist ein Freund der Familie Olugulade und hat sich in den ersten Tagen um die Frau gekümmert. Dann mußte er wieder abreisen, versprach aber, bald wiederzukommen. Das war gestern der Fall. Mit einem Teddybären für den kleinen Benjamin und einem Federballspiel für Daniel stand er am Bahnhof, wo ich ihn abholte.
Unterwegs erzählte ich ihm von den nigerianischen Herren, die mir einen Besuch abgestattet haben und Jussip nickte nur mit zusammengekniffenen Lippen.
Auf dem Display meiner Kamera zeigte ich ihm dann später das Bild der Männer, er kannte keinen davon. Nein, er sei nicht verwundert, daß die sich so einfach haben fotografieren lassen, das sei denen egal, die Typen wechselten so schnell und einer sei sowieso wie der andere. Das machte mich neugierig. Vielleicht weiß Jussip mehr?

Das sei alles sehr kompliziert und er habe so etwas schon befürchtet. Man müsse wissen, daß Nigeria -Jussip spricht das immer Neidscheria- lange eine Diktatur gewesen sei. Es habe ein politischer Filz ohne Gleichen geherrscht und eine große Unterdrückung gegeben. Damals sei es nichts Ungewöhnliches gewesen, daß der nigerianische Geheimdienst überall wo sich Nigerianer im Ausland aufhielten, seine Leute hatte- Es ging den Machthabern darum, die jungen Nigerianer im Ausland unter Kontrolle zu behalten, damit sie zwar im Rahmen internationaler Programme eine gute Ausbildung genossen, dann aber sichergestellt war, daß sie ihre Fähigkeiten auch in Nigeria einsetzten. Manche seien gar mit Gewalt dazu gedrängt worden, wieder in die Heimat zurückzukehren. Jussip nennt Namen, erwartet daß ich diese kenne, aber ich befürchte, daß das afrikanische Allerweltsschicksale sind, für den Einzelnen dramatisch, uns überhaupt nicht bekannt und von uns auch ignoriert.
Mittlerweile gebe es zwar eine Demokratie, aber das sei ja alles noch ziemlich chaotisch in Nigeria. Es gebe überall Milizen, Untergrundgruppen und Geheimbünde, in denen genau die gleichen Leute wie früher nach wie vor operierten und mit Korruption, mafiaähnlichen Strukturen und viel krimineller Energie die Macht auf ihre Weise sicherten. Die Regierung bekomme das nicht in den Griff, es geben ganze Regionen in Nigeria, in die sich kein Polizist, kein Soldat und kein Regierungsbeamter traue, weil dort die Macht der Geheimbünde oder bewaffneten Gruppen so groß sei.

Diese Leute, die heute noch im Ausland unterwegs sind, das seien genau die gleichen, die das schon immer gemacht haben. Nicht dieselben Männer und Frauen, die wechseln immer schnell, aber es ist die gleiche Gruppe, die gleiche Struktur. Nur sei der Auftraggeber eben jetzt kein Diktator, ja nichtmals die Regierung, sondern irgendwelche dubiosen Machtstrukturen in Nigeria. Ziel und Zweck ist es nach wie vor, die im Ausland lebenden Nigerianer als Vaterlandsverräter hinzustellen, Druck auszuüben und sie zur Heimkehr zu bewegen. Beliebtes Mittel sei, vor der Hand ehrfürchtig von den Lieben daheim in Nigeria zu sprechen, jeder aber wisse, daß das auch heißen kann, daß den in Nigeria Verbliebenen Ungemach drohen kann, wenn man sich nicht in der gewünschten Weise verhält.

Was denn diese Leute von der Familie Olugulade wollen, will ich von Jussip wissen. Er zuckt nur mit den Achseln und meint: „Nichts. Gar nichts. Die machen das einfach, weil sie es schon immer so gemacht haben und wissen eigentlich gar nicht warum, wozu und für wen.“
Im Grunde müsse man jetzt der Familie Beistand leisten, die Frau etwas abschotten aber unbedingt, einen Kontakt zu den Männern zulassen.

