Menschen

Und sonst?

Ich bin ja immer wieder auf’s Neue erstaunt, wie lange Frauen über nichts sprechen können.
Es mag wie ein Klischee klingen und es ist auch eines, aber neulich beispielsweise zog sich meine Frau mit dem Telefon in ein anderes Zimmer zurück, um mit einer Freundin zu telefonieren. Die beiden sprachen, das hörte ich noch beim Rausgehen, über Silke.

So eine gute Dreiviertelstunde später benötigte ich etwas aus dem anderen Zimmer und als ich hereinkam, hört ich immer noch den Namen Silke und es ging immer noch um die gleiche dramatische Frage, daß es für Silke ja neuerdings bei H+M auch nichts Passendes mehr gibt.

Nach anderthalb Stunden kam meine Frau mit dem Schnurlosen am Ohr wieder ins Wohnzimmer, um sich einen Keks aus der Schale zu nehmen und immer noch war Silke und ihr dicker Hintern das Thema.

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Männer können so etwas nicht!

Zum einen wüßte ich gar nicht, ob meine Freunde überhaupt einen Hintern haben; ich nehme mal an, daß es so ist, jeder hat ja einen, aber ob diese Hintern nun dick oder schlaff sind, das hat mich noch nie interessiert. Außerdem war es zwischen mir und meinen Freunden noch niemals ein Thema, ob es bei C&A sommergelbe Hemden gibt.
Für mich ist Sommergelb ohnehin keine tragbare Farbe, Dunkelblau, Grau, Schwarz und Braun, mehr Farben kenne ich gar nicht.

Wenn ich mal telefoniere, dann sind diese Telefonate kurz und prägnant. Neulich ruft mich beispielsweise Michael an, um mir seinen ganzen Scheidungsprozess zu erzählen. Sechseinhalb Minuten, viermal ‚Ja‘ gesagt, dreimal ‚Hm‘ und gut.

Meine Frau ging bald die Wände hoch. „Was hat Jutta angehabt? War der Neue bei der Verhandlung dabei? Wie hat sie geguckt? Wie hat er geguckt? Hatte sie wieder diese braune Handtasche von Golda Meir dabei? Oder wieder diese häßlichen Pumps mit der goldenen Schnalle?“

Ich guckte sie nur verständnislos an. Wayne?

Das Wichtigste am Gedankenaustausch zwischen Michael und mir war das Billardzimmer, daß er sich jetzt endlich einrichten kann. Sowas ist wichtig, aber doch nicht die Pumps der Geschiedenen.

Nur bei Rüdiger ist das anders. Irgendwie scheint sich bei im in vorgeburtlicher Zeit ein Gen verklemmt zu haben.
Zum Schwulsein hat es nicht gereicht, aber sein Telefonverhalten ist eindeutig weiblich.

Rüdiger ruft mich an und sagt dann: „Na?“

Wie ’na?‘?

Was soll ich auf sowas antworten? Was will der Mann von mir? Ich sag dann immer so etwas wie „Och jo“ und dann sprudelt Rüdiger los, erzählt mir alles was er in der vergangenen Woche gemacht hat, wo er überall war, den neuesten Tratsch aus seinem Umfeld und dann kommt sie, die Fragen aller Fragen: „Und sonst?“

Und sonst, was?
Er bringt mich dadurch in Zugzwang, will nun seinerseits von mir auch alles wissen, was ich gemacht habe, wen ich getroffen habe und was es Neues gibt. Zu diesem Zeitpunkt haben wir aber schon 15 Minuten lang telefoniert und mein Bedarf an Rüdiger ist telefontechnisch gedeckt.
Ich erkläre ihm, bei uns sei noch alles beim Alten und es gäbe nichts Neues. Die Kleine seit etwas krank, erwähne ich noch, um wenigstens irgendwas zu erzählen, und beende meine Kurzauskunft dann mit „Aber sonst gibt’s wirklich nichts Neues.“

Und was sagt Rüdiger dann?

Genau: „Und sonst?“

Mit diesem ‚und sonst?‘ nötigt er mich dazu, mich weiter mit ihm über Nichtigkeiten zu unterhalten, aber ich weiß keine mehr. Also fange ich an, das Ende des Gesprächs einzuleiten, bedanke mich für seinen Anruf und sage ihm, man könne ja demnächst mal wieder miteinander telefonieren.

Und was sagt er?

Richtig! „Und sonst?“

Ich werde ihn auf diese Weise nie wieder los und vor meinem geistigen Auge sehe ich mich schon, eingehüllt in Spinnweben, belegt mit einer zentimeterdicken Schicht von Staub, bis in alle Ewigkeiten auf ‚und sonst‘ antworten.

Da kommt mir dann aber doch die rettende Idee. Ich erzähle ihm von Silke, ihrem dicken Hintern und daß sie bei H+M nichts Passendes mehr findet.
Rüdiger ist ganz aus dem Häuschen und auf einmal hat er es eilig, ihm ist klar geworden, daß er sofort ein Dutzend anderer Leute anrufen und ihnen von Silkes Arsch erzählen muß.

Mir ist es egal, ich bin ihn los!

Und sonst?

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(©si)