Ganz viele Blogleser sandten mir Netzfunde über neapolitanische Pizzabäcker, die ihre Pizzaöfen angeblich mit dem Holz geraubter Särge befeuern.
Alle diese Netzfunde gehen auf eine einzelne Meldung der Nachrichtenagentur afp zurück, die sich wiederum auf die italienische Zeitung „IL GIORNALE“ bezieht.
Es heißt dort:
…dass hunderte Pizzerien ihre Steinöfen mit dem Holz von gebrauchten Särgen befeuern. Fast täglich würden Gräber auf den Friedhöfen der süditalienischen Stadt geplündert. Die Polizei vermute inzwischen, dass eine Bande die gestohlenen Särge an skrupellose Besitzer von Pizzerien weiterverkaufe, die sie als billiges Brennholz nutzten.“
Allerdings erhält man keine Informationen, warum in Neapel Gräber geplündert werden. Ist es kriminelle Raffgier und die Suche nach Schmuck und Wertsachen? Sind es abgelaufene Gräber?
Die gesamten Hintergründe bleiben unklar.
Ich bin bei solchen Meldungen, die keine weiteren Informationen hergeben, immer sehr skeptisch.
Das Thema Tod und Friedhof ist zu sehr dazu geeignet, irgendetwas sensationsheischend aufzubauschen.
Im Übrigen: ich kann auch bei „Il Giornale“ gar keinen Bericht dazu finden, aber vielleicht habe ich am falschen Tag in der Online-Ausgabe gesucht, aber auch im PDF ist kein Pizza-Sarg-Artikel zu sehen.
Haben wir schon wieder Sommerloch-Enten-Zeit?
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
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auch bin ich etwas skeptisch ob vermodertes Holz so gute Brenneigenschaften besitzt. Und ob hunderte Pizzerias davon heizen könne auch ^^.
Eine ähnliche Meldung (ebenfalls bezogen auf Neapel) kenne ich bereits von Ende der 1980er Jahre. Kann mich noch gut daran erinnern.
Es wurde auch ein sachlicher Hintergrund genannt. In Neapel soll auf den Friedhöfen chronischer Platzmangel herrschen. Also soll nach der kurzen Ruhezeit das Sargholz kaum vermodert sein und auf diese Weise endgültig verwertet werden. Mit einer „Plünderung“ von Gräbern soll das nichts zu tun haben.
Ob’s tatsächlich stimmt – keine Ahnung.
Luigi uno Pizza „Mobido“, per favore!
Die italienischen Friedhöfe sind in der Tat häufig recht klein und sehen immer voll belegt aus. „Hunderte“ von Pizzabäckern halte ich aber auch für übertrieben, selbst wenn der Hintergrund stimmen sollte. Anders gefragt: Was soll man denn mit dem Sargholz machen? Sinnlos verbrennen? Spanplatten herstellen? Ganz egal, welche Nutzung man dafür vorsieht, kann man das immer als pietätlos betrachten.
Also ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass es sich auch nur im entferntesten lohnen könnte Gräber zu schänden um das Holz der Särge zu verwenden.
Das erinnert mich in der Groteske ja schon fast an die Geschichte über die Morde wegen Körperfettraub, welche vor einiger Zeit durch die Presse ging und sich als Erfindung der dortigen Polizisten entpuppte, die damit von ihrer eigenen Unzulänglichkeit ablenken wollten.
Warum sollte ich eine Stunde lang in der Erde buddeln um dann eine Leiche am Hals zu haben. Und das alles für Ein paar Bretter Holz? Selbst, wenn ich die Särge vor der Bestattung stehlen würde, wäre es immer noch unglaubwürdig. Bretter und Panele sind zum Heizen eines Ofens nämlich denkbar ungeeignet. Die muss ich in schöne kleine Stücke zersägen, biss ich sie so schichten kann, dass sie eine ordentliche Verbrennung ergeben. Nochmal ein Haufen Arbeit. Und wenn ich schon Holz klaue, warum dann nicht bevor es zu Särgen gemacht wird.
Klingt schlichtweg nach Humbug.
Gruß
Joe
Das ist tatsächlich, um es mit Joe (#5) zu sagen, Humburg, der von irgendeiner Kompetenzattrappe erfunden wurde; nebenbei, [i]Il Giornale[/i] hat darüber nie etwas geschrieben.
