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Morgen bist Du tot! – Beitrag 11

Hallo Tom!

Inspiriert von den anderen möchte ich selber etwas schreiben. Ich glaube ich hab das Thema verfehlt, aber vielleicht möchtest Du es trotzdem mit übernehmen. Du darfst es übrigens gerne kürzen.

Viel Spaß und weiterhin frohes bloggen!
Sebastian

Es ist nachts, ausnahmsweise schlafe ich mal.
Aber nicht lange, denn mein Handy fängt an zu klingeln. Schlaftrunken wache ich auf und schaue auf die Uhr. Wer zum Henker ruft mich nachts halb vier mit unterdrückter Nummer an?! Wenn das nix wichtiges ist..
Ich gehe ran: „Was soll das jetzt? Wenn das nix wichtiges is kannste dich auf was gefasst machen..!“
Der Anrufer hat eine tiefe, mir unbekannte Stimme. Deswegen, und bei dem was er sagte lief es mir eiskalt den Rücken runter. „Hallo, mein Freund. Deine Uhr tickt. Morgen abend wirst Du sterben. Du solltest frei nehmen und alles wichtige in Ordnung bringen.“
„Wer bist Du? Und warum willst Du mich verarschen? Spinnst Du? Wart, wenn ich Dich in die Finger krieg…!“ Aber die Verbindung war schon unterbrochen. Während ich überlegte wer sich da einen schlechten Scherz erlaubte schlief ich wieder ein.
Am nächsten Morgen hatte ich einen komischen Nachgeschmack im Kopf. Was ist wenn wirklich was dran war…? „Schwachsinn“, unterbrach ich meine Gedanken, „Jetz erst mal Frühstück, die Dame hat Eier gemacht, lecker!“
Meine Freundin reichte mir die Pfanne mit den Rühereiern und fragte wer die Nacht denn angerufen hatte. Ich sagte: „irgend so ein Eimer, der redete wirres Zeug. Gibst Du mir mal den Bacon? Bestimmt war es der Peter, der hatte doch gestern ne Feier und wird sich im Suff für lustig gehalten haben, kennst ihn ja. Scheint ja doch ein schöner Tag zu werden, ich glaub ich fahr heut mit dem Krad zur Arbeit!“
Meine Freundin neckte mich: „ja, fahr ruhig mit dem -uuuh- Krad zur Arbeit. Der feine Herr!“ Ich musste grinsen.
Nach dem Frühstück zog ich meine Motorradklamotten an und machte mich fertig für die Arbeit. Kurz bevor ich endgültig los musste rauchte ich mit meiner Freundin noch eine. Der schlechte Nachgeschmack war verflogen. Wir lästerten ein bisschen über den Nachbarn, dessen Auto sprang wieder mal nicht an. Er läuft jeden Morgen mit Starthilfekabeln durch die Straße, auf arglose Opfer hoffend. Heute hatte er es auf mich abgesehen. „Sag mal, könntest Du…“ „Jaja, geht gleich los.“ Während ich ihn mit dem Auto überbrückte überlegte ich mir doch mit dem Auto zu fahren. Aber ich hatte ja die Motorradklamotten schon an und die standen mir doch so gut. Die Kollegen hätten mich ausgelacht wenn ich mit Kombi und Auto gekommen wäre. Nee nee, diese Schmach wollte ich mir ersparen. Man hat ja einen Ruf zu verlieren.
Ich hab das Auto gleich am Straßenrand abgestellt und holte meine Maschine aus der Garage. Dann verabschiedete mich von meiner Freundin. Alles war wie immer. Doch zum Schluss nahm ich sie dann doch in den Arm. „Ich liebe Dich. Mach’s gut!“ sagte ich leise. Mir kamen fast die Tränen, ich wusste auch nicht warum. Meine Freundin schaute mir verwirrt und ein wenig ängstlich in die Augen. „Ich Dich auch. Paß auf Dich auf.“ Dann war dieser kurze Moment verflogen und ich kickte die Maschine an. Schön, wie so eine 1200er im Stand brabbelt…

Auf der Landstraße ließ ich es dann richtig krachen. Ich fuhr als gäb es keinen Morgen mehr. Warum wusste ich selber nicht. Normalerweise rase ich nicht, aber heute war es mir irgendwie egal. Viel zu früh kam ich auf Arbeit an.

