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Kommunale Bestattungsdienste – sind die günstiger?

Das Kirchenfernsehen der evangelischen Landeskirche in Baden-Württemberg zeigt derzeit folgenden Beitrag auf seiner Internetseite:

Ein ganz kleines bißchen geht der Beitrag an der Realität vorbei. Es wird der Eindruck vermittelt, als gebe es in Süddeutschland eine sehr segensreiche Einrichtung, nämlich die städtischen Bestattungsdienste.
Gesagt wird, daß diese als städtische Einrichtung ja sowieso die Sozialfälle bestatteten und man daher guten Gewissens alle Leute, die sich eine normale Bestattung beim Bestatter nicht leisten können, dorthin schicken könne.
Das sei günstiger.

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Dem muß ich widersprechen.
Erstens wickeln die Bestattungsdienste nicht grundsätzlich alle Sozialbestattungen ab. Das gilt höchstens für den Teil der Sozialbestattungen, bei dem sich kein Angehöriger um die Bestattung kümmert oder ein solcher Angehöriger nicht auffindbar ist.
Ansonsten kann jeder, auch wenn er auf Sozialhilfe angewiesen ist oder jemanden bestatten lassen möchte, der von Sozialleistungen gelebt hat, selbstverständlich auch jeden anderen Bestatter aufsuchen. Bestatter wissen, wie solche „Sozialfälle“ zu handhaben und wie sie abzurechnen sind.

Insbesondere der in diesem Beitrag vermittelte Eindruck, die Stadt subventioniere diese Bestattungen, quasi aus mildtätigen Erwägungen heraus, ist meiner Meinung nach eindeutig falsch.
Der Kostendeckungsgrad des Bestattungsdienstes der Stadt Stuttgart beispielsweise liegt bei 99,35% (2010) bzw. 105,27% (2011). Das bedeutet für 2010 einen Zuschuß von knapp 1.700 Euro und für 2011 einen Überschuß von rd. 13.600 Euro.
Und dieser Zu- bzw. Überschuß gilt nicht pro Sterbefall, sondern bezogen auf alle rd. 1.400 Bestattungen, die der Bestattungsdienst durchführte.
Zwar rechnet man für die Jahre 2012 und 2013 mit einem höheren Zuschußbedarf, ob das aber so kommt, das wird sich -wenn man die langen Zyklen der kommunalen Haushaltspolitik berücksichtigt- erst noch zeigen.

Mit anderen Worten: Die Stadt Stuttgart subventioniert da so gut wie gar nichts.
Und ähnlich sieht es auch in den anderen kommunalen Haushalten aus. Im übrigen sind die Bestattungsdienste meist Eigenbetriebe, die wirtschaftlich handeln müssen und gar keine nennenswerten Verluste verursachen dürfen. Desweiteren steht der Abteilung Bestattungsdienst auch immer die Abteilung Krematorium zur Seite und die Krematorien erwirtschaften zumeist einen doch recht saftigen Überschuß, der die geringen Zuschüsse beim Bestattungsdienst weit übersteigen.

Bleibt die Frage, ob denn eine Bestattung bei einem Bestattungsdienst wirklich günstiger ist.
Die Antwort, so meine Erfahrung, lautet eindeutig NEIN.
Eine Bestattung kann überall günstig sein, beim Bestatter an der Ecke, beim Internetbestatter, beim städtischen Bestattungsdienst. Aber sie kann bei all diesen Unternehmen auch sehr teuer sein.
Und so wie ich die Angebote und Rechnungen der Bestattungsdienste kennengelernt habe, lagen diese immer deutlich über den Angeboten der üblichen Bestatter.
Man kann natürlich nicht ein auf Gewinn hin maximiertes Angebot jedes Bestatter mit den recht festen Tarifen der kommunalen Bestattungsdienste vergleichen.
Das bedeutet, wenn man zu einem Bestatter geht und eine herkömmliche Bestattung anfragt, wird man unter Umständen ein Angebot bekommen, das auch Dinge beinhaltet, die man bei einem Sozialfall gar nicht ins Auge fassen würde.
Das sieht allerdings sofort anders aus, wenn man klipp und klar sagt, daß man im Rahmen der von den Sozialbehörden zu erstattenden Beträge bleiben will. Dann sieht man, daß niedergelassene Bestatter das oft günstiger können als der kommunale Dienst.

Viele Kollegen berichten überdies auch, daß die kommunalen Dienste in besonderer Weise bei der Nutzung der Friedhofs- und Krematoriumslogistik bevorzugt würden. Das sei ein klarer, nicht in Zahlen faßbarer Wettbewerbsvorteil, der den freien Bestattern heftig zu schaffen machte. Auch würden die „Sahnestückchen“ unter den zu vergebenden Terminen, Gräbern und Nutzungszeiten der Trauerhalle oft zunächst einmal „intern vergeben“ und die Bestatter bekämen nur was übrig bleibe.

Andere Bestatter sagen, daß die kommunalen Dienste personell und logistisch überbestückt seien und teilweise mit drei bis fünf Mann Besatzung zu den Sterbefällen fahren. Einer fahre und vier müssen tragen.
So seien die Kosten bei den Bestattungsdiensten besonders im Bereich Personalkosten extrem hoch, was sich auch in den Haushalten der Kommunen wiederfinde, und deshalb der Kostendeckungsgrad nicht noch weiter über 100%

Aus meiner persönlichen Erfahrung kann ich nur sagen, daß sich alle Kunden, die jemals eine Bestattung bei einem dieser Dienste haben durchführen lassen, bei einem normalen Bestatter wesentlich wohler gefühlt haben.
Man muß beim Bestatter nicht wie bei einer Behörde auf dem Flur auf Wartestühlen Platz nehmen, man wird persönlich und individuell betreut und nicht nur amtsmäßig abgefertigt.

