Frag doch den Undertaker

Erbe ausschlagen, wer hilft?

Hallo Tom,

zuerst vielen Dank für Deine informativen und lustigen Artikel. Ich habe ein paar Informationen gefunden, die ich gesucht habe, würde aber gerne noch Einzelheiten klären.

Nun meine Frage:
Meine Großmutter wird vermutlich bald sterben (eigentlich mag ich gar nicht dran denken).
Durch einen schlechten Investment-Tip hat sie aber Schulden, die weder mein Vater noch ich übernehmen können. Sie hat keinerlei Vermögen mehr, nur die Dinge in Ihrer Wohnung, darunter auch nichts wertvolles. Die nächsten Angehörigen sind dann ihre Geschwister.
Falls es wichtig ist: Meine Großmutter wohnt in NDS, mein Vater in B und ich in BY.

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1. Wer muss alles das Erbe ausschlagen, damit er die Schulden nicht übernimmt? Mein Vater und ich sind mir klar. Aber was ist mit meiner Tochter und den Geschwistern meiner Oma oder sogar ihre Cousinen? Wie weit verfolgen die Behörden die Erbfolge?

2. Ist es richtig, das mein Vater sich um die Formalitäten nach dem Tod kümmern muss, auch wenn er das Erbe ausschlägt? Wenn er dann die Wohnung auflöst, könnten wir dann Erinnerungsstücke behalten, auch wenn wir das Erbe ausgeschlagen haben?

3. Wer außer Dir könnte uns weiterhelfen?

Danke und viele Grüße,
M.

Es ist immer so, daß das Ausschlagen des Erbes nicht vor der Bestattungspflicht schützt. Die für die Bestattung anfallenden Kosten müssen die Bestattungspflichtigen trotzdem übernehmen und sich auch um die Bestattung kümmern.

Innerhalb von sechs Wochen muss beim Nachlassgericht das Erbe ausgeschlagen werden. Danach tritt das jeweilige Bundesland (der Fiskus) als Erbe ein. Ihm gehören dann auch alle verwertbaren Gegenstände des Erblassers.

Normalerweise hat der Fiskus aber kein Interesse an persönlichen Erinnerungsstücken von geringem Wert, z.B. Fotos.
Auch die Wohnungsauflösung und die Folgekosten (Entrümpelung, Haushaltsauflösung, Restmiete bis zum Ende der Mietlaufzeit, Forderungen von Versorgungswerken) fallen in den Bereich des erben, also des Fiskus.

Man kann nicht als Erbe, der das Erbe ausgeschlagen hat, den Haushalt auflösen und den Rest dem Fiskus überlassen.

Sehr einfach gelangt Ihr an alle benötigten Informationen, wenn Ihr einen Rechtspfleger beim Nachlassgericht des zu erwartenden Sterbeortes anruft. Dort kann man Euch direkt sagen, wie das in der jeweiligen Stadt gehandhabt wird.
In jedem Fall würde ich mir schriftlich bestätigen lassen, dass keine Einwände gegen die Mitnahme von Erinnerungsstücken von geringem Wert bestehen. Diese würde ich jetzt schon genau auflisten.
Dort erfahrt Ihr auch, wer alles für das Nachlassgericht als möglicher Erbe in Betracht kommt und wer demnach das überschuldete Erbe ausschlagen muss.
Das Aufsuchen eines Anwalts zu ersten Klärung solcher Dinge kann weder schaden, noch ist es teuer.
Hüten würde ich mich vor Frage-und-Antwort-Portalen im Internet. Fragt lieber einen Fachmann!

Übrigens: Vielleicht hat die Großmutter dem Vater aber auch schon einiges vor vielen Jahren geschenkt…


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Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 23. Februar 2012 | Revision: 30. Mai 2012

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Stefan
12 Jahre zuvor

Irgendwo in den dunklen Tiefen meines Hirns schwebt da der Gedanke, dass man das Erbe annehmen kann – aber irgendwie derart begrentz, dass man nur in Höhe des Nachlasses haftet, jedoch nicht Schulden übernehmen (und aus eigenen Mitteln abtragen) muss.

Weiß da jemand genauer Bescheid?

Rolf
12 Jahre zuvor

Eine sehr kompetente und gut durchdachte Antwort.
Besonders gefällt mir, daß Du Deine Erfahrungen und Deine Sichtweise mit uns teilst, aber immer den Rat mit dem Anwalt oder Experten anfügst.
Die Fälle sind ja oft so unterschiedlich.
Ein Grund warum ich dem Blog hier so liebe.

Tzosch
12 Jahre zuvor

[quote=“Stefan“]Irgendwo in den dunklen Tiefen meines Hirns schwebt da der Gedanke, dass man das Erbe annehmen kann – aber irgendwie derart begrentz, dass man nur in Höhe des Nachlasses haftet, jedoch nicht Schulden übernehmen (und aus eigenen Mitteln abtragen) muss.

Weiß da jemand genauer Bescheid?
[/quote]

Das nennt sich Beschränkte Erbenhaftung
[url]http://de.wikipedia.org/wiki/Beschränkte_Erbenhaftung[/url]

Würde diesbezüglich mit einem Fachmann sprechen!

