Es gibt da immer einige betretene Mienen, wenn zwischen der Todesnachricht und der Trauerfeier mehr Zeit als üblich vergeht.
Man ist es aus vielen Regionen der Republik gewöhnt, daß die Beerdigung binnen drei oder vier Tagen erfolgt und längstens eine Woche vergeht.
Am Freitag hatten wir eine Urnentrauerfeier. So stand es auch in der Todesanzeige in der Zeitung:
Die Trauerfeier mit anschließender Urnenbeisetzung findet am … statt.
Normalerweise kapieren die Trauergäste das und wissen: Aha, derjenige ist erst eingeäschert worden und jetzt wird die Urne beigesetzt.
In diesem Fall aber haben die vorwiegend älteren Leute das zum größten Teil nicht kapiert, was wohl unter anderem auch daran lag, daß die Witwe immer von „Beerdigung“ gesprochen hatte.
Bevor die Trauerfeier losging, standen die Trauergäste in der Vorhalle beim Kondolenzbuch beisammen und begannen nun ihre diversen Mutmaßungen weiterzuspinnen.
Eine kleine grauhaarige Frau meinte flüsternd: „Der soll sich ja umgebracht haben, deshalb hat’s solange gedauert mit der Beerdigung.“
Ein großer schwitzender Mann wußte es besser: „Nein, der war beschlagnahmt. Ich will ja nichts behaupten, aber so ganz koscher soll sein Tod nicht sein.“
Der Nächste, ein Schäfer-Heinrich-Typ schoß den Vogel ab: „Ich hab ja gehört, der soll zerstückelt gewesen sein und den mußten sie erst wieder zusammennähen!“
„Auf jeden Fall ist es schon seltsam, daß es mehr als zehn Tage gedauert hat. Da ist was nicht mit rechten Dingen zugegangen“, wußte eine dünne Rothaarige.
„Also mir ist gesagt worden, der sei schon ganz verfault gewesen und mußte erst eingelegt werden“, meldete sich eine kleine Fettleibige in Mottenpulver-Persianer.
Dann drehten sie sich alle gemeinsam zu mir um, ich stand nur wenige Schritte entfernt und schaute gerade nach dem Kondolenzbuch. „Sagen Sie doch mal was!“ forderte mich die Persianer-Tante auf.
Ich schaute mich vorsichtig um, erst nach links, dann nach rechts und mit dem Zeigefinger bedeutete ich den alten Eulen, etwas näher zu kommen. Neugierig schloß sich der Kreis um mich und begierig, etwas Neues zu erfahren, beugten sie ihre Köpfe vor, reckten ihre Hälse.
Nochmals mit Verschwörermiene in alle Richtungen schauend, senke ich die Stimme und sage: „Es ist ja noch viel schlimmer.“
„Nein!“, entfährt es der Rothaarigen und Schäfer Heinrich brummelt: „Hab ich’s doch gewußt.“
„Also“, sage ich: „ich habe gehört, daß er sogar verbrannt worden ist und man seine Knochen zerstoßen hat!“
„Nein!“ „Oh!“ „Mein Gott!“ „Meine Güte!“
Schnell entfernen sich die Leute, man muß die grausame Wahrheit ja unter den anderen Neugierigen verbreiten.
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
Schlagwörter: grausame, wahrheit
Tja, die Wahrheit ist immer am schlimmsten!
Meine tägliche Lachminute hab ich jetzt zumindest, THX!
ROFL….
You made my day!
Phantastisch!!! Ich bewundere Deinen Humor! 🙂
„…den alten Eulen…“
Einfach genial! Ich sehe sie direkt vor meinem geistigen Auge… *tränenwisch*
Ach komm, du wolltest bloß, dass sich eine von den alten Eulen so sehr erschreckt, dass sie zusammenbricht und du den nächsten Auftrag in der Tasche hast! 🙂
Sehr schön! Vielen Dank für diesen schönen Lacher!
loool !!!
Wunderbarer schwarzer Humor 😀
@ Webmaster: Kriegt ein Blogrtikel am Nikolaustag eigentlich Nikolaustags 😀
Ach du lieber Gott, auf was für welche Ideen die Leute bei sowas kommen. Das regt wahrscheinlich richtig die Fantasie an wenn sowas nicht so ganz klar ist. Ich kann mir das gar nicht so richtig vorstellen^^
Danke! Du hast meinen (tristen) Tag gerettet! Sehr köstlich!
Herzlichen Dank! Ich sehe wie der Zeigefinger winkt, wie bei der alten Hexe aus dem Lebkuchenhaus! Wie alle zu Dir schleichen und gespannt horchen.
[size=100][color=red][b]Köstlich, ich liebe diesen Blog zu sehr.[/b][/color][/size]
Sehr genial *rofl*
Psychisch, auf was für einen Mist die Leute so kommen.
Sche…
Es ist 07:40 morgens, ich habe gerade eine Website für einen Kunden fertig gebaut und nun wollte ich „nur mal schnell“ schauen, ob es hier was neues gibt.
Ich glaube, jetzt ist das ganze Haus wach … kannst mich doch nicht solche Dinger lesen lassen, wenn andere noch schlafen…
ui ui ui.
Wetten, der arme Tote hätte sich dabei auch noch ein Sonnenbrand geholt, wäre er noch am Leben gewesen 😉
Aber das die den Spruch nicht gecheckt haben, obwohl die Urne ja sicher nur ein paar Meter von denen weg stand und ja quasi Mittelpunkt der Feierlichkeiten war…
Tom, das hast Du doch nur erfunden? Ich glaube doch, dies widerspricht doch Deiner Ethik Deinen Kunden – hier den Angehörigen des Toten – gegenüber?
Aber es stimmt: Es ist interessant, wie Leute reagieren können :-/
Gruss aus der Schweiz…
@kblog: Es handelte sich nicht um Angehörige, sondern um Leute hier aus dem Vorort, die jeden kennen, bei jedem Nachbar sind und bei fast jeder Beerdigung anwesend sind.
Tom, Klasse du läufst zur Hochform auf. Ja diese Gaffer! AAAber, du schaust auch Bauer sucht Frau und outest dich auch. Luschtig.
Das hast Du jetzt etwas falsch verstanden – denn die Angehörigen werden das wohl ebenfalls mitkriegen. Ich weiss schon, dass das nicht Angehörige selbst waren, denen Du das „Gerücht“ unter die Nase gestreut hast, aber am Ende sind es auch die Angehörigen, die so etwas erfahren werden.
ja, sehr schön!
wobei ich die Variante von wegen verfault und eingelegt auch sehr nett finde.
so in Öl mit Knoblauch und Oliven.
🙂
„Schäfer-Heinrich-Typ“
Was/wer bitte ist das denn?
Das ist so wahnsinn, was hier täglich neues steht. Die Story erinnert mich an meinen kleinen Heimatort. Dort kocht auch stetit die Gerüchteküche….
So ist’s recht. Immer schön bei der Wahrheit bleiben. Das schafft Vertrauen.
Die Wahrheit ist fast immer grausam, aber trotzdem ziehe ich sie vor! whatever… Die Geschichte ist richtig humorvoll! Danke! 🙂