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Ein Interview – Original Gedächtnisprotokoll

Wie wird der Mund einer Leiche verschlossen?

„Da sind’mer schnell fertig, Herr Wilhelm. Eigentlich wollte das mein Kollege Frank Raskenpieper machen, aber der hat heute die Landfrauen und ich wollte eigentlich zu den Kaninchenzüchtern, aber die haben gerade die Seuche. Also jetzt nicht die Züchter, mehr so die Kaninchen. Deshalb hab ich heute Zeit, mit Ihnen das Interview für die Zeitung zu führen.“

„Das ist sehr schön, Herr Meyer-Dingdong.“

„Meyer-Ding, ist ein Doppelname, meine Mutter war eine Meyer und mein Vater ein Ding. Nee, warten Sie mal, andersherum, mein Vater war der Meyer und die Mutter eine Ding. Meyer-Bindestrich Ding.“

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„Gut.“

„So, und sie sind also Programmierer?“

„Nö.“

„Nicht? Also in den Stichwörtern von Frank Raskenpieper steht Internet.“

„Ja, ich veröffentlicht viel im Internet, das ist richtig, aber eigentlich bin ich…“

„Ah, verstehe, könnte man sagen, daß Sie so ein Facebook-Junkie sind?“

„Ganz und gar nicht, ich habe Geld für echte Drogen.“

„Häh? War jetzt ein Witz oder?“

„Also mit Facebook habe ich nur am Rande zu tun. Ich schreibe Bücher.“

„Ah, interessant, interessant. Das notiere ich mir gleich mal. Und was machen Sie sonst noch so?“

„Neben dem Bücher schreiben?“

„Bücher? Was für Bücher? Sie schreiben Bücher?“

„Sagte ich doch gerade, was haben Sie denn eben aufgeschrieben?“

„Das Sie mit Facebook nichts anfangen können. Ist Ihnen wahrscheinlich zu modern, kenne ich, hab‘ ich Verständnis für. Kommt gut bei den Lesern an.“

„Nein, viel wichtiger wäre mir, wenn Sie aufschreiben, daß ich Schriftsteller bin und daß jetzt gerade pünktlich zur Frankfurter Buchmesse mein neues Buch…“

„Ah, da kommt ja der Joe!“

„Wer?“

„Unser Fotograf! – Hi Joe! Wo stellen wir den hin? – Da drüben, okay – Sie, können Sie sich mal da drüben hinstellen?“

„Gerne. – Ich sehe gerade, Ihr Fotograf, dieser Joe, der ist nur so um die Einssechzig groß, ich wirke nicht besonders gut, wenn man mir so von unten in die Nase fotografiert. Soll ich etwas in die Hocke gehen oder will der sich auf ’nen Stuhl stellen?“

„Joe, kannst Dich auf Deinen Fotokoffer stellen, der hat was mit der Nase.“

„Na, da bin ich mal gespannt, wie die Bilder geworden sind.“

„Sehen Sie morgen in der Zeitung. So, machen wir mal eben noch die Schlußsätze. Sie sind also viel im Internet, haben mit Facebook aber nichts am Hut. Haben Sie Hobbys?“

„Ja sicher.“

„Hat Hobbys… Okay, welche?“

„Reporter verhauen.“

„Was? Hab‘ ich jetzt nicht richtig verstanden. – Joe, hör doch mal auf, zu klappern!“

„Ich sagte Reiten, Schwimmen, Lesen, Tiefseetauchen und Fallschirmspringen.“

„Wow! Das ist ja mal was. Das ist ja interessant, interessant, interessant…“

„…und schnelle Autos, Weiber, Alkohol und meine 18-Meter-Yacht.“

„Auf die Jagd gehen Sie auch? Na, das schreiben wir mal lieber nicht, das kommt nicht so gut bei den Lesern, mit den toten Tieren und so.“

„Darf ich Sie mal was fragen?“

„Mich? Ja gerne.“

„Also, Sie haben keinen blassen Schimmer wer ich bin. Sie hören mir auch nicht zu. Sie machen sich, soweit ich das sehen kann, nur von den unwichtigsten Sachen Notizen… Wie wollen Sie eigentlich einen Bericht über mich schreiben?“

„Den schreibt der Frank Raskenpieper, ich soll nur die spannenden Details herauskitzeln, so das Soziologische, das Psychologische, die Abgründe und Hintergründe. Das Aufspüren von dem, was zwischen den Zeilen steht, was unausgesprochen bleibt, daß ist so meine Spezialität.“

„Das merkt man!“

„So, Herr Wilhelm, das war’s auch schon; ich danke für das nette Interview.“

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