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Beisetzungen am Samstag

Einmal im Monat kommt samstags immer die Reinigungstruppe. Normalerweise ist bei uns an Samstagen ja recht wenig los. Da bietet sich dieser Tag an, um anders als es die Putzfrau tut, richtig sauberzumachen. Im unteren Bereich, in den gekachelten Räumen, wird alles bis unter die Decke abgewaschen und desinfiziert. Oben im Trauerraum und in der Halle sind es vor allem Ecken und Kanten, die wahre Staubfänger sind.

Allerdings wird es immer schwieriger, den Samstagstermin zu halten. Wir sind derzeit die Einzigen, die auch samstags Trauerfeiern möglich machen können und hierfür ist ein wachsender Bedarf vorhanden. Auf den öffentlichen Friedhöfen wird streng nach Dienstvorschrift beerdigt. Von dann bis dann Feuerbestattungen, danach von dann bis dann Erdbestattungen und das von Montag bis Freitag. Wobei man dazu sagen muß, daß der Freitag nur halb stattfindet, aber kurz nach Zwölf geht da nichts mehr. Obwohl das in letzter Zeit etwas besser geworden ist, jetzt ist der offiziell letzte Bestattungstermin um 13.15 Uhr.
Dabei ist gerade ein Termin in der Nähe des Wochenendes aus verständlichen Gründen sehr beliebt.

Für unsere Samstags-Trauerfeiern kommen allerdings nur reine Abschiednahmen und Urnentrauerfeiern in Frage. Eine anschließende Beisetzung von Sarg oder Urne ist nicht möglich, auf dem Friedhof arbeitet ja keiner. Es ist nicht so, daß wir die Kunden zu diesen noch recht ungewöhnlichen Lösungen drängen, aber oft ist der Wunsch nach einem Samstagstermin so groß, daß sie ihre Prioritäten neu ordnen.

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Ungewöhnlich sind solche Abschiednahmen schon, wenn man bedenkt, daß bei 98% aller Trauerfeiern ja der Sarg vorne in der Kapelle steht. Ob der dann anschließend zum Grab geschoben oder ins Krematorium gefahren wird, ist eine andere Sache.
Der Wunsch nach einem besonderen Termin und die Abneigung gegen den doppelten Friedhofsgang bei den herkömmlichen Feuerbestattungen führen dazu, daß immer mehr Urnentrauerfeiern abgehalten werden. Hier wird nicht am Sarg Abschied genommen, der dann in Krematorium kommt und hinterher noch einmal auf dem Friedhof die Urne beigesetzt. Stattdessen bringen wir den Verstorbenen in das Krematorium einer Nachbarstadt, die einen besseren und schnelleren Service bietet. Dort können wir die Aschenkapsel schon nach 48 Stunden wieder abholen.
Nun findet nur noch ein einziger Termin statt. Alles ist eingerichtet wie bei einer ganz normalen Beerdigung, der einzige Unterschied liegt darin, daß nicht der Sarg, sondern die Urne von der Trauergemeinde zum Grab begleitet wird.

Hier hätten wir nun gerne mehr Flexibilität. Wir würden uns wünschen, daß wir wenigstens das Einstellen der Urne in die Urnenwand des Friedhofs selbst vornehmen dürfen, dann könnten wir samstags noch mehr und noch bessere solche Trauerfeiern anbieten.
Die Dienstzeiten des Friedhofs zwingen uns aber dazu, daß wir bislang die Trauerfeier immer am Sarg bzw. an der Urne beenden mussten und eine Beisetzung erst in der darauffolgenden Woche passieren konnte.

Gemeinsam mit zahlreichen Angehörigen haben wir das Ganze über Monate analysiert. Dabei kam heraus, daß eine Abschiednahme für sie dann perfekt ist, wenn der Sarg oder die Urne versenkt werden. Wohin, das spielt für die Menschen keine Rolle. Darüber war ich ziemlich erstaunt, hatte ich doch angenommen, daß der letzte Akt dieses symbolische Zuschaufeln des Grabes sei und eine besondere Bedeutung für die Trauernden habe.
Was die Leute mir sagten, passte aber auch zu einer häufig in Kundengesprächen gestellten Frage, nämlich der Frage danach, ob der Sarg bei der Trauerfeier zu einer Feuerbestattung „nach unten fährt“. Bei den meisten Trauerfeiern ist das hier in der Gegend aber nicht der Fall. Nur in einer Stadt um Umkreis gibt es ein Krematorium mit Feierhalle wo das so ist.

Nun haben wir, diesem Kundenwunsch folgend, bei einer Schlosserei vor einigen Monaten ein Sargabsenkungsgerät und bei einer Schreinerei einen Urnenschrein in Auftrag gegeben. Beides ist im Verlaufe der vergangenen Woche geliefert worden.

Was ich hier als Sargabsenkungsgerät bezeichne ist im Grunde genommen nichts weiter als ein etwas größerer und höherer Sargwagen. Er ist ringsherum mit schwarzem, schwerem Stoff verkleidet. Wenn die Trauerfeier zu Ende ist, kann der Sarg langsam in den Rahmen des Wagens abgesenkt werden, während die Umrandung mit dem Stoff noch ein kleines wenig nach oben fährt, was man aber nicht wahrnimmt. In jedem Fall ist der Sarg dann völlig verschwunden und den Blicken der Trauergäste entzogen.
Dieser Vorgang, unterlegt mit der passenden Musik, löst sicherlich heftige Emotionen aus und könnte ein Ersatz, für die an diesen Tagen nicht mögliche Beisetzung des Sarges sein.

