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Traurige Abzocke: Der Sarg

Rechtschreibung geprüft

Der Sarg

Kommen wir in der ersten Lektion zum Sarg. Das Erste was ihr lernen müßt: Sagt niemals Sarg! Wir sagen Sarch. Sarch klingt viel weicher und angenehmer und nimmt dem Kunden die erste Scheu vor dem Erdmöbel. Wenn Ihr vom Sarch sprecht, dann sprecht ihr im Grunde von einer Holzkiste, die aus groben Latten zusammengeleimt, gehobelt, geschnitzt und lackiert wurde und kaum 100 Euro wert ist.

Dafür möchtet ihr aber vom Kunden 2.100 Euro haben, also sprecht davon beiläufig, wie selbstverständlich und kaschiert den Preis, indem Ihr ihn einfach ohne Mehrwertsteuer nennt. Die Särche in eurem Ausstellungsraum dürfen niemals Preise tragen, das gibt euch die Möglichkeit zur freien ad-hoc-Preisgestaltung, je nach Geldbeutel und Zahlungsbereitschaft der Kunden.

Wollen die Leute einen billigen Sarch, dann tut so, als sei euch das egal, nehmt euren Zettel und sagt beim Aufschreiben: „Einmal der Sozialsarch, jawoll!“

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„Da schrecken die meisten dann schon zurück. Die sagen dann, sie wollen lieber eine Preisstufe besser und dann zeigt Ihr denen die Polenpalme. Einfache Nadelholzkiste aus Osteuropa, im Einkauf locker unter 80 Euro. Wie alle billigen Särche habt Ihr die ohne Innenausstattung in der Ausstellung stehen. Dann macht Ihr den Deckel auf, zeigt den Leuten wie das rauhe, rohe Holz da drinnen aussieht und dann sagt Ihr: „Ja sicher, Sie können auch gerne das Armenmodell haben.“

So und schon habt Ihr sie in der mittleren Preisklasse. Da sind die Särge im Einkauf auch nicht viel teurer, aber Ihr habt die schon mit Innenausstattung im Laden stehen. Deckel aufmachen und ein erstauntes „Ah!“ von den Leuten kassieren.

Ihr könnt auch gleich nach den Wünschen der Kunden fragen. „Wollen Sie lieber einen hellen oder einen dunklen Sarch?“
Sagen die ‚hell‘, dann sind alle dunklen günstig und nur weil die Leute so eine ‚ausgefallene‘ Farbe wollen, wird das leider etwas teurer. Sagen die ‚dunkel‘, dann sind eben die hellen billig usw.. Das geht auch mit schmal und breit und mit hohen oder niedrigen Modellen. Immer das was der Kunde will ist leider ‚einen Hauch teurer‘.

Sobald die Kunden wegen des hohen Preises was sagen wollen, müßt Ihr sofort darauf hinweisen, daß deutsche Handwerksarbeit eben ihren Preis hat. Das stimmt ja auch, nur dürft Ihr eben nie sagen, daß diese Särche aus Deutschland kommen. Dann sofort darauf hinweisen, daß der Grabstein und die Friedhofsgebühren den größten Teil der Rechnung ausmachen und daß Ihr denen nachher noch ein bißchen im Preis entgegen kommt.

Wenn die die Zicken machen und doch auf ein anderes Modell zeigen, dann nehmt euer Handy, tut so, als ob Ihr im Lager anruft, lächelt die Leute an, sagt: „Ich frag mal ob das Modell am Lager ist, denn der hier ist schon verkauft.“ Tja, und dann ist der leider, leider nicht mehr da…
Und dann sofort ein teures Modell ins Gespräch bringen und ganz entschuldigend sagen: „Ich komm‘ Ihnen dann bei dem hier etwas entgegen.“

Ja, und was machen wir, wenn die Kunden nur eine Einäscherung ohne Trauerfeier und Aufbahrung wollen und deshalb unbedingt den billigsten Sarg nehmen wollen?

Kein Problem! Denen schwatzen wir ’ne teure Urne auf.
Oder erzählt die Geschichte von der Frau, die in die Psychiatrie gekommen ist, weil sie es alles billig wollte und nicht richtig Abschied genommen hat. Oder von der Familie, die hinterher total zerstritten war, weil es keine Trauerfeier gegeben hat.

Am Einfachsten ist es bei Erdbestattungen! Kinder, passt auf!
„Da muß man einen besonders stabilen Sarch nehmen, sonst bricht der nach wenigen Wochen schon ein und die ganze nasse Erde zerquetscht den Toten!“
Egal was die Leute jetzt aussuchen, das ist dann immer ein unstabiler Feuersarch. Zeigt denen nur noch die teuersten, nur das sind gute Erdsärge.

Aber auch bei einer Feuerbestattung könnt Ihr das so machen. Sagt einfach Folgendes:
„Der Sarch wird ja mitverbrannt und das Holz gibt ja erst das richtige Feuer. Wenn man da einen zu billigen Sarch nimmt, dann verbrennt der Tote nicht richtig und dann muß die halbverkohlte Leiche noch in die Knochenmühle.“
Glaubt mir, die nehmen dann alle einen mit mehr Holz, wetten?

Die wollen immer noch einen billigen Sarch? Gut, dann fragt nach dem Gewicht des Toten. Ist er schwerer als 80 Kilo, dann gehen die meisten Särche nicht, weil ’sonst der Boden rausbricht‘. Ist der Tote größer als 175 cm? Dann gehen nur die teuren, weil nur die innen lang genug sind, das sieht man natürlich von außen nicht.

Die Leute sind immer noch nicht vom billigen Sarch abzubringen? Na, dann kommt eben der Geruchstrick! „Wollen Sie, daß der Tote sofort zu stinken anfängt und lauter Fliegen auf dem Sarch sitzen?“
Nur teure Särge haben genug Harz im Holz, billige Särge haben große Poren, wo alles durchdringen kann.

Immer noch nicht überzeugt? Dann schreibt in Gottes Namen den billigen Sarch auf. Natürlich kommt der Tote in einen teuren, aber erst wenn die Leute weg sind und dann ruft ihr da an und sagt, der Tote würde auslaufen und das ganze Leichenwasser stehe im Sarch, man müsse jetzt doch ein etwas teureres Modell nehmen.

Reingeschaut und hingehockt!
Bei uns da werdn’se abgezockt!

In diesem Sinne

Ihr Heinrich A. Eichenlaub

Fehler durch Lektorin Anya bereinigt.

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