Oft haben die Angehörigen ja schon was für die Traueranzeige vorbereitet. Familie Simmer scheint ein etwas gestörtes Verhältnis zu ihrem Vater gehabt zu haben. Ihr Entwurf lautete:
Keiner war wie Du
und das ist gut so!
* 21. 08.1939 + 05.12.2007
Die Angehörigen
Ab und zu kommt es vor, daß Hinterbliebene in der Anzeige mit dem Verstorbenen abrechnen. Wir hatten auch schon einmal einen pensionierten Staatsanwalt, dessen Familie unbedingt geschrieben haben wollte: „Die personifizierte Arroganz ist tot!“
So schnell aus dem Bauch heraus werden viele vielleicht jetzt sagen, daß mir das ja egal sein könnte und man immer schön brav den Wunsch der Familien, sprich der Kunden, erfüllen soll.
Aber mit solchen Anzeigen habe ich meine Probleme. Es sitzt immer nur ein Teil der Familie bei mir, möglicherweise zwar die engsten Verwandten, aber eben nur ein Teil. Ich halte nichts davon, sich über einen Sterbefall innerhalb der Familie zu provozieren.
Deshalb versuche ich immer, die Auftraggeber in solchen Fällen zu einer weniger plakativen Ausdrucksweise zu veranlassen.
Aus dem „Keiner war wie Du, und das ist gut so!“ haben wir ein „Du warst sehr einzigartig!“ gemacht. Alle die Herrn Simmer kannten, wissen was gemeint ist und die anderen können nicht angestoßen sein.
Der Staatsanwalt bekam damals den Spruch: „Nach langem, auch durch die Familie ertragenen, Leiden ist Herr xxx von uns gegangen.“
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
Schlagwörter: simmer
Hmm, da nimmst du aber einer Riesengruppe die Chance ihre Sammlung zu erweitern… (siehe todesanzeigensammlung.de).
WIe gehst Du denn sonst mit individuelleren Todesanzeigen um? Grad aus Köln kenn ich das häufig dass da auch gern mal komischere Texte (sehr gern in Mundart) verwendet werden. Würdest Du da auch was gegen haben, oder nur bei eindeutig negativen?
*g* Der Spruch der Familie ist irgendwie gar nicht schlecht. den merk ich mir 🙂
Übrigens coole „Weiterlesen“Graphik 🙂
Ähnelt ihrgentwie einem „Arschgeweih“. 🙂
Ja, ich weiss schon, warum ich „dann“ keine Anzeige irgendwo will…
Unglaublich!
Natürlich, es gib echte, echte Ekel…
Aber nach dem Tod sollte man da doch etwas versönlicher sein..
Auch wenn das Datum anonymisert ist (1939) und damit sicher „nur so ungefähr“ stimmt – diese Generation hat schon was durchgemacht, da bleibt eben einiges hängen..
Viele Grüße
@hh: warum ist der text nicht „versöhnlich“. Man könnte es doch auch so verstehen:
Keiner war so wie du: Du warst einzigartig, etwas besonderes.
Und das ist gut so: Wir möchten auch nicht, dass noch jemand so ist wie du, weil du für uns der beste bist.
Sprache ist eben auch immer interpretierbar. Das gedruckte Wort gibt nicht die Intention wieder, die sich oftmals schon durch entsprechende Betonung verändern lässt.
Ich finde nicht, dass man nach dem Tod eines verhassten Menschen versöhnlich sein muss. Kann dem doch dann auch egal sein.
Von einem Grabkreuz(Tirol?):Hier ist des Müllers letzte Ruh der öfters Kinder,Frau und Orgel schlug!
Was meint der Spruch mit Orgel? Sicherlich nicht das Instrument, dass könnte ganz schön weh tun 😉
Jetzt hab ich den Spruch in allen Betonungsarten vielfach gelesen: Ich find ihn voll positiv in Ordnung und schaffe es nicht, etwas Negatives hinein zu interpretieren. Sorry, liest da jemand zwischen den Zeilen?
Eine Witwe hat die Verwandschaft ihres Mannes, mit denen sie sich überworfen hatte absichtlich geärgert und damit gebrüstet. Eine große Grabplatte. Zwei magere Zeilen mit Name und Datum. Darunter ganz viele Zeilen mit: Im Gedenken an IHREN Vater, IHREN Bruder und IHRE Mutter (die kurz vorher zehn Gräber weiter bestattet wurde).
die geänderte inschrift ist taktisch sehr gut. auch ich finde, dass man in so einer situation nicht „abrechnen“ sollte, sonder die zeit mit sicherheit hatte, dies vor dem ableben zu tun. hut ab, gut gemeistert!
