Frag doch den Undertaker

Würdelose Entsorgung?

orgel

Leider ist inzwischen vielen völlig unwichtig, wo ihre Verstorbenen bleiben. Hauptsache irgendwie unter die Erde und keine Arbeit damit. Denn, wem es wichtig ist was mit dem Verstorbenen passiert, der wird auch die für ihn passende, oder vom Verstorbenen gewünschte Form, wählen.
Es wird kein Mensch gezwungen „unwürdig“ zu bestatten. Für mich entstehen durch diese Kommunikation im Webblog folgende Fragen: Was ist unwürdig? Die Art der Bestattung oder die Haltung der Herzen (Menschheit) zu diesem Thema? Was ist Würde? Eine tiefe Empfindung oder eine Show?

Leider ist die Realität etwas anders.
Ich möchte diesen Kommentar „von hinten aufdröseln“.
Es kommt tatsächlich einzig und allein darauf an, was die Angehörigen im Herzen bewegen. Alles andere ist nur das Drumherum, das veranstaltet wird, um der leblosen Hülle oder dem letzten Häufchen Asche einen anständigen Abschied mit brauchbarer Endlagerung zu bescheren.

Ob die Asche nun in alle Winde verstreut wird, ob sie in einen Fluß geschüttet wird oder ob sie im Wald unter einem Baum vergraben wird, das alles spielt letztlich keine Rolle.

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Es ist auch egal, ob da viele oder wenige Leute dabei sind, ob es Blumen gibt, ob Musik gespielt wird und ob der Sarg nun aus billigem Nadelholz oder hochglanzpoliertem Mahagoni besteht.
Alles das spielt überhaupt keine Rolle, wenn die Art und Weise, wie eine Bestattung durchgeführt wird, in etwa das widerspiegelt, was sich der Verstorbene gewünscht hat/hätte und dem Genüge tut, was die Angehörigen benötigen, um die Zeremonie als würdevoll und angemessen zu empfinden.

Das bedeutet: Sofern sich Familien bewusst für etwas ganz Einfaches entscheiden, hat man das -auch als Bestatter- zu akzeptieren. Es gibt so viele Spielarten von Trauerbewältigung, da steht es Außenstehenden nicht zu, zu bewerten, was richtig oder falsch ist.
Das was bei den Leuten ein gutes Gefühl im Herzen hinterlässt, das war genau das Richtige.

Was dem einen als unwürdige Schnellentsorgung vorkommt, ist für den anderen absolut perfekt. Das was der eine als „schöne Leich'“ empfindet, also eine große, pompöse und oft auch teure Bestattung, das empfindet der andere als absolut übertriebene Verschwendung.
Nochmals meine Oma: „Der eine trinkt gerne Kaffee, der andere lieber Tee.“

Nun gibt es aber Fälle in denen jemand unter die Erde gebracht wird und bei denen ganz andere Hintergründe vorhanden sind, aus denen heraus es so gehandhabt wird, wie es dann gehandhabt wird.
Sei es, daß man auf diese Weise dem Verstorbenen noch einmal eins auswischen will, sei es, daß die eigenen finanziellen Mittel nicht ausreichen oder sei es, daß sich die Familie über die Art der Bestattung uneins sind. Außerdem gibt es noch die Fälle, in denen Billigbestatter den Leuten schlicht und ergreifend Schrott als Leistung verkaufen.

Ich will das anhand von ganz aktuellen Fällen schildern, die mir in den letzten Tagen von Lesern des Weblogs berichtet worden sind.

1. Fall:
Der Verstorbene war ein Despot, ein Familientyrann und hat Frau und Kinder psychisch und physisch zeitlebens unter Druck gesetzt. Für seine Beerdigung hatte er immer mal wieder hochtrabende Wünsche geäußert. Vom großen Chor bis hin zum einstündigen Requiem in der Domkirche und schwarzen Pferden vor einer historischen Leichenkutsche war alles dabei.
Überdies hatte er angeordnet, seine Frau und seine Kinder müßten, was überhaupt nicht mehr zeitgemäß ist -zumindest in den meisten Teilen Deutschlands- ein ganzes Jahr in Schwarz gehen und in diesem Jahr dürfe es in der Familie keine Geburtstags- oder Weihnachtsfeiern geben. Außerdem dürfe seine Frau nicht wieder heiraten (was die eh nicht vor hat, sie hat die Schnauze voll) und es dürfe im Trauerjahr weder ferngesehen, noch getauft, gezeugt oder in Urlaub gefahren werden.
Was hat er bekommen?
Die Tochter fragte im Namen der Witwe und der anderen Geschwister an, was ich dazu meine, wenn sie dem Vater einen anständigen, schnörkellosen Schlichtsarg kaufen, ihn auf dem Friedhof in einem Reihengrab mit kompletter Steinabdeckung beisetzen lassen und außer einer einfachen Trauerfeier gar nichts machen.

