Menschen

Es geht eine Träne auf Reisen

Kennt noch jemand Salvatore Adamo? Mit etwas heiserer und hoher Stimme sang der Belgier dereinst so unvergessliche Lieder wie „Es geht eine Träne auf Reisen“. Alles Geschmacksache. Aber dieser Salvatore ist, neben dem berühmten Pizzabäcker aus „Ein Herz und eine Seele“ der einzige Salvatore, der mir spontan einfällt, wenn ich das Nachfolgende erzählen will.

Es geht um Frau Küppers. Sie selbst hat mit der Sache, ebenso wie Salvatore Adamo, nur sehr wenig zu tun, sie ist in erster Linie mal tot und schon allein deshalb recht unbeteiligt. Das ändert aber nichts an der Tatsache, daß man der alten Dahingeschiedenen noch erhebliche Aufmerksamkeit beimißt, vor allem weil sie im Sauerland ein Jagdhaus mit entsprechendem Forstbesitz zu vererben hat. Und als ob man jetzt an der längst schriftlich niedergelegten und noch notariell verwahrten Erbfolge noch etwas ändern könnte, überschlagen sich zwei Neffen und eine Nichte bei der Ausrichtung der nun notwendig gewordenen Trauerfeierlichkeiten.

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Die Nichte möchte gerne eine Jagdhorngruppe, die am Grab noch ein letztes Hallali trötet und schon beim Vortragen dieses Ansinnens konnte ich mir ein spontanes Grinsen nur ganz mühsam verkneifen und die Situation nur dadurch retten, daß ich dringend hinter den Schreibtisch gebeugt etwas aus der untersten Schublade holen mußte, denn das einzige Jagdsignal, das mir auf Anhieb einfiel, war „Sau tot!“.

So unpassend wie „Sau tot!“ auch gewesen wäre, so unpassend war auch der Wunsch des einen Neffens, man solle doch in der Trauerhalle, den abgehackten und ausgestopften Kopf eines in den frühen 60er Jahren im Westerwald erlegten Keilers aufhängen, um die enge Verbundenheit der lieben Verblichenen zur Jagd zu untermauern.

Der andere Neffe bestärkte mich dann aber in meiner Vermutung, daß die alte Dame mit dem Schießen von Wildtieren überhaupt nichts am Hut hatte, sondern die ganze Jägerei mehr ein Steckenpferd des schon vor zwölf Jahren verstorbenen Gatten gewesen war.

Er plädiere deshalb dafür, ganz auf jagdliche Devotionalien zu verzichten und allenfalls beim anschließenden Leichenschmaus eine Runde „Jägermeister“ zu servieren, damit sei dem waidmännischen Aspekt Genüge getan.
Hingegen halte er es für eine sehr gute Idee, wenn man vom Trauergottesdienst in einer Stretch-Limousine gemeinsam zum Friedhof fahren würde. Außer den potentiell Erbberechtigten und deren Ehegatten käme sowieso niemand und da sei so eine Fahrt doch eine tolle Idee.

Gut.

Nur, wo bekommt man eine schwarze Stretch-Limousine her? Bis vor ein paar Jahren konnte ich mir für solche Fälle immer einen entsprechenden langen Mercedes ausleihen, aber den gibt es nicht mehr und heute versteht man unter lang etwas anderes als noch vor zehn Jahren. Lang bedeutet heute 8.60 Meter oder so.

In diesem Marktsegment wird mir auch sogleich allerhand angeboten, bloß sind alle diese Fahrzeuge mehr oder weniger für fröhliche Anlässe wie zum Beispiel Hochzeiten (sofern das angesichts der aktuellen Scheidungsrate und so mancher Braut überhaupt ein fröhlicher Anlass ist) gedacht und dementsprechend außen weiß und innen hellblau oder rot. Und zu den wichtigsten Ausstattungsmerkmalen gehören zumeist Sektbar, Disco-Beleuchtung und jede Menge erotischer Verspiegelungen…

Auto Blökers hat aber doch eine dunkelblaue Stretch-Limousine, in der soll sogar Phil Collins schon einmal mitgefahren sein. Und genau jetzt kommt Salvartore von oben wieder ins Spiel und ich komme, nach langem Herumgeschweife, endlich auf den Punkt.
Bevor mir nämlich die Firma Blökers ihr wertvolles Gefährt mitsamt Fahrer für zwei Stunden und 240 Euro vermieten will, möchten die gerne, daß ich ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen akzeptiere.
Das will ich gerne tun und lese sie mir durch. Soweit ich sehe, enthalten die AGB nichts Besonderes und will schon meine Unterschrift daruntersetzen, da fällt mein Blick auf den letzten Absatz.
Er besagt, daß im Falle der Unwirksamkeit eines Punktes ein passender anderer Punkt gelten soll und der Vertrag ansonsten gültig bleibt, um es mal ganz einfach auszudrücken. Das ist nichts Ungewöhnliches, doch ungewöhnlich ist, daß die Firma Blökers diesen Abschnitt überschrieben hat mit: „Salomonische Klausel“.

Salomonische Klausel? Was ist das denn?
Ich kenne nur die Salvatorische Klausel (und diese entfernte Anlehnung an den Namen Salvatore ist auch schon der ganze Grund, warum weiter oben der Pizzabäcker und der belgische Sänger überhaupt erwähnt wurden, da sieht man mal wie bekloppt ich bin!).

Also diese Salvatorische Klausel kenne ich, die Salomische Klausel hingegen nicht. Es ist schlichtweg Blödsinn, man hat sich bloß geirrt. Erstaunlich jedoch, wie viele Fundstellen es bei Guhgel für „salomonische Klausel“ gibt!

Das Jagdhaus und den Wald hat übrigens der Tierschutzverein geerbt, welch köstliche Ironie der Frau Küppers!

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