Nirgends wird soviel gelogen wie am Grab, was ich mal wieder bestätigt sehe.
Wieso sollte man jemanden seine Untaten nach seinem Tod verzeihen? Wird das durch den Tod besser, haben die Hinterbliebenen auf einmal weniger ertragen müssen?
Ich finde, daß ruhig jeder wissen sollte, wer da im Grab vor einem liegt.
@Jule: im Musikerjargon ist „Orgel schlagen“ = „Orgel spielen“
Markus > Nirgends wird soviel gelogen wie am Grab
Richtig.
Es geht aber auch anders, zumindest indirekt: die Gelackmeierten (Pflichtigen, aber auch Pflichtteils-Erben) bezahlen die Friedhofsgebühren und machen dann nichts.
Der Fall: bombastisches Einbuddeln mit üppigsten Blumenarrangements, Kosten dafür in der Summe 4-stellig, vorne keine 2.
Der Verstorbene (hoher Manager, wie man an den Firmen-Schleifen (Plural) ablesen konnte) starb ungeschieden. Seine Frau und Tochter wollten nicht mehr als unbedingt nötig, seine Lebenspartnerin durfte nicht.
Folge: Stein- und damit Namenloses Wahlgrab-Rasenstück mit gelegentlichem Maulwurf-Aushub als Highlight.
Auch eine Form von Rache.
Komisch. Ich hab den Vorschlag der Angehörigen jetzt nicht auf den ersten Blick negativ interpretiert. „Das ist gut so“ hab ich positiv als Unterstreichen der Einzigartigkeit des Verstorbenen gesehen, und nicht im Sinne von „gut für den Rest der Welt“. In ein paar Worte passt halt schon viel rein. Und das ist gut so.
Wer meint, nach dem Tod soll man doch bitte versöhnlich sein – und damit den Angehörigen, die mitunter viel Leid erlitten haben, im Endeffekt auf noch den Schwarzen Peter zuschiebt – kann sich freuen, nie in einer solchen Situation gewesen zu sein.
Und dann gefälligst aufgrund Unwissenheit die Klappe halten. Eine Freundin wurde in ihrer Kindheit jahrelang misshandelt und als sie diesen Bastard nun endlich in die Hölle verabschieden konnte hat sich auch eine ganze Horde Gutmenschen gefunden, welche die Familiensituation nicht im geringsten kannten aber meinten, die Tochter für ihr unversöhnliches Verhalten verurteilen zu müssen.
Und auch ich werde dem Fährmann eine Extramünze geben um sicherzustellen, dass meine Mutter einen besonders warmen Platz bekommt. Denn der Tod macht es nicht einfacher sondern ist letztendlich nur ein anderer Weg aus der Verantwortung.
Etwas oder jemand kann nicht _sehr_ einzigartig sein. Entweder man ist einzigartig, oder man ist nicht einzigartig.
Ich denke, man darf ruhig einmal klarstellen, wie man zu der Person steht.
Wir, meine Schwester und ich, bereiten grade die Beerdigung für unsere Stiefmutter vor.
Mein Vater kann nicht mehr so.
Wir werden peinlichst darauf achten, dass nirgendwo eine Schleife auftaucht, mit „in Liebe S….. und K….“ oder „… unsere Mutti …“.
Auch werden wir dafür sorgen, dass der Pfarrer nichts dementsprechendes sagt.
Direkter werden wir nicht, da unser Vater sie geliebt hat.
Aber aufgrund meiner tollen Kindheit und Jugend kann ich alle Hassgefühle verstehen.
schön, wie du so alles unter einen hut bekommen hast – auch die, die ihrem ärger mit dem spruch luft machen wollten.
.~.
„Von einem Grabkreuz(Tirol?):Hier ist des Müllers letzte Ruh der öfters Kinder,Frau und Orgel schlug!“
Diesen Grabspruch und viele weitere dieser Art gibt es als Sammlung. Titel des Buches:
„Hier liegen meine Gebeine, ich wollt‘ es wären Deine.“ Grabinschriften für alle Fälle. Bd. 1
Nachschlag: „Die Welt ist ganz und gar verdorben, ich bin an einem Lebkuchen gestorben“ Teil 2
Total klasse, lustig und auch traurig…
Diesen „Friedhof“ habe ich auch schon in Natura gesehen. All die „Grabkreuze“ mit herrlich bissigen Sprüchen, nur daß drunter keine Leichen lagen. Echt originell!