Der Urnenschrein ist im Wesentlichen eine Säule von etwa 1,50 m Meter Höhe mit einem entsprechenden Kasten obendrauf. Hier wird zum Ende der Zeremonie die Urne vom Urnenständer genommen und in den Kasten gestellt, der dann mit zwei kleinen Flügeltüren verschlossen wird.

Wir sind sehr gespannt darauf, wie beide „Erfindungen“ von den Angehörigen angenommen werden. Jedenfalls hoffen wir, daß wir dadurch mithelfen zu können, für die meisten Trauergäste einen Schlußpunkt setzen zu können. Ob dann später noch eine Beisetzung von Sarg oder Urne im engsten Familienkreis auf dem Friedhof stattfindet, ist eine andere Sache.
Aber auf diese Weise können die Trauergäste auch am Wochenende an einer Zeremonie teilnehmen, die einen würdigen Abschluß findet.


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Lesezeit ca.: 6 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 20. Oktober 2007 | Revision: 28. Mai 2012

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17 Jahre zuvor

Kleine Frage am Rande: Warum kommt es eigentlich dazu, dass die Leute es als ansprechend finden wenn der Sarg "unter der Erde verschwindet"?! Ist nach der christlichen Mythologie (*hust*) es nicht so, dass die Hölle unterhalb von uns ist? Würde das nicht heissen, dass die Leute froh sind, wenn der Körper endlich unter der Erde und somit in der Hölle ist? O.o Oder ist das der Gedanke des "Asche zu Asche, Staub zu Staub", dass man zu dem zurückkehrt was man früher mal war?

17 Jahre zuvor

Sehr schön!!

Da habt ihr euch ja wirklich Gedanken gemacht und eine sehr gute Lösung gefunden.

Seit ich hier lese, wird mir zunehmend und immer schmerzlicher bewußt, wie "arm" unsere (Familien)Beerdigungen (zwei seit 2000) abgelaufen sind! Der Küster hatte vergessen die Glocken zu läuten (dreimal im Abstand von 30 Min.!!), was dem Bestatter garnicht auffiel ….. und die Pfarrerin kam erst in allerallerletzter Minute, nachdem der Bestatter sie angerufen und an die Beerdigung erinnert hatte!

Darüber rege ich mich heute noch tierisch auf! Wenn es nach mir gegangen wäre, wäre diese Beerdigung abgesagt und auf den nächsten Tag verschoben worden …. aber ich wurde überstimmt ….

Grüßlis zauberhexe

Hojojutsu
17 Jahre zuvor

@Tom

Hast Du für den Wagen und den Schrein ein Patent bzw. Geschmacksmusterschutz o.ä. beantragt? Sonst macht ein anderer damit richtig fett Kasse. Der Bedarf ist garantiert da!

gruftigirl
17 Jahre zuvor

@Tom

Hier an dieser Stelle mal wieder eine Frage:

Stimmt das, daß Leichenwagen nach JEDEM Einsatz desinfiziert werden müssen? Wenn ja, wie sieht das aus und wie lange dauert das denn?

toneum
17 Jahre zuvor

@Hojojutsu: Also zumindest das "Absenkungsgerät" gibt es sicherlich schon zu kaufen und wenn ich das richtig interpretiere, hat auch Tom eines erworben.

Auf jeden Fall hab ich am Montag auch hier eines im Betrieb beobachten können. Sah allerdings nicht wie ein Sargwagen aus, sondern eher wie ein Grab. Sarg fuhr nach unten und ne halbrunde Marmorplatte schloss sich darüber.

Mac Kaber
17 Jahre zuvor

Um verkrustete Kommunale Strukturen lösen zu können, müssten die Friedhofsverwaltungen auch liberalisiert und auch Freitagnachmittag und am Samstag gearbeitet werden. Und siehe da, auf einmal klappts mit dem Service. Nur schade, daß da verdi nicht mitspielt.

Stellt Euch vor, die Strassenbahn und der Bus fährt nur Mo-Fr von 7:00 bis 15:30 Uhr. Die Leute haben da genug Zeit gehabt zum herumfahren. Gleiches recht für Alle!

Hannes
17 Jahre zuvor

Wie? Keine Beisetzung am Samstag? Selbst in meinem ehemaligen Wohnort mit 5000 Seelen ist das voellig normal. Aber vielleicht ist Ostdeutschland ja da doch sehr anders. 😉

IngoH
17 Jahre zuvor

Wahrscheinlich ist das gerade in den kleinen Gemeinden sehr viel einfacher möglich.

In dem Dörfchen, wo ich wohne (btw. ganz im Westen, auf dem "erzkatholischen" Land), scheitert ein Samstagstermin für die Beerdigung allerhöchstens daran, dass der Pastor (der mehrere Kirchengemeinden betreut) für diesen Tag schon ausgebucht ist.

Für unsere Gemeindearbeiter ist es dagegen nichts außergewöhnliches, wenn alle paar Wochen einmal samstags ein Grab auszuheben bzw. zuzuschaufeln ist.

matze
16 Jahre zuvor

Bestatter sind ein Übel! Die wenigstens scheren sich um den Toten. Ganz einmal davon abgesehen, ob am Samstag beerdigt wird oder nicht. Was stört das schon. Die meisten sind absolute handwerkliche Nieten. Eine Schande für die Toten…




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