Eine Bestattung bei einem kommunalen Bestattungsdienst kann günstig sein, aber das kann sie beim Bestatter genau so gut.


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Berichte und Kommentare zu Verwaltungen, Kirchen, Friedhofsträgern und der gesamten Bestattungsbranche.

Lesezeit ca.: 6 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 23. November 2012

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9 Kommentare
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unklar
11 Jahre zuvor

Mir gefällt der Fernsehbeitrag nicht. Die Sprecherin wirkt auf mich gelangweilt und die Dame des Bestattungshauses gestikuliert in einer dem Beitrag nicht angemessenen Art und Weise.

Auf dem Friedhof hat man nicht berücksichtigt, dass der Wind Hintergrundgeräusche produziert.

Inhaltlich hatte TOM ja schon Stellung genommen…

Glückauf
11 Jahre zuvor

Hallo TOM, bedeutet das im Umkehrschluss nicht das ein Privater Bestatter mit der Kalkulation des Städtischen Betriebes bei jährlich 1400 Sterbefällen lediglich 13.600€ Überschuss machen würde dh.1140€ / Monat?
Das scheint nicht viel zu sein.

Willi
Reply to  Glückauf
11 Jahre zuvor

Hallo Glückauf,
nein, das bedeutet es grade nicht. Wie im Beitrag geschrieben arbeiten die kommunalen Bestatter teilweise mit weit mehr Personal – also deutlich höheren Kosten. Ein normaler Bestatter macht also bei gleicher Rechnungshöhe durch weniger Kosten deutlich mehr Gewinn – oder kann eben, trotz der nun mal notwendigen Gewinnerzielung – dank geringerer Kosten immer noch Gewinn erwirtschaften.
Nicht vergessen sollte man auch, dass beim Kommunalen Bestatter sicherlich oft auch noch ein gutbezahlter Geschäftsführerposten zu vergeben ist (ganz praktisch wenn die Kommune mal jemand wegloben muss oder belohnen will) während beim privaten Bestatter der Chef ja i.d.R. als Gewerbetreibender zwar den Gewinn vereinnahmt, dafür aber sicherlich meistens auch entsprechend mit arbeitet.
Gruß
Willi

Montana
Reply to  Willi
11 Jahre zuvor

Das sehe ich genau so.
Ich habe mal bei stuttgart.de den Haushaltsplan als PDF eingesehen. Tom hat da gute Arbeit geleistet, die Zahlen stimmen.
Was mich stutzig macht ist, dass bei nur 3 oder 4 Beschäftigtenstellen, allein die Personalkosten 230 TEU ausmachen. Da muß einer ja 120.000 verdienen, damit das hin kommt.

Cliff
Reply to  Montana
11 Jahre zuvor

Die Festangestellten sind nur EIN Personalposten, dazu kommen Externe / Springer / Freiberufler. Wie das im Bestattungsgewerbe ist, weiß ich nicht, aber ich arbeite für eine soziale Einrichtung, und da machen die „Externen“ auch einen großen Teil der Personalkosten aus. Bei uns sind das eben Krankengymnasten, Fußpfleger, Logopäden, die allesamt auftragsbasiert arbeiten; bei den Bestattern könnte ich mir vorstellen, Fahrer, Sargträger, eventuell Floristen. Also alles, was nicht immer, aber doch auf (halbwegs) regelmäßiger Basis benötigt wird.

(P.S.: Ich verwende bei Berufsbezeichnungen das „generische Maskulinum“. Frauen sind also ausdrücklich mit eingeschlossen.)

Wolfram
Reply to  Montana
11 Jahre zuvor

Zusätzlich zu dem, was Cliff geschrieben hat, ist es ein gefährlicher Irrtum, Verdienst und Personalkosten gleichzusetzen. Übern Daumen gepeilt kann man sagen, jeder Euro Verdienst kostet den Arbeitgeber 2 Euro.

Bei 230k€ Personalkosten für vier Stellen kämen damit noch etwa 28,5k€ pro Nase raus, das wären 2350 im Monat – und schon gar nicht mehr sooo überragend. Grad mal entsprechend A12.

Chris
11 Jahre zuvor

..,also hier in München ist die Städtische Bestattung o.k. ! Keine „Behördenflure“ – gute, ausführliche Beratung, schöne Ausstellungsräume, Hausbesuche – alles in allem recht unbürokratisch !

Dazu kommt noch, dass es außer ein paar kleinen Anbietern nur noch Töchter von Eichenlaub gibt…

Matze
11 Jahre zuvor

Stan lebt. Und ist als Frau wiedergeboren.

Mal im Ernst, hat der guten Frau mal jemand gesagt wie sie auf ander wirkt? ó_Ò

Wolfram
11 Jahre zuvor

Übrigens, Tom, das ist ein (nicht besonders gutes) Angebot der Evangelischen Kirche in Württemberg. Die Gelb… äh Badischen haben ihre eigene Landeskirche. 😉




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