Geschichten

Peter da, Wohnung in Ordnung, lecker gebacken

Das sind die letzten Worte in einer kleinen Kladde, die mir jetzt beim Umzug in die Hände gefallen ist.
In dieses kleine Büchlein hat meine Mutter vor ziemlich genau 33 Jahren die Erlebnisse aufgeschrieben, die sie und mein Vater auf einer Reise nach Rumänien hatten.
Dorthin waren sie gefahren, um einen alten Kriegskameraden meines Vaters zu besuchen und im Geheimen die Ausreise der deutschstämmigen Familie aus dem diktatorisch geführten Staat vorzubereiten.

Akribisch notierte meine Mutter die Ereignisse jedes einzelnen Tages, schrieb auf, was man gegessen hat, wo man gewesen ist, was man gesehen und bezahlt hat.

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Ich hatte lange schon kein Bild meiner Eltern mehr vor Augen, jetzt ist es auf einmal wieder da.
Gut, es vergeht kein Tag, an dem ich nicht über sie spreche oder an sie denke, ich bin da nicht besonders sentimental, bewege aber die Erinnerungen und gebe sie an meine Kinder weiter, die beide meine Eltern nicht mehr erleben konnten.
Sechs Jahre nach dieser Reise starb mein Vater, weitere sechs Jahre später meine Mutter.
Die rumänisch-deutsche Familie ist übrigens 1983, nach langem Hin und Her, dank einer großzügigen Zahlung auf das Konto eines regierungsnahen Rechtsanwalts in Bukarest „freigekommen“.

Ich bin dankbar für dieses kleine Büchlein, für die Erinnerungen, die meine Mutter nach fast einem Vierteljahrhundert mit mir teilt.
Viele der kleinen, geschilderten Details rufen Erinnerungen an diese strenge, lustige und liebenswürdige Frau in mir wach und ich sehe meine Eltern förmlich vor mir, wie sie den beschriebenen Hasenbraten (etwas schwach gewürzt) und die vier „Halben“ Bier (3 Mark) genossen haben.
Die damals allgegenwärtigen, teils vom Staat als Köder ausgesandten, Geldwechsler auf den Straßen Bukarests hatte mein Vater stets mit einigen Brocken Russisch vertrieben. Mehr als diese Brocken dürften kaum aus seiner Kriegszeit auf der Krim übriggeblieben sein, jedoch haben sie gereicht, um die lästigen Wechsler schnell loszuwerden.

Ein Grab für meine Eltern gibt es längst nicht mehr, ich habe es auch nicht oft besucht; dafür habe ich zu weit weg von ihrer Beerdigungsstätte gewohnt. Aber das hat für mich noch nie eine Rolle gespielt.
Die beiden werden immer bei mir sein, tief drin in meinem Herzen, in meinen Erinnerungen und das Schönste für mich wäre, wenn ich in den Köpfen und Herzen meiner Kinder auch nach meinem Tod irgendwann auch mal so präsent bleiben dürfte.

Nur wer vergessen wird, ist tot.

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(©si)