Im Büro war die Hölle los. Es war Urlaubszeit und die eine Aushilfe hat unseren größten LKW in einen Totalschaden verwandelt. Mein Chef, ein Choleriker wie er im Buch steht faltete gerade eine Kollegin zusammen, die überhaupt nichts dafür konnte. Das passiert hier öfter.
Aber heute reichte es mir. Als ich sah daß die Kollegin den Tränen nahe war trat ich zu meinem Chef. „Los, wir gehen mal eine rauchen. Ich hab Dir was zu sagen.“ „SAG MAL SPINNST DU? ICH WERD MIR VON DIR NICHTS SAGEN LASSEN! ICH BIN HIER DER CHEF! UND DU SIEHST GEFÄLLIGST ZU DAß DU AN DEINEN ARBEITSPLATZ KOMMST! BIST EH SCHON VIEL ZU SPÄT DRAN!“ „Nee, bin ich nicht. Und es ist besser Du kommst mit nach draußen. Sonst kriegen es die Kollegen mit und Du verlierst den Rest Deiner Autorität. Das kann ich Dir verspechen.“ „UNVERSCHÄMTHEIT! ICH WERD DIR…“ „ja, is gut. Ich bin draußen.“

Draußen zündete ich mir erst mal eine Zigarette an. Der Alte wird schon kommen. Er kam dann auch. Fuchsteufelswild. „DU BIST DEINEN JOB LOS! SO EINE UNVERSCHÄMTHEIT DULDE ICH NICHT!“ „Jetz paß mal auf: Es reicht mir. die Angelika konnte nichts dafür daß der Fahrer das Auto geschrottet hat. Und Du putzt die vor versammelter Mannschaft runter. Die war den Tränen nahe. Und warum? Nur weil Du nen Sündenbock gesucht hast. Ich sag Dir was: Hier sieht dich niemand als Chef. Es ist für alle besser du änderst dich. Ich geh jetzt rein und mach meine Arbeit. Und Du denkst mal drüber nach wie Du mit den Leuten umgehst.“ Sill und nachdenklich ließ ich ihn zurück. Das wurde mal Zeit.

Der Vormittag verstrich. Zur Mittagszeit ging ich mit Kollegen essen. Der arrogante Kerl aus der Buchhaltung, den ich sowieso noch nie leiden konnte war auch mit dabei. Im Restaurant übertrieb er maßlos, wie toll doch sein Haus sei und wie glücklich seine Ehe. Der eine Kollege der kurz vor der Scheidung stand, stand auch kurz vor einem Mord. Wieder einmal reichte es mir: „Du bist ganz schön arrogant, mein Freund. Der Herbert steht kurz vor der Scheidung und Du würgst ihm am Mittagstisch eins nach dem anderen rein. Lass das mal. Das tut ihm weh. Der hat schon genug ärger, da musst Du nicht noch drauf rumhacken.“
Der Typ lief rot an und sagte leise: „Entschuldigung. Das hab ich nicht gewollt. Bei mir läuft es auch nicht so wie ich grad erzählt hab. Es ist ganz ähnlich wie beim Herbert. Aber drüber reden fällt mir so schwer..“

Der Nachmittag verrann. Die Kollegen schwatzten über mich. Man kannte mich so gar nicht. Sonst war ich immer recht zurückhaltend. Aber man hatte wohl mitgekriegt daß der Chef anders war und auch der Buchhalter war anders als sonst. Der Herbert hat natürlich erzählt warum. Dann ist ja klar daß die Leute eins und eins zusammenzählen.