12 Jahre zuvor

Es ist wohl (teilweise) so üblich, dass nach den direkten Erben vom Amtsgericht auch die entfernteren Erben angeschrieben werden. Sprich nach den Kindern werden die Enkel angeschrieben (Eltern können für ihre minderjährigen Kinder das Erbe direkt mit ausschlagen) dann die Cousins, Cousinen, Onkels, Tanten und so weiter. Wer halt noch lebt. So wars zumindest bei uns

Christians Ex
12 Jahre zuvor

@Blogolade,
so wars auch bei uns. Das Erbe irgendeiner entfernten Tante wurde buchstäblich durch die Famile durchgereicht, und irgendwann wurde ich dabei auch mal vom Amtsgericht angeschrieben. Das kann man in Ruhe abwarten und dann ablehnen.

IANAL
12 Jahre zuvor

Interessierte Nachfrage: Was macht eigentlich ein Erbberechtigter, dem es an ausreichenden Informationen über den Wert und die Schulden des Nachlasses mangelt? Welche Möglichkeiten hat er, *vor* der Entscheidung über die Annahme des Erbes sich Klarheit zu verschaffen?

Wolfram
12 Jahre zuvor

Als mein Großvater starb, gab es die folgende Regelung: wenn der Erbe von „neuen“ Schulden erfährt, die bisher weder ihm noch dem Nachlaßverwalter bekannt waren, dann setzt das die Frist zum Ausschlagen des Erbes neu in Gang.
Ich weiß aber nicht, ob das noch gilt; das Grab ist schon eine Weile „abgelaufen“.

12 Jahre zuvor

Nr.6/IANAL: Soweit ich mich erinnere, stand im Brief vom Amtsgericht drin, dass es sich um eine Erbschaft von Schulden (bzw in unserem Fall von einer Bürgschaft) handelt.

Mahariel
12 Jahre zuvor

Ich kann mich an einen ähnlichen Fall aus meiner Familie erinnern. Der Vater meines Vaters (ich kannte ihn nie, mein Vater wohl noch weniger) verstarb und hinterließ Schulden. Das Amtsgericht hat die komplette Familie, jeden, der auch nur im entferntesten mit diesem Mann verwandt war angeschrieben und aufgefordert das Erbe entweder anzunehmen oder auszuschlagen. Wäre also durchaus sinnvoll auch weiter entfernte Verwandte darüber zu informieren…

Mialine
12 Jahre zuvor

Es gibt da auch die Möglichkeit einer Nachlassinsolvenz. Kann man beim zuständigen Notar und Amtsgericht erfragen.Ich kenne das aus dem Bekanntenkreis ist anscheinend nicht sehr bekannt aber funktioniert.

anonym
12 Jahre zuvor

Als erstes würde ich nicht zum Anwalt gehen! Als erstes würde ich mich mal selbst informieren, und zwar durch entsprechende Literatur, denn die gibt es ja im Buchhandel. So eine Broschüre zum Erbrecht, für den normalen Bürger geschrieben, kostet ja weniger als 20 Euro! Da steht recht klipp und klar drin, wer die Erben sind (und damit auch, wer nicht) und was man tun bzw. unterlassen sollte als Betroffener. Dadurch kann man sich den Gang zum Anwalt vmtl. sparen!

Und völlig richtig ist natürlich, daß sich jemand der engeren Familienangehörigen dann um die Bestattung kümmern sollte. Da besteht mindestens eine moralische Pflicht. Denn die Bestattung hat mit einer Erbschaft, ob angenommen oder ausgeschlagen, direkt überhaupt nichts zu tun.

Kate
12 Jahre zuvor

Ich hatte im Freundeskreis vor einiger Zeit einen ähnlichen Fall – und Toms Hinweise decken sich mit dem, was ich damals mitbekommen habe. Damals hatten die näheren Verwandten direkt beim Nachlassgericht das Erbe ausgeschlagen, woraufhin der Reihe nach ziemlich viele entferntere Verwandte vom Gericht abgeklappert wurden. Als wichtigsten rechtlichen Hinweis habe ich noch in Erinnerung, dass man in keinem Fall nach dem Todesfall auch nur Kleinigkeiten aus der Wohnung mitnehmen dürfe, weil man damit signalisiert, das Erbe angenommen zu haben. Von daher erscheint mir Toms letzter Satz besonders interessant 😉

Manfred Anderl
6 Jahre zuvor

Ein Neffe meiner Frau ist im Sommer 2017 in einem anderen Bundesland verstorben, hatte aber nur Schulden.
Seine Mutter und seine Geschwister haben schon ausgeschlagen.
Nun wurde meine Frau vom Nachlassgericht angeschrieben. Sie schlägt natürlich auch aus. Das ist Aufwand und kostet Geld, denn die Unterschrift muss vom Notar oder dem hiesigem Gericht beglaubigt werden. Ich rechne mit min. € 30,–.
Das Gericht hat dann gleich mit reingeschrieben, sie solle für minderjährige eigene Kinder mit ausschlagen oder, wenn volljährig, deren Adresse angeben.
Ist man dazu überhaupt verpflichtet, diese Adressen anzugeben?
Wann und nach welchem Verwandtschaftsgrad hört da die Suche auf ?
Da meine Frau drei Geschwister hat, müssten die doch zuerst gefragt werden, bevor unsere Kinder gefragt werden. Die haben aber noch nichts bekommen und meine Frau ist auch nicht die Älteste in Ihrer Familie.




Rechtliches


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