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Reiseschreibmaschine

So unter Kollegen trifft man sich eher selten. Ich würde mir das anders wünschen, doch alle meine Bemühungen in den vergangenen Jahren waren da weitestgehend zum Scheitern verurteilt. Würden die Bestatter mehr zusammenhalten und nach außen hin geschlossener auftreten, könnten Sie -vor allem gegenüber Behörden- viel mehr bewegen.

Aber wenn es hart auf hart geht, dann findet sich immer einer, meistens finden sich sogar mehrere, die nur allzu gerne bereit sind, alle anderen Kollegen in die Pfanne zu hauen und aus rein kommerziellem Interesse die begründeten Vorbehalte der anderen als „Feigheit vor dem Feind“ oder Unvermögen abzutun.
Schade eigentlich.

Zu einigen Kollegen habe ich ein recht gutes Verhältnis, vor allem versuche ich mich dadurch auszuzeichnen, daß ich niemals gegenüber Kunden und Interessenten schlecht über die Konkurrenz rede. Jeder arbeitet auf seine Weise. Hier im Weblog, anonymisiert, da sieht das anders aus, aber im direkten Kontakt mache ich niemanden schlecht.

Besonders gut kenne ich die Firma Rütz und Söhne. Früher hat mir der alte Rütz ab und zu mal unter die Arme gegriffen, heute ist es eher umgekehrt. Seine beiden Söhne fahren ab und zu sogar für uns, weil das eigene Unternehmen nicht genug abwirft.

Rütz Senior ist jetzt 70 Jahre alt, aber immer noch fit, sitzt jeden Tag im Büro, obwohl er kaum einen Satz sagen kann, ohne anzumerken, daß er im Ruhestand ist. Seine Söhne sind ehrlich, fleißig und sehr bemüht, aber das Unternehmen ist einfach zu klein, um drei Familien zu ernähren. Deshalb schreinert der eine Rütz-Sohn noch Einbauküchen und der andere hat eine kleine Versicherungsagentur am Laufen.

Das Beerdigungsinstitut der Rütz-Familie liegt in einer dörflichen Gegend, so 35 Kilometer von uns entfernt, sie sind also keine direkte Konkurrenz. Ab und zu, wenn uns mal ein Anruf aus deren Bereich erreicht, schiebe ich den Auftrag zu Rütz & Söhne rüber, aber manchmal kommt es vor, daß zwar jemand im Rütz-Dorf verstorben ist, aber in unserer Stadt beerdigt werden soll.
Dann machen die Rütz‘ die Beratung und holen den Verstorbenen, bringen ihn dann zu uns und wir machen den Rest.

So war das auch neulich und wie immer hat alles wunderbar geklappt. Ich hatte der Firma Rütz auch noch den Sargverkauf überlassen, das hilft denen etwas weiter. Immer kann ich das auch nicht so machen, denn mein Unternehmen läuft zwar gut, aber man muß immer rechnen und auch bei mir ist der Monat immer viel zu schnell zu Ende. Als Bestatter sitzt du immer am ganz langen Ende der Wippe, so schnell wie es raufgeht, geht es auch runter. Man hat keinen Einfluß darauf, wieviele Aufträge kommen und der Teufel ist bekanntlich ein Eichhörnchen. Mal rappelt es wochenlang im Karton und man hat gut zu tun, dann können aber auch wieder Tage und Wochen ohne einen einzigen Auftrag kommen. Und man kann sich kaum vorstellen, wie sich diese Zeit ziehen kann. Löhne, Gehälter, Mieten, Abgaben, alles läuft weiter, abgebucht wird immer schnell und es kommt nichts nach. Da hat man immer mal wieder heftige Existenzängste, ob die nun ernsthaft zu begründen sind, lasse ich mal dahingestellt, sie kommen so oder so.

Kommen wir zurück zu Rütz & Söhne. Nach zwei Wochen fuhr ich zu den Leuten, die den Auftrag erteilt hatten, um noch irgendetwas zu klären.
„Der war aber sehr nett, der ältere Herr, der da die Beratung gemacht hat“, sagten die Leute und dann: „Vor allem weil er so eine lustige alte Reiseschreibmaschine mitgebracht hat.“

Tatsächlich rückt der alte Rütz mit einem dunkelbraunen Lederköfferchen an, in dem sich eine kleine Reiseschreibmaschine befindet. Die hat er dann auf dem Schoß und tippt alles ein. Richtig schön dreifach durchschreibend mit Kohlepapier.
Er findet das absolut richtig so, denn nur so habe er alles sauber aufgeschrieben, seine Handschrift könne sowieso keiner lesen und vor allem: er könne immer eine saubere Auftragsbestätigung an Ort und Stelle lassen.