Abgesehen davon, dass auch in Italien u. a. wegen der räumlichen Verhältnisse der Trend zur Feuerbestattung geht, wäre Sargholz viel zu feucht, um zum Anfeuern zu taugen. Man müsste es zwischen dem Ausbuddeln und dem Zersägen mindestens zwei Jahre lang trockenlegen, bevor es die Qualität einer durchschnittlichen Gemüsekiste hätte, die man auf dem Großmarkt sowieso nachgeschmissen bekommt.
Und dann fragt man sich, woher die immensen Mengen von Sargholz kommen sollen. Zwei bis drei Särge pro Schicht braucht der Pizzaiolo wohl, um den Ofen zu beheizen, das sind 20 Särge pro Woche, 1.000 Särge pro Jahr. Sterben in Neapel mehr Menschen, als in Italien leben? Und wo stapelt der Heizer eigentlich das ganze Sargholz, wenn er bemerkt, dass er (wie übrigens fast alle Pizzabäcker) seit Jahren ein gasbefeuertes Gerät benutzt und der Holzvorrat so sinnvoll ist, wie Leichenflecken wegzuscheuern?
Wenn die Zeitung voll wird, nennt man das Qualitätsjournalismus.
@Joe Nevermind(5):
[quote]Das erinnert mich in der Groteske ja schon fast an die Geschichte über die Morde wegen Körperfettraub, welche vor einiger Zeit durch die Presse ging und sich als Erfindung der dortigen Polizisten entpuppte, die damit von ihrer eigenen Unzulänglichkeit ablenken wollten.[/quote]
Das waren die Adipose. 😉
Die Meldung selbst ist mit ziemlicher Sicherheit eine Ente. Halb vermodertes Holz ist nicht gerade als toller Brennstoff bekannt. Die anderen sachlichen Unzulänglichkeiten der Meldung (Gasöfen, theoretisch benötignte Holzmenge etc.) wurden bereits genannt.
Jetzt weiß ich wenigstens, warum neapolitanische Pizza so unverwechselbar schmeckt. Das kriegen die hierzulande ja gar nicht hin! 😉
Ich denke das hat der Schreiberling missverstanden. In Wirklichkeit werden nicht zertrümmerte Särge verbrannt sondern der frische Sarg mit Leiche. In heutigen Zeiten muss man für Synergieeffekte sorgen und so kann man Krematorium und Pizzeria zusammenlegen.
Vermutlich gab es den Bericht am 1. April 18hundertdrölfzich.
Ich dachte bei diesem „Scherz“ sofort an Gruftgräber, von denen es in (Süd-)Italien nicht wenige gibt. Da sollte das Sargholz etwas besser konserviert sein…
…also gut brennbar, auch nach langer Liegezeit 🙂
Aber angesichts des Holzbedarfs müsste die Mafia (nicht die Bestattter, die normale *ggg) wohl schneller killen, damit die sargholzbefeuerten Pizzaiolos mit Sargholz so günstig grillen können.
Schon in Frankreich, und noch mehr in Italien, wird nicht in der Erde bestattet („begraben“ kann man da kaum sagen), sondern in einer Gruft. Der „Totengräber“ kommt denn auch nicht mit dem Bagger, sondern mit Hammer und Meißel, und nachher macht er mit Speis wieder zu. Denn natürlich hebt man nicht die teure Marmorplatte ab, auf der auch noch die ganzen Votivtäfelchen stehen, sondern macht vorn an der Oberkante ein Loch ins Mauerwerk, um den Sarg durchzuschieben.
Da gäb’s so ein paar lustige Sächelchen, die man als Pastor dabei erlebt, vom Sarg, der breiter ist als die Lücke in der Gruft, bis zum Arbeiter, der auf einmal aus der Gruft gesprungen kommt – der war unten und sollte den Sarg annehmen – und fragt, wo er den Neuankömmling denn nun hinstellen soll, auf die Oma oder auf den Opa.
Das Holz hält sich also offenbar recht lange… ist aber auch gut weggeschlossen, weil eingemauert.
Naja, aber vielleicht schmeckt es besonders gut?
Hmm – Sargholzofenpizza „Diavolo“! 😀