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In der Psychiatrie XII

Erstaunliches tut sich! Susanne zieht aus!
Hatte man doch eben noch gehört, daß sie mit ihrem neuen Scheich, jenem unaussprechlich primitiven Hardy gemeinsam im Haus von Martin wohnen wollte, so steht heute der Sprinter eines türkischen Estrichlegerbetriebes vor dem Haus der Familie Berg und Hardy buckelt Susannes Möbel hinaus. Die alte Frau Berg liegt im Fenster und inspiziert mit spitzen Lippen und hochgezogenen Augenbrauen jedes einzelne Stück und pfeift den langhaarigen Nichtsnutz sofort zurück, sobald sich unter dem Herausgetragenen etwas befindet, was nicht Susanne zuzurechnen ist.

„Das bleibt hier, das war immer hier und das gehört hierher, da geht nichts raus, was Susanne nicht selbst gekauft hat!“

Das deckt sich mit dem, was Frau Berg mir gestern am Telefon erzählt hat. Ich gebe es mal so wieder, wie die alte Dame mir das berichtet hat, unter den Lesern gibt es ja viele Rechtskundige, bis hin zu Richtern, Staatsanwälten und Rechtsanwälten, die da sicher mehr dazu sagen können.

Jedenfalls sagte mir Frau Berg, Susanne könne gehen, wie sie einst gekommen ist. „Martin und Susanne haben von Anfang an einen Ehevertrag gehabt, die Susanne hatte doch so viele Schulden und deshalb haben wir das alles sauber getrennt. Die hat ja sogar auf das mögliche Erbe des Hauses verzichten müssen. Es gilt, daß jeder genau das bekommt, was er gekauft hat. Das Haus erbe ich, Martin hat ja keine eigenen Kinder und später erbt das mal Ronja. Die paar Sachen, die Susanne sich gekauft hat, das ist ja sowieso fast alles Kleidung, die kann sie mitnehmen und ich habe ihr erlaubt, von allem was man auseinandernehmen kann, genau die Hälfte mitzunehmen. Das hat sie davon, daß sie Martins Ehebett abgebaut hat, die hat ja angefangen mit dem Halbieren. Meinetwegen kann sie die halbe Küche mitnehmen und das halbe Schlafzimmer und das halbe Wohnzimmer, der Rest bleibt hier!“

Jetzt zieht Susanne zu Ulla, einer Freundin aus alten Tagen, da will sie bleiben, bis sie was Besseres gefunden hat. Leider kann Ulla Hardy nicht ausstehen und hat ihm überraschend heute Morgen Hausverbot erteilt. Ich nehme an, daß Susanne sich das mit dem Auszug noch anders überlegt hätte, wenn sie vorher gewusst hätte, daß ihr neuer Lebensgefährte und Witwentröster Hardy im neuen Domizil nicht willkommen ist.

Von Ronja ist nichts zu sehen, sie ist in der Schule und will vom ganzen Umzug nichts wissen. Sie hat beschlossen, bei der Oma zu bleiben und sich zu weigern, ihr Zimmer bzw. die kleine Wohnung unterm Dach zu verlassen. Das Zimmer ist abgeschlossen und Oma Berg lässt Hardy nicht nach oben. Mal sehen was daraus noch wird.

Frau Berg sagt: „Ist das nicht der Beweis, daß an der ganzen Geschichte nichts dran ist? Susanne erzählt überall herum, Martin habe Ronja noch auf dem Boden liegend getreten und geschlagen. Und jetzt will das Kind hier nicht weg und weint, weil Martin sie jetzt nicht mehr adoptieren kann. Der hat sie ja nicht adoptiert wegen der Waisenrente. Aber wenn das mit der Rente vorbei gewesen wäre, dann war das fest ausgemacht, das mit der Adoption. Außerdem muß sich ja jemand um die Katzen kümmern, die kann die feine Witwe ja nicht mitnehmen, weil ihre neue Wohnungsgeberin ja allergisch gegen Katzen ist. Tja, das hätte sie sich vorher überlegen müssen, jetzt müssen die Katzen hierbleiben und ich kann mich nicht auch noch um die Katzen kümmern. Das muß dann schon Ronja machen…“

Susanne ist davon überzeugt, daß sie das Haus doch noch bekommen wird. Das zumindest erzählt Hardy dummerweise ausgerechnet der Gemüsefrau, bei der er sich morgens drei Flaschen Bier gekauft hat, und er verwendet ziemlich dreist das Wort „wir“. „Wir werden schon noch kriegen, was uns zusteht. Ich meine das Haus gehört ja wohl zuerst mal Susanne, sie ist die Witwe“, soll er gesagt haben.