Ich kauf mir trotzdem keine.
Gibt es eigentlich noch Schreibmaschinen? Die sind ja schnell aus den Läden verschwunden, nicht wahr? Heute schreibt wohl jeder nur noch mit PC und Drucker, oder?


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Lesezeit ca.: 5 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 28. Mai 2012 | Peter Wilhelm 28. Mai 2012

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27 Kommentare
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Tobias
15 Jahre zuvor

Ein Studienkollege hat vor einigen Jahren während des Surf-Campings eine Studienarbeit auf einer Reiseschreibmaschine geschrieben. Laptop hatte er keins, und das wäre am Strand auch diebstahlsgefährdet gewesen.
Nach der Reise hat er eine Texterkennung über die getippten Seiten laufen lassen – das Ergebnis war 1a.

Buchstabensalat
15 Jahre zuvor

Tja, wenn man sich mal überlegt, daß schon vor guten 100 Jahren Multifunktionsgeräte existierten, die Eingabe- und Ausgabeeinheit verschmolzen, absolut outdoortauglich waren und nur mit benutzererzeugter Energie arbeiteten… da haben wir noch einen weiten Weg vor uns mit den Lappis…

Salat

roichi
15 Jahre zuvor

….,also ja, es gibt sie noch.

15 Jahre zuvor

@roichi: Ja, keine Frage, aber so präsent wie früher sind die nicht mehr. Die Zeit der Schreibmaschinen ist vorbei, denke ich.

Lena
15 Jahre zuvor

Ja, die gibt es noch und werden zum Beispiel bei uns ganz altmodisch zum Adressaufkleber beschriften (etc) genutzt. Gerade auch von älteren Mitarbeitern.

Silvio
15 Jahre zuvor

Naja… Schreibmaschinen sind doch nun eigentlich wirklich reif fürs Museum, wobei ich es bei älteren Menschen verstehen kann. Der Herr Rütz ist es so gewohnt und mit 70 wird er sich auch bestimmt nicht mehr an einen Laptop gewöhnen wollen.. 😀 Würde ihm ja auch nichts bringen: Drucken könnte er damit ja nicht, es sei denn er schleppt Laptop und Drucker mit.

robertd
15 Jahre zuvor

Naja, wenn man unterwegs einen richtigen, nicht handgeschriebenen, Durchschlag will bleibt ja fast keine andere Wahl.
In Büros (bzw. dort, wo viele Lieferscheine zu drucken sind) gibts ja zu diesem Zweck noch Nadeldrucker, aber ob es die in Mobilausführung gibt wage ich zu bezweifeln.

Und mal ehrlich gesagt: Wenns ums Ausfüllen eines Formulars geht ist eine Schreibmaschine wohl die bessere Lösung als ein mobiles Büro mit Laptop und Drucker.

Ab und zu mal hier...
15 Jahre zuvor

Auch wenn ich zu Anfang meiner Dienstzeit vor 14 Jahren die „gute alte“ Triumph-Adler-Typenradschreibmaschine hassen lernte, kam es mir vor einigen Tagen doch etwas seltsam vor, als die letzten dieser Büro-Dinosaurier aus unserem Archiv (vornehmerer Ausdruck als Gerümpelkeller…) in einen Schrottcontainer gewandert sind – vielleicht bin ich da nur etwas nostalgisch veranlagt, aber irgendwie waren für mich diese alten Ungetümer schon ein wenig „Anstaltsgeschichte“…schließlich waren die Dinger älter als ich…

Allerdings möchte ich meinen Dienst-PC doch nicht mehr gegen diese Dinger eintauschen – so weit geht die Traditionsverbundenheit dann doch nicht – und selbst unsere „alte Garde“ unter den Kollegen arbeitet lieber mit EDV als mit Typenrad und Tipp-Ex…

aga80
15 Jahre zuvor

@Roberdt

OK du hast schon recht , denn so ein Nadeldrucker, hat da schon gewissen Vorteile und es gibt sie noch und auch noch zu kaufen , ABER man kann auch heute schon in vielen Arztpraxen ect. beobachten, das langasam , die Nadler , gegen Laserdrucker ersetzt werden .
Außerdem gibt es viele Formulare heute meist als Maske im Computer , sofern kann man sich da eine Menge Arbeit sparen,gegenüber einer Schreibmaschine.

