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Verknöchert und verkrümmt

Wie wird der Mund einer Leiche verschlossen?

Während meiner Zivizeit in einem Alten- und Pflegeheim hatte ich ab und zu eine Frau zu versorgen, die sich offenbar seit Jahren nicht bewegt hatte, so daß ihre Knochen „zusammengewachsen“ waren. Sie konnte nur noch einen Arm (eingeschränkt) bewegen.
Die Gelenke waren in angewinkelte verknöchert (also ähnlich der Embryonalhaltung). In der Draufsicht war sie daher eher „quadratisch“… wie wird so jemand beerdigt? Werden die Knochen an den Gelenken gebrochen? oder werden sie auf die Seite in den Sarg gelegt (also sozusagen „hochkant“?) Wie lange dauert es, bis die Gelenke so verknöchert sind, daß sie sich nicht mehr bewegen lassen?

Ich kann Dir leider nicht sagen, wie lange es dauert, bis Gelenke ‚verknöchern‘, ja ich weiß nichtmal ob sie es überhaupt tun oder ob sie nur durch mangelnde Bewegung versteifen. Zu den versteiften Gelenken kommen dann oft Verkürzungen von Sehnen und Muskulatur hinzu, was eine normale schmerzfreie Bewegung unmöglich macht.
Bei einem Leichnam ist das verständlicherweise anders, er fühlt keinen Schmerz mehr. Daher lassen sich oft auch sehr verkrümmte Menschen wieder halbwegs geraderichten. Aber Knochen werden da keine gebrochen. Sowas hat man vielleicht im Mittelalter gemacht, mir ist aber kein Bestatter bekannt, der Knochen bricht.
Läßt sich ein Verstorbener nicht normal gerade in Rückenlage bringen, so ist es so, wie Du annimmst, er wird dann so in den Sarg gelegt, wie es eben seine Körperhaltung zulässt. Die Verkrümmung ist ja nicht urplötzlich aufgetreten und daher rechnen die Angehörigen ja auch damit.

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Lesezeit ca.: 2 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 28. Mai 2012 | Peter Wilhelm 28. Mai 2012

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(>°-°)>
15 Jahre zuvor

Kein Mittel vorhanden, dass man in den Körper spritzen kann um – tja keine Ahnung – es Innen ein bisschen flexibler zu machen?

Ralle
15 Jahre zuvor

Also wenn ich am Wochenende bei den Körperwelten richtig aufgepasst habe, dann ist es in der Tat möglich, dass Gelenke nach und nach ganz schön verknöchern. Sieht eher so „wäh“ aus 🙂

QLance
15 Jahre zuvor

Aus eigener Erfahrung weiss ich das wenn man ein Gelenk nur eine Woche nicht bewegt, „verlernt“ das Gelenk das. Wenn man