„Nichts da, das ist alles geregelt, das Haus ist sicher!“ schimpft im Gegenzug Frau Berg und gibt sich nun auch wegen der Zukunft unbesorgter als noch vor ein paar Tagen: „Jetzt kann ich ja die Wohnung unten vermieten und damit die Bank abbezahlen. Aber Hauptsache die Susanne und ihr versoffener Heini sind draußen!“


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Die Geschichten von Peter Wilhelm sind Erzählungen und Kurzgeschichten aus dem Berufsleben eines Bestatters und den Erlebnissen eines Ehemannes und Vaters.

Die Geschichten haben meist einen wahren Kern, viele sind erzählerisch aufbereitete Tatsachenerzählungen.

Die Namen, Geschlechter und Berufe der erwähnten Personen sind stets verändert.

Lesezeit ca.: 5 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 19. Mai 2015 | Peter Wilhelm 19. Mai 2015

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14 Jahre zuvor

*reibt sich die hände*

klingt ja immer besser 🙂

Techniker
14 Jahre zuvor

Holla, da spendet man aus aktuellen Anlass ne Kleinigkeit und schon gibts ne Fortsetzung. Tom, gewoehn Dich bitte nicht dran 😉

14 Jahre zuvor

Das klingt ja schonmal besser, als in den letzten Teilen… bleibt zu hoffen, dass sich da nichts dran ändert.

14 Jahre zuvor

muss ja ne grauenvolle Mutter sein, wenn die Tochter lieber bei der Oma bleibt…

Anni
14 Jahre zuvor

Na, Ronja scheint für Ihr Alter ganz schön Rückgrat zu haben. Von der Mutter hat sie das wohl eher nicht…

14 Jahre zuvor

Auhauerha!
Das wird wohl ein neuer Cliffhanger-rekord. Bin schon gespannt wie das weitergeht.
Irgendwie glaube ich ja nicht an ein glückliches Ende, die praktische Erfahrung spricht eher dagegen. Aber schön wärs doch…

Alleswisser
14 Jahre zuvor

Yeeeeaaaaaaaaaah!!!! SIEG DER GERECHTIGKEIT!!!! 🙂
Jetzt hab ich wirklich richtig echt gute Laune! 🙂

Ich kenn die Leute alle zwar nicht persönlich, aber ich werde heute Abend genau zwei Sachen machen:

Eine Gedächtniskerze für den Martin anzünden und ein Siegesbier auf die Niederlage seiner Witwe trinken. Mag sein, dass das nicht angebracht erscheint, aber ich möchte auf diese Weise ein Bisschen Anteilnahme zeigen.

Ich nenne das Mal „Anti-Susanne-Party“. Jeder darf mitmachen! 🙂

Soe
14 Jahre zuvor

Wie alt genau ist Ronja denn (ich weiß nicht, ob du das schon erwähnt hast)? Darf sie denn dann überhaupt „alleine bei fremden Leuten“ (Frau Berg ist ja nicht die „richtige“ Oma, auch wenn Ronja und Frau Berg das anders sehen) wohnen? Rechtlich gesehen hat Frau Berg ja keine Befugnis über Ronja, oder?

yeti
14 Jahre zuvor

manche Menschen machen auch jeden Abend eine solche „Anti-Susanne-Party“

minibar
14 Jahre zuvor

Wow, das sind ja mal gute Nchrichten.
Ich drücke Frau Berg und Ronja alle Daumen, dass ja nix mehr dazwischen kommt. – Wäre einfach nur schade.

Alex II
14 Jahre zuvor

@Soe, in diesem Falle wäre es durchaus nicht abwegig, daß das Jugendamt dem Verbleib bei der Oma zustimmt. Immer mal vorausgesetzt, daß die liebende Mutter überhaupt Einwände gegen den Verbleib der Tochter hat, was ich nicht als zwingend betrachte.

Typograf
14 Jahre zuvor

Teil XII?!? Sieht stark nach einem neuen Buchmanuskript aus, oder täusche ich mich da? 🙂

14 Jahre zuvor

Na, ob das jetzt schon das Ende war? Geht es noch weiter? Und ob Susanne wirklich nichst bekommt, bezweifel ich. Steht ihr als Ehefrau nicht ein Pflichtteil zu? Ich lasse mich aber gern des besseren belehren…..es würde mich schon interessieren, ob mein Mann einen Teil des Hauses erbt, welches auf meinem Namen beim Amtsgericht steht. Die Kinder sind aus meiner ersten Ehe und ein Testament gibt es nicht!

fuzzy
14 Jahre zuvor

@Assistant BLfH #6
Cliffhanger sind was tolles! Da macht doch das warten Spaß. So wie früher als Kind zu Weihnachten ;-).
Und sobald eine bekannte Überschrift (möglichst mit weitreichenden römischen Zahlen) auftaucht, ist die Vorfreude auf den anschließenden Lesegenuss noch größer.

14 Jahre zuvor

@Alleswisser
Na da mach ich glatt mit 🙂
grad Feierabend und richtig schön am Freuen, dass wohl die Gerechtigkeit siegt.
Hoffentlich hat Hardy nicht noch nen Trumpf in der Hinterhand, kann ich mir aber nicht vorstellen, die solln mal schön schaun wo sie bleiben, die zwei.

