Allgemein

Selbstmord

Habt ihr oft mit Selbstmördern zu tun? Sind die immer zerstückelt oder sowas?

In meinem letzten Artikel habe ich ja etwas über Selbstmord geschrieben. Damit haben wir ja auch wenigstens 6 – 7 mal im Jahr zu tun. Ich persönlich habe die Erfahrung gemacht, daß alle Tode, die plötzlich und ohne Erklärung geschehen, die schlimmsten Tode sind, vor allem für die Angehörigen.

War jemand lange krank oder hatte er schon immer mal Vorzeichen, wie Herzanfälle usw. oder gab es sonst irgendetwas, das es für die Hinterbliebenen möglich macht, sich den Tod zu erklären, ist die Sache sehr viel leichter zu verarbeiten, als wenn der Tod erklärungslos passiert.
Besonders drastisch wird das bei Suizidopfern deutlich. Wenn jemand schon etliche Selbstmordversuche hinter sich hat oder wenn er einen Abschiedsbrief hinterlässt, gibt dieses Vorverhalten oder die Abschiedserklärung den Hinterbliebenen einen gewissen Halt. Schlimm wird es, wenn Menschen ohne Ankündigung, ohne Erklärung eines Tages in den Keller gehen und sich eine Schnur um den Hals legen.

Werbung

Selbst wenn der Abschiedsbrief nur scheinbar Sinnloses oder haltlose Beschuldigungen enthält, gibt das der Familie wenigstens die Möglichkeit, abschließend das Ganze verarbeiten zu können und sei es, indem man sich darüber aufregt, daß so Haltloses geschrieben wurde. Leute die ohne Erklärung von einer Brücke springen, hinterlassen Löcher, Ratlosigkeit und offene Fragen.

Eine rein subjektive Statistik hier bei uns besagt, daß von 100 Selbstmördern folgende Arten gewählt wurden, um aus dem Leben zu scheiden:

19 x Medikamente, giftige Substanzen
16 x Aufhängen
13 x Sprung aus großer Höhe
11 x Überfahren durch Eisen- oder Straßenbahn
10 x Ertrinken in Flüssen, Seen
9 x Schußwaffen
8 x selbstzugefügte Schnittwunden
6 x Stromschlag
4 x Ersticken mit Plastiktüten
4 x Autoabgase, sonstige Gase

Am dubiosesten war in diesem Zusammenhang der Selbstmord eines 19jährigen Mannes. Er lebte in einer Siedlung im Norden der Stadt, die gemeinhin als sozialer Brennpunkt gilt, wo es aber einige Straßenzüge gibt, in denen die Leute nicht ganz so arg von Arbeitslosigkeit oder Arbeitsunlust gebeutelt sind. Vater und Mutter betrieben ein kleines Abschleppunternehmen mit Schrotthandel und der Sohn arbeitete in der Firma mit. Sehr einfache Leute, die sich aber auf den Weg gemacht hatte, sich hochzustrampeln. Eine Freundin hatte der Sohn auch, und er beabsichtigte in Kürze mit ihr in eine andere Wohnung in einem anderen Viertel umzuziehen.
Man versicherte mir, daß es keinen Streit gegeben habe, keine ausweglosen Situationen, nichts dergleichen… Samstags abends geht dieser junge Mann in das elterliche Schlafzimmer, stellt eine Pumpgun unter sein Kinn und drückt ab.
Es ist bis heute vollkommen ungeklärt, wo diese Waffe herstammte, warum er die Tat im Elternschlafzimmer beging und was der Auslöser dafür war.

Aus Sicht des Bestatters, mal ganz pragmatisch gesprochen: Selbstmörder, die Abschiedsbriefe schreiben und sich aufhängen, Gift nehmen oder durch Ersticken sterben, machen am wenigsten Arbeit.
Wenn man unsere hausinterne Statistik betrachtet, wird man erkennen, daß etwa die Hälfte der Menschen aus dem Leben geht und der Körper relativ intakt bleibt. Die anderen hinterlassen einen Haufen unappetitlicher Arbeit für Feuerwehr, Polizei, Rettungsdienst und Bestatter. Ganz oft sind es Feuerwehrler und Polizisten, die Leichenteile einsammeln müssen, ist der Bestatter rechtzeitig da, zieht man sich aber auch gerne zurück und überlässt das den „Fachleuten“ und beschränkt sich aufs Fotografieren und Markieren.

Hashtags:

Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

#selbstmord

Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | Revision:


Hilfeaufruf vom Bestatterweblog

Das Bestatterweblog leistet wertvolle Arbeit und bietet gute Unterhaltung. Heute bitte ich um Deine Hilfe. Die Kosten für das Blog betragen 2025 voraussichtlich 21.840 €. Das Blog ist frei von Google- oder Amazon-Werbung. Bitte beschenke mich doch mit einer Spende, damit das Bestatterweblog auch weiterhin kosten- und werbefrei bleiben kann. Vielen Dank!




Lesen Sie doch auch:


(©si)