Kerstin
15 Jahre zuvor

Solange einige Behörden immer noch Durchschläge und keinen 2. Ausdruck als Kopie akzeptieren, solange wirds auch Nadeldrucker geben.

Bestes Beispiel sind die schicken gelben Zettel. Ich wage auch mal zu behaupten, dass es kostengünstiger ist, via Nadeldrucker in einem Rutsch 3 Ausfertigungen zu drucken als einen Vodruck mit unterschiedlichen Formaten 3x rauszuhauen.
Auch weniger arbeitsaufwendig.

Das Problem ist, das die Bürokratie hinter der aktuellen Technik locker 10 – 15 Jahre hinterherhinkt. Wenn man das alles mal auf den Prüfstand stellen würde und mal gucken, was man überhaupt braucht, würde einiges wegfallen.

Aber wer traut sich schon daran, der noch alle 5 Sinne beisammen hat?

15 Jahre zuvor

Vor einiger Zeit mußten wir mal einen Vollstreckungsbescheid ausfüllen in der damaligen Firma. Das ging nur mit Schreibmaschine. Mit der Hand ausgefüllt wurde nicht akzeptiert. Zum Glück hatte ich da noch die „Carina“ in der Ecke stehen. Aber tippen könnte ich darauf heute auch nicht mehr, weil man schon einiges mehr an Schmackes in den Fingern haben muß. Durch die geschmeidigen LapTop-Tastaturen sind wir wohl etwas verweichlicht.

Exilsaarländer
15 Jahre zuvor

Ich habe das umgekehrte Problem erlebt.
Vor zwei Jahren habe ich versucht meine inzwichen über siebzigjährige Mutter, welche noch heute ihre sämtliche Korespondenz mit ihrer alten Triumpf-Adler erledigt, an eine PC-Tastatur zu gewöhnen.
nicht nur, dass sie die Tasten bei jedem Anschlag durch die Tischplatte hauen wollte, das Ergebnis sah eher sssooooo aaaaauuussss.

minibar
15 Jahre zuvor

Oha, die gute alte Schreibmaschine.
Übrigens, Prüfer der Rentenversicherungsanstalt, oder wie immer die sich inzwischen schimpfen, haben nicht nur Laptop dabei, sondern einen ganz kleinen Drucker. So einen kleinen habe ich sonst nirgends gesehen. Richtig Klasse.
Schätze 10 cm hoch und 15 cm tief. Und wirklich für DIN A4.

Neuer Leser
15 Jahre zuvor

Ich würde mir hier im Büro eine Schreibmaschine wünschen. Mein Chef ist auch noch von der ganz alten Schule und misstraut dem Onlinebanking, daher darf ich seine ganzen Überweisungen per Hand ausfüllen und das bei meiner „schönen“ Handschrift.

@tom: Sterben ist auch ein Saisongeschäft?

15 Jahre zuvor

Ohh, ich habe noch eine alte vollmechanische Reiseschreibmaschine oben auf meinem Bücherschrank geparkt. Man weiß ja nie, wann mal wieder interessante Zeiten auf uns zukommen…

MacKaber
15 Jahre zuvor

Hebt bloß die alten Schreibmaschinen auf.
Was machen wir denn, wenn im nächsten Weltkrieg ein riesiger Elektroimpuls alle Chips innerlich schmelzen lässt? Sollen wir dann etwa von Hand schreiben?

Udo
15 Jahre zuvor

@MacKaber: An wen denn? Ist doch keiner mehr übrig…

Philipp
15 Jahre zuvor

Probiert mal eine *neue* Schreibmaschine zu kaufen.
Praktisch unmoeglich.

Vater’s elektronische Typenrad gab vor einer Weile an demselben
den Geist auf und er wollte halt einfach eine neue kaufen.

