Frag doch den Undertaker

Was ist eine Leiche?

In meinem Betrieb bilde ich Bürokaufleute mit Schwerpunkt Bestattungswesen (IHK) und Bestattungsfachkräfte (HWK) aus. In den betriebsinternen Schulungen wird zu Anfang oft die Frage gestellt: „Was ist eine Leiche?“

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In unserem Haus wird grundsätzlich der Begriff Leiche vermieden. Wir haben keinen Leichenwagen, sondern ein Bestattungsfahrzeug und im allgemeinen Sprachgebrauch gilt bei uns der Ausdruck „der Verstorbene“ oder „die Verstorbene“ als politisch korrekt. Angehörigen gegenüber sprechen wir ausschliesslich im persönlichen Bezug, sagen also „ihre Mutter“, „ihr Vater“, „ihr Nachbar“ usw. oder ganz einfach „Herr Müller“, „Frau Meier“.

Nach unserem Verständnis ist ein verstorbener Mensch nur so lange eine Leiche, wie keine Totenfürsorge stattfindet. Das kann der Zeitraum zwischen Eintreten des Todes und der Übernahme durch einen Bestatter sein, ist aber auch der Zeitraum nach der Bestattung.

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Rein rechtlich unterschiedet man hier die straf-, zivil- und ordnungsrechtliche Betrachtung:

Strafrecht

Laut Strafgesetzbuch ist die Leiche keine Sache, da auch über den Tod hinaus, die Menschenwürde eine Rolle spielt. Allerdings ist eine Leiche nicht eigentumsfähig. Das hat nichts damit zu tun, ob eine Leiche Eigentum haben kann oder nicht, sondern damit, ob eine Leiche Eigentum werden kann, und das kann sie nicht. Demzufolge kann man auch keine Leichen stehlen. Zumindest rein rechtlich nicht; hier handelt es sich allenfalls um eine Störung der Totenruhe.
Demnach können Ermittlungsbehörden Leichen auch nicht beschlagnahmen (da der Betroffene nicht in der Lage ist, Widerspruch einzulegen), sondern nur sicherstellen. (Nachtrag: siehe auch Kommentare)

Einen Sonderfall stellen hier Leichen dar, die für wissenschaftliche oder anatomische Zwecke Verwendung finden. Dies möchte ich aber in einem gesonderten Artikel mal behandeln.

Zivilrecht

Ander sieht das zivilrechtlich aus, hier gilt der Leichnam als Sache. Hieraus ergibt sich, daß man einen Besitzanspruch an einer Leiche haben kann, allerdings kein Eigentum! Ausnahme sind auch hier wieder Anatomieleichen. Hierüber sind sich die Juristen aber uneinig, da insbesondere die Verwendung von Anatomieleichen keiner gesetzlichen Regelung unterliegt.

Totenfürsorge

Die Totenfürsorge im rechtlichen Sinne haben die nächsten Angehörigen durchzuführen. Es gilt die Faustregel, daß diejenigen für die Totenfürsorge zuständig sind, die im Erbfalle die ersten erben gewesen wären. Sofern der Verstorbene nicht zu Lebzeiten feste Anweisungen für seine Bestattung gegeben hat, bestimmen diese sogenannten Bestattungspflichtigen auch, wie und wo der Verstorbene beigesetzt wird, allerdings haben sie auch die entsprechenden Kosten zu tragen. Um diese Kosten kommen sie auch nicht herum, wenn sie das Erbe ausschlagen, nicht unterhaltspflichtig waren oder etwa mit dem Verstorbenen zerstritten waren oder ihn gar nicht kannten.

In unserem Haus gilt die Regel, dass wir jeden Verstorbenen so behandeln, als handele es sich um unseren Vater oder unsere Mutter. Alle unsere Mitarbeiter sind um einen sehr fürsorglichen, respekt- und pietätvollen Umgang mit dem Verstorbenen bemüht. Dazu gehört, dass Verstorbene nicht ruppig oder grob angefasst und transportiert werden, dass notwendige Eingriffe und Behandlungen sorgfältig und so behutsam wie möglich durchgeführt werden, aber auch dass meine Mitarbeiter in allen Momenten da der Verstorbene unbekleidet vor ihnen liegt, der Schambereich durch ein Tuch bedeckt wird.
Man könnte ja meinen, dass das alles einem Toten egal sein kann, mag sein, uns ist das nicht egal.
Oberste Regel: Wir behandeln die Verstorbenen so, wie wir selbst gerne behandelt werden würden.

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