Branche/Kommune

Krematoriumsmitarbeiter stahl Zahngold

Wie Krematorien in Deutschland mit Rückständen aus Edelmetall, die sich nach dem Einäscherungsprozeß in der Totenasche befinden, verfahren, ist, wie wir bereits vor einigen Tagen hier erfuhren und diskutierten, höchst unterschiedlich.
Zum einen ist Bestattungsrecht Ländersache und die Bestattungsgesetze geben in diesem Punkt nichts her. Zum anderen befinden sich die Krematoriumsbetreiber in einem Dilemma: Die Aushändigung von Totenasche oder Teilen daraus an die Angehörigen ist verboten, während Friedhofssatzungen oftmals das Beisetzen nur der reinen Totenasche erlauben. Was also mit den Edelmetallen tun?

In einer neulich vom Bestatterweblog durchgeführten Umfrage entschieden sich die meisten Befragten mit 45% der Stimmen dafür, daß über den Verbleib der Edelmetalle die Angehörigen entscheiden sollen.
26% der Befragten stimmten dafür, daß das Krematorium die Edelmetalle verkaufen und den Erlös wohltätigen Organisationen spenden solle.

Eine grundsätzliche bundesweite Richtlinie gibt es nicht und auch die Gerichte in Deutschland entscheiden mal so, mal so. In Nürnberg und Hamburg wurden solche Fälle verhandelt. Während in Nürnberg die Richter die Auffassung vertraten, solche künstlichen Gegenstände seien kein wirklicher Bestandteil der Totenasche, müßten entfernt werden und dürften nicht in die Totenasche gelangen, urteilte ein Gericht in Hamburg, daß das alles Teil der Asche sei und mit bestattet werden müsse. Hieraus ergibt sich dann natürlich zwangsläufig die Frage, ob Krematorien nicht doch gemäß dem Nürnberger Urteil die Edelmetalle aushändigen dürfen. Oder machen sie sich, wie das Hamburger Urteil vermuten läßt, dann strafbar? Entschieden wird so etwas letztlich nur im Einzelfall.

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Der Leiter des Krematorium am Limes in Osterburken, Kevin Volk, äußerte sich anläßlich einer Betriebsführung vor Lesern des Bestatterweblogs dazu, indem er auf die Größe etlicher Implantate verwies und andeutete, daß die Teile oft gar nicht in die herkömmlichen Aschenkapseln passen würden.
Was also sollen die Krematorien tun?

Bis eine einheitliche Verfahrensweise gefunden ist, die im Interesse aller Beteiligten liegt, wird also jedes Krematorium weiterhin so verfahren, wie es den Betreibern am sinnvollsten erscheint.
Allgemein, so ist mein Eindruck, sieht man das Ganze eher als Problem und nicht als zusätzliche Einnahmequelle. Daß mitunter aus dem Verkauf der gesammelten Edelmetalle Gewinne erzielt werden, ist vielen Krematoriumsbetreibern ein eher unangenehmer Nebeneffekt und man spendet das Geld, statt es zu vereinnahmen.
Hier spielt auch die Vergangenheit unserer Nation, geprägt durch die Vorfälle während der Zeit des Nationalsozialismus, und insbesondere die durchorganisierte Zahngoldverwertung in den Krematorien der Konzentrationslager eine Rolle.
Diese Rolle ist es auch, die deutsche Gesetzgeber im Zusammenhang mit Einäscherungen, dem Umgang mit Totenasche und Beisetzungen überhaupt oftmals schwerfällig werden läßt. Unschöne und ungewollte Parallelen gilt es zu vermeiden.

In dem privatwirtschaftlich betriebenen Krematorium in Landau geht alles seit vielen Jahren mit rechten Dingen zu. Als privater Wirtschaftsbetrieb stellt sich das Krematorium sehr erfolgreich dem Wettbewerb mit großen kommunalen Krematorien im Umland und versucht durch besonderen Service, Schnelligkeit, Freundlichkeit und Transparenz zu glänzen. Bestatter müssen sich dort gut aufgehoben fühlen und einen attraktiven Preis zahlen, sonst würden sie den Weg dorthin nicht machen.

Umso härter traf es den Landauer Krematoriumschef Joachim Reber, als er vor Monaten bereits von Ermittlungen der Staatsanwaltschaft erfuhr, die gleich vier seiner Mitarbeiter im Verdacht hatte, Altgold aus der Totenasche entnommen und sich privat daran bereichert zu haben.
Indes hat sich bislang nur bei einem Mitarbeiter der Verdacht bestätigt, nachdem auch bei ihm zu Hause Gold im Wert von rd. 30.000 Euro gefunden wurde.
Der betroffene Mitarbeiter wurde sofort entlassen und die Sicherheitsmaßnahmen im Krematorium in mehrfacher Hinsicht verschärft.

Gefordert sind also einmal die Politik, einmal die Krematoriumsbetreiber und die Bestatter. Sie müssen eine, auf den Wünschen der Angehörigen und dem rechtlich Machbaren basierende Verfahrensweise finden und als allgemein gültige Regelung durchsetzen und propagieren, damit die Grauzone verschwindet, in der ein Arbeiter den Eindruck hat, das Zeug werde ja sowieso quasi weggeworfen.

Ich bin wahrlich niemand, der schnell nach dem Gesetzgeber und neuen Regelungen ruft, gerade im Bereich der Bestattung haben wir meiner Meinung nach sowieso schon viel zu viele und teils unsinnige Regelungen.
Aber wenn bestimmte Verfahrensweisen aufgrund der überall unterschiedlichen Handhabung immer wieder zu Diskussionen und Irritationen führen, dann ist eine einheitliche Regelung durchaus gefragt.

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