Professioneller Buerohandel.. lautes Gelaechter. „Wenn Sie
Durchschlaege brauchen, haben wir hier Nadeldrucker“.

Aber ohne Computer? Keine Chance.

Er hat dann einen Spezialist gefunden, der fuer 150EUR/h sowas repariert. Rennt seitdem auch wieder wie ein „Raedchen“. Sollte bis zum Ruhestand reichen

Numanoid
15 Jahre zuvor

@Philip: Da wart ihr wohl im falschen Laden. Selbst bei Neckermann gibts noch Schreibmaschinen.

ToWi
15 Jahre zuvor

@18, Philipp: Brother stellt noch zwei (elektische) Schreibmaschinen her – und die sind auch eigentlich noch problemlos zu bekommen. Listenpreis knapp über 100 Euro.

Deneriel
15 Jahre zuvor

Die letzte Schreibmaschine hat man im Hof immer prima gehört, wenn der Kollege darauf rumgehackt hat. Das war auch der letzte Sachbearbeiter-Kollege ohne PC. Der ist vor 2 Monaten in Ruhestand gegangen, und seine Schreibmaschine – die hat er mitgenommen 😉

Ich glaube, in der Technik habe ich noch alles mitgenommen, wenn auch nicht im Tagesbetrieb. Mechanisch mit Typenhebeln, elektromechanisch mit Typenhebeln, Typenrad und Kugelkopf.

Es gibt übrigens von den üblichen Verdächtigen durchaus eine handvoll Kompaktdrucker die für den mobilen Betrieb mit dem Notebook ausgelegt sind. Teilweise gibt es die auch mit Akkubetrieb.
Wahlweise der ganze Koffer in dem unten die ganzen Netzteile drin stecken, der Deckel abnehmbar ist und sich darunter auf einer Grundplatte Notebook, Drucker und/oder Scanner befinden.
Es gab sogar mal von Canon Notebooks mit integriertem Drucker (!) Das war Mitte der 90er, ich habe die Dinger als 486er und Pentium 75 gesehen.
Natürlich sind die Geräte heute etwas kompakter und schneller, aber grundlegend Neu ist das alles nicht.

Numanoid
15 Jahre zuvor

@Daneriel: Diese mobilen Notebook-Drucker sind aber wirklich nur für Notfälle zu gebrauchen. Wirklich gute Ausdrucke sind damit so selten wie ein 6er im Lotto.

Mokantin
15 Jahre zuvor

Mobile Notebook-Drucker gibts doch schon seit 30 Jahren. Guckst du hier auf der aktuellen(!) Homepage von Ferno (ja, die machen die Rollwagen für Bestatter):
http://www.ferno.de/ger/index_pro_s.html

Man beachte die Hose des guten Mannes 🙂

Deneriel
15 Jahre zuvor

@Numanoid: So schlimm sind die auch nicht. Da hat sich in den letzten Jahren auch gut was getan. Natürlich sind das keine Fotodrucker, aber um unterwegs oder vor Ort normale Schriftstücke ausgeben zu können (z.B. eben Angebotsberechnungen, oder individuelle Verträge, eine küchenskizze oder was weiß ich noch alles) reichen die eigentlich aus.

Thomas
15 Jahre zuvor

Es gibt sie noch, die guten Dinge: Ein kleiner Nobelversand aus dem Ruhrgebiet bietet nach wie vor eine mechanische Reiseschreibmaschine an – zu einem angemessen gesalzenen Preis.

Blubber
14 Jahre zuvor

Meine Schwester hat um die Jahrtausendwende (+-2 Jahre) auf einer (elektrischen) Schreibmaschine das Tippen mit zehn Fingern erlernt (bei der Volkshochschule). Dort musste man eine solche haben, da damit einige Dinge nicht möglich sind, die man mit einem Computer machen kann (i. e. Verbessern).
Soweit ich mich erinnere konnte man sich auch eine leihen. Zu dem Zeitpunkt haben wir auch unsere mechanischen Schreibmaschinen, die immer noch/schon wieder irgendwo im Haus vergraben sind, herausgeholt: eine blaue, vermutlich aus den achtzigern und eine schwarze, die um einiges älter ist. Schreiben kann man mit beiden noch, so lange man ein Tonband (heißt das so?) findet.

Undertaker TOM
14 Jahre zuvor

Farbband.




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