Endlich Feierabend! Juchu! Ich schnappte mir meinen Helm und sprang auf’s Motorrad. Heut ist ein komischer Tag. Irgendwie wollte sich das glückliche Gefühl zu fahren nicht einstellen. Im Gegenteil, ich hatte regelrecht Angst vor der Heimfahrt. Die war auch berechtigt. Denn als ich auf der Landstraße dahinrollte fuhr plötzlich ein Auto aus eine Feldweg, mitten auf die Straße. Ich hatte keine Chance. Mit knapp 80 Km/h schlug ich in seine Fahrertür ein. Ich war sofort tot.

Ich hätte letzte Dinge in’s reine bringen können. Meine eigene Beerdigung organisieren können. Meine Freunde noch mal besuchen können. Aber ich habe heute mein Leben gelebt wie immer. Nun ist es zu spät. Es bleibt das Gefühl heute ein paar Leuten geholfen zu haben. Meinem Nachbarn, meinem Chef und dem Typen aus der Buchhaltung.
Das paßt schon so…

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Deshalb stehen über 4.000 Artikel in dieser Rubrik hier. Nach und nach, so wie ich die Zeit finde, räume ich hier auf.

Lesezeit ca.: 9 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 31. Mai 2012 | Peter Wilhelm 31. Mai 2012

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8 Kommentare
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whiskey
12 Jahre zuvor

ich finde nicht, dass du das thema verfehlt hast. sich dafür zu entscheiden, den letzten tag wie (fast) jeden anderen zu verbringen ist immerhin auch eine entscheidung.

Kirstin
12 Jahre zuvor

Ich finde dies auch eine schöne Art der Sicht der Dinge. 🙂

Flocke
12 Jahre zuvor

Ich mag die Geschichte….würde sogar sagen das es für mich die beste ist

Der IFA
12 Jahre zuvor

Ich bin der Schreiberling. 🙂 Ich kommentiere recht selten, aber lese oft mit. Der Wettbewerb ist an mir vorbeigegangen, aber als ich sah daß noch Geschichten veröffentlicht werden dachte ich mir ich schreibe mal was. Nur so aus Jux und Dollerei. Da ich zur Zeit deutsche Grammatik am Wickel habe wollte ich das gelernte gleich ausprobieren.
Den finalen Ausschlag gab AbboT.Karin, mit ihrem BILD-Vergleich bei Joe Neverminds Text. 🙂

So schön wie die anderen Geschichten auch sind, eins hab ich vermisst: Die Realität. Mal ehrlich, wer bitte reagiert auf eine Mitteilung die den Tod vorhersagt? Man macht weiter wie bisher, nur bleibt vielleicht ein schlechter Nachgeschmack im Kopf und man handelt deswegen vielleicht etwas anders. Den ersten Absatz hab ich ganz bewusst so unaufregend geschrieben, wie es im Alltag halt vorkommt. Meine Aussagen klingen geschrieben etwas derb, sind aber der normale Umgangston und noch lange nicht so gemeint wie man vermuten könnte. Habe da versucht authentisch zu sein. 🙂

simop
12 Jahre zuvor

Ganz ehrlich?
Ich fand ihn in jedem Fall als einen der Top 3…
Genau aus dem Grund. Wobei sich der Protagonist doch etwas anders verhält als normal… 😉

12 Jahre zuvor

Daß ich den finalen Ausschlag gegeben haben soll, klingt irgendwie blutrünstig auf einem Beerdigungsblog :-).
Aber schön, daß es Dich zu dieser Story animiert hat.
So könnte ein „richtiger“ letzter Tag wirklich aussehen – und da niemand weiß, wann mit dem Ernstfall zu rechnen ist, sind wir gut beraten, wenn wir vorsichtshalber jeden Tag so angehen, als wäre es der Letzte.

12 Jahre zuvor

Leider ist die story hier bei uns in der Gegend ziemlich genau so wahr geworden, Auto kommt unvermittelt aus Feldweg, Motorradfahrer tot 🙁

http://www.nordbayern.de/region/fuerth/motorradfahrer-todlich-verletzt-1.1458522

Der IFA
12 Jahre zuvor

Irks..
Damit hab ich jetzt nix zu tun. Die Geschichte hab ich ein paar Tage vorher geschrieben. Etliches jüngst erlebtes hab ich mit einfließen lassen, aber daß das doch mal passiert…




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