Jetzt muß man als Bestatter natürlich etwas aufpassen.
Es kommt nämlich, und das werden die hier mitlesenden Bestatter bestätigen können, nicht allzu selten vor, daß sich der Verstorbene urplötzlich in einen „ganz einfachen und schlichten Menschen“ verwandelt, „der sowas alles gar nicht haben wollte“, wenn die Angehörigen merken, daß das ein kleines Stück vom Erbe flöten geht, wenn sie dem Verstorbenen seine letzten Wünsche erfüllen.
Ich habe es selbst erlebt, daß ältere Menschen bei mir waren und sich nur mal erkundigen wollten. Sie haben dann im Gespräch genau gesagt, wie sie sich ihre Bestattung dereinst vorstellen. So einen dicken Sarg, wie der Opa mal hatte, ganz viele Blumen und eine schöne große Anzeige, damit auch alle Freunde kommen können; und natürlich einen ausgiebigen Leichenschmaus. Das Geld habe man schon seit Jahren genau für diesen Zweck zurückgelegt und ansonsten sei ja für die erben noch genug da.
Wenige Wochen später steht dann eine Tochter mit strichschmal zusammengepressten Lippen vor mir und erklärt, dieser Mensch habe ja unbedingt gewünscht, im einfachsten Verbrennersarg sofort ohne Feier eingeäschert und dann anonym beigesetzt zu werden. „Eine Überurne? Nein, die brauchen wir nicht, das wären ja 68 Euro zusätzlich, meine Mutter war eine ganz bescheidene Frau.“
Mutti hätte 8.000 Euro hingelegt, weil sie sich ein schönes Grab mit Stein gewünscht hätte.
Die Tochter zahlt dann 1.500 und Mutti kommt irgendwann im September im Morgengrauen mit 130 anderen Urnen irgendwo auf der Friedhofswiese unter die Erde.

Fall 2:
Es wird fälschlicherweise in den Medien gerne so dargestellt, als ob das jetzt, angesichts der Zahl der Hartz-IV-Empfänger und Arbeitslosen, fast schon die häufigste Variante sei: Das Sozialamt bezahlt eine angemessene, würdige und ortsübliche Bestattung.
Zwar ist die Zahl der Sozialbestattungen gestiegen, die häufigste Variante ist aber immer noch die klassisch bestellte und selbst bezahlte Bestattung. Viel zu groß sind die Hemmnisse, um vom Amt Geld zu bekommen, denn fast immer gibt es irgendeinen unter den Bestattungspflichtigen, der die Kosten übernehmen kann.
Aber es ist natürlich nicht von der Hand zu weisen, daß sich viele Familien nicht so eine Beerdigung leisten können, wie sie es vielleicht gerne getan hätten.
Ich bin aber der Meinung: Wenn man schon -aus welchen Gründen auch immer- auf die milden Gaben der Allgemeinheit angewiesen ist, dann darf man über das, was man dann bekommt, nicht auch noch meckern.
Lassen wir einmal die Ausrutscher, bei denen übereifrige Sachbearbeiter der Sozialbehörden zu viel sparen wollten, außen vor. In den allermeisten Fällen zahlt das Amt das absolut Nötige und das ist manchen Hilfeempfängern zu wenig.
Wie ich aber oben schon schrieb, kommt es nicht in erster Linie darauf an, was man macht, sondern wie man es macht. Und hier gibt es mannigfaltige Möglichkeiten, mit ganz wenig Aufwand und fast ohne Kosten auch aus einer Sozialamtsbestattung eine sehr würdevolle und feierliche Angelegenheit zu machen.
Mit preiswerten Blumen, Kerzen, Tüchern und einer selbstgebrannten CD mit den Lieblingsliedern des Verstorbenen kann man sogar am Grab, ohne das Kosten für die Trauerhalle entstehen oder im preiswert anzumietenden Saal der Kirchengemeinde eine schöne Trauerfeier organisieren.
Man hat so vieles selbst in der Hand, man muß nicht einfach nur das Einfache nehmen und dann sagen, daß das nicht genug gewesen sei.

Fall 3:
Die Familie ist uneinig über die Art der Bestattung und am Ende bekommt der Verstorbene mehr aus Verzweiflung 08/15 verpasst.
Eine Tochter will eine Feuerbestattung mit wenig Kosten, der Bruder möchte Erdbestattung, große Trauerfeier und Pomp.
Die Mutter hätte lieber eine Seebestattung und der Verstorbene wollte eigentlich in einen Bestattungswald.
Am Ende gibt es das, was am Ort die meisten nehmen: Erdbestattung, Reihengrab und genau der gleiche Grabstein wie nebenan…

Fall 4:
Komplettbestattung 799 Euro stand auf dem Schild des Billigbestatters und erst im Kleingedruckten offenbart sich, daß da noch hoheitliche Gebühren (Kremation, Ärzte, Urkunden, Grab) in Höhe von fast 2.000 Euro hinzukommen.
Da ist der Tote aber schon abgeholt worden und die Angehörigen haben nun die Wahl zwischen Teufel und Beelzebub. Entweder sie geben beim Billigbestatter unterm Strich mehr aus als bei einem ganz herkömmlichen Bestatter oder aber sie beißen in den sauren Apfel und sind mit der Verstreuung der Asche an einer tschechischen Krematoriumsmauer oder dem Verscharren in einem Schweizer Wald einverstanden…

Fazit:
Es gibt also offensichtlich viele Gründe, warum eine Bestattung sehr einfach gehalten wird oder werden muss. Aber es kommt, aus Sicht des Bestatters, nicht allein darauf an, wieviel Geld zur Verfügung steht, um eine würdevolle und schöne Trauerfeier zu gestalten. Ein guter Bestatter kann auch für Familien mit eingeschränktem Budget eine anständige Trauerfeier organisieren.
Wie dem auch immer sei: Letztlich zählt, was man im Herzen bewegt! Denn nur da „wohnen“ die Ahnen und nicht im Boden des Friedhofs.

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