14 Jahre zuvor

@7: So recht kann ich Deine Begeisterung nicht nachvollziehen. Da ist ein Mensch gestorben. Sieg hin oder her.

14 Jahre zuvor

Bei der Gemüsefrau gibts auch Bier?

Schade, dass sowas in so einem Krieg enden muss. Ich gestehe, ich sympathisiere mit Frau Berg. 🙂

MiniMoppel
14 Jahre zuvor

@17 Blogolade
Hopfen, Malz und Wasser.
Passt doch.

Christians Ex
14 Jahre zuvor

[quote]Bei der Gemüsefrau gibts auch Bier?[/quote]

Warum nicht? Bei meiner eventuell auch, hab ich noch nicht gefragt. Ich hole da immer meinen täglichen Liter Milch.

Marco
14 Jahre zuvor

Wenn Susanne in dem Ehevertrag auf ihr Erbrecht verzichtet hat, dann bekommt sie tatsächlich auch keinen Pflichtteil, § 2346 Abs. 1 BGB. Wobei nur ergänzend erwähnt sei, dass der Pflichtteilsanspruch kein Anspruch auf einen Teil des Nachlasses ist, sondern ein Anspruch auf Geld gegen den/die Erben.

Da es für Ehegatten offensichtlich keine Vorschrift wie den § 1924 Abs. 3 bzw. § 1925 Abs. 3 BGB gibt, erbt auch Ronja nichts.

Aber es stimmt trotzdem nicht, dass die Mitter alles erbt, denn wegen § 1925 Abs. 3 BGB erbt Martins Schwester den Teil, der auf Martins Vater entfallen würde, wenn dieser noch leben würde. Mutter und Tochter teilen sich also das Erbe zur Hälfte.

Marco nochmal
14 Jahre zuvor

Hmm, gab’s hier nicht mal eine Editierfunktion für die Kommentare?

@Sabrina: Wenn dein Mann wirklich noch dein Mann ist und nicht etwa dein Ex-Mann (oder die Voraussetzungen für die Scheidung gegeben sind und du sie beantragt oder ihr zugestimmt hast) und es weder Testament noch Ehevertrag gibt, dann erbt er selbstverständlich einen Teil des Nachlasses, zu dem auch das Haus gehört (bzw. der wahrscheinlich zum größten Teil aus dem Haus besteht). Deine Kinder aus erster Eher erben allerdings auch, ganz genauso, wie wenn es gemeinsame Kinder mit deinem jetzigen Mann wären.

ibaggi
14 Jahre zuvor

Bin mir nicht ganz sicher, aber ich hab das so in Erinnerung, dass das Erbe unter den Voraussetzungen, dass Martins Frau wegen Ehevertrag und daraus resultierendem Erbverzicht nichts bekommt und Ronja wegen fehlender Verwandtschaft keinen Anspruch hat, und wenn außerdem kein Testament gemacht wurde, dann erben Martins Vater und Mutter jeweils die Hälfte. Sollte Martins Vater verstorben sein, erbt von diesem Anteil wieder die Mutter die Hälfte, und die Schwester (oder falls es noch mehrere Geschwister gibt, dann eben die Geschwister) die andere Hälfte. Also zusammengerechnet die Mutter 3/4 und die Schwester 1/4
Aber wie gesagt, so ganz genau hab ich das nicht mehr gespeichert, und meine Infos sind auch schon ein paar Jahre alt, kann sein, dass es da Gesetzes-Änderungen gegeben hat.

Jochen
14 Jahre zuvor

Ronja – der Name ist Klug gewählt.

Räubertochter 😉

Marco
14 Jahre zuvor

@ibaggi: Wenn du dir nicht ganz sicher bist, wäre es doch das einfachste gewesen, die von mir zitierten Gesetzesstellen zu lesen, oder? 😉

Bis auf die Konsequenz des nicht mehr lebenden Vaters (wovon ich einmal ausgehe) ist das richtig, aber vom Teil des Vaters bekommt eben dessen Ehefrau keinen Teil, der geht komplett an die Kinder des Vaters, also Gudrun – davon ausgehend, dass Gudrun auch denselben Vater hatte und sonst keine Geschwister vorhanden sind. Also Mutter und Gudrun halbe-halbe.

Der dafür maßgebliche § 1925 BGB wurde übrigens seit mindestens 1980 nicht geändert. 😉

14 Jahre zuvor

also ich les die cliffhänger stories ja immer im großen aufwasch, schön aufs sofa gekuschelt. aber ich bin ein großer fan und muss jetzt mal weiter zum nächsten teil.

dass immer jemand stirbt und, dass es dann trotzdem so gute, schöne, faszinierende details gibt ist, das ist es ja gerade, was den reiz hier ausmacht 🙂




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