„Warum das denn?“ will ich wissen und Jussip erklärt: „Weil die sonst keine Ruhe geben. Die wollen ihr Programm abspulen und erst wenn sie merken, daß das nichts bringt, werden sie nachlassen.“
Nein, es sei nicht zu befürchten, daß die der Frau oder den Kindern etwas tun. Im Grunde sei die Familie jetzt sicherer als zuvor. Als der Mann nämlich noch gelebt habe, seien solche Männer immer mal wieder aufgetaucht. Jetzt sei der werdende Arzt ja tot und was will man in Nigeria mit einer Krankenschwester und zwei kleinen Kindern.
Ob der Anruf der Nüsselschweif bei der Botschaft etwas damit zu tun haben könne, interessiert mich noch und Jussip zuckt abermals mit den Achseln und schüttelt den Kopf: „Ich weiß es nicht. Die Botschaften und Konsulate der afrikanischen Länder haben genug damit zu tun, die Identität der abgelehnten Asylbewerber zu klären. Da kommt einer aus Ghana, behauptet aber er sei aus dem Kongo und die Deutschen wollen ihn abschieben, können das aber nicht, solange sie nicht zweifelsfrei wissen, wo der Mann wirklich herkommt. Ein altes Spiel, das viel Zeit und Geld kostet und die Botschaften oft daran hindert, sich wirklich wichtigen Sachen zuzuwenden. Aber es kann sein, daß diese Männer die hier waren, oder die Gruppe für die sie arbeiten, Frau Olugulade schon längst vergessen hatten oder das auf die lange Bank geschoben hatten und daß da jetzt wieder schlafende Hunde geweckt worden sind.“

Eine komplizierte Sache, ich nehme mir vor, mich da mal ein bißchen einzulesen. Mehr als daß Nigeria in Afrika liegt, weiß ich nämlich auch nicht.


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Lesezeit ca.: 8 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 23. Februar 2009 | Revision: 28. Mai 2012

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11 Kommentare
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Sabs
15 Jahre zuvor

Einmal in der Woche reinschauen? Bist du des Wahnsinns?
Erst machste uns süchtig und dann knallste uns sowas vor den Latz. Schäm dich 😀

Silent Bob
15 Jahre zuvor

„Ich weiß gar nicht, ob es in den “tollen Tagen” angebracht ist, diese Geschichte weiterzuerzählen.“

Klar, deswegen klickt man auch auf den Bestatterweblog!

Wenn ihr schon was lustiges machen wollt, dann schminkt doch mal einige von euren Klienten entsprechend der fünften Jahreszeit und veröffentlicht diese Fotos hier im Blog…

Zero the Hero
15 Jahre zuvor

Sabs, bei Heroin ist auch der erste Schuß gratis, dann heißt es regelmäßig auf den Dealer warten;)

Ma Rode
15 Jahre zuvor

Die „drei tollen Tage“ können mir mal gepflegt an die Füsse fassen! Du glaubst doch nicht im Ernst, dass jetzt alle (deutsche) Welt nur permanent schunkelt und Büttenreden hält, lieber Undertaker! Nee, nee, Deine Blogbeiträge sind sinnhaltiger und informativer als jede mir bekannte Karnevalsveranstaltung!

Setzen, weitermachen! Lesen wollen!

Alex II
15 Jahre zuvor

Bei mir vorm Fenster lärmt grade der Kölner Rosenmontagszug — und ich bin dringend auf der Suche nach Kontrastprogramm! Also bitte weiterschreiben!

Eulchen
15 Jahre zuvor

sitze ebenfalls am PC. Habe keinen Urlaub genommen, obwohl hier in einer deutschen Fassnachtshochburg der Bär tobt. Wir haben heute Notaufnahme und es sind schon einige gefallene Narren hereingeschoben wurden. Nutze mal eben schnell die Mittagspause um in das Blog zu schauen wegen der spannenden Story. Denke nicht das die tollen Tage duch das Blog gestört werden =) Bitte weitererzählen.

Micha
15 Jahre zuvor

Nem Kollegen haben sie vorhin das Auto 30 Meter weiter weg getragen.
Die Karnavelsmenschen, nicht die Nigerianer.

Eulchen
15 Jahre zuvor

lol @7 Micha
geiler Com, musste herzlich lachen, schön trocken

Ines
15 Jahre zuvor

Boah, Tom, noch nie habe ich in einem deiner Blogeinträge soviel über Politik, Korruption und Weltgeschehen gelernt, wie in diesem hier. Es ist wahnsinnig krass, was es alles gibt, von dem man manchmal garnichts weiss.

MacKaber
15 Jahre zuvor

Egal was jetzt kommt, ich trau dem Braten nicht. Nur – was die Zwirnschraube-Müffelschweiss damit zu tun hat kann ich mir noch nicht zusammenreimen.

Cat Shannon
15 Jahre zuvor

Wenn die ganze Geschichte interessiert, sollte mal bei Wikipedia ‚Biafra‘ nachschauen. Wenn ich das richtig verstanden habe sind die Olugulades ja Igbo, also davon direkt betroffen. Interessante Einblicke bietet dazu ‚Dogs of War‘ von Frederick Forsythe (der eine etwas obessive Beziehung zu Biafra hat). Zu den Bankbesitzern in Nigeria, den sog. 419 gibt es interessante Infos in McMafia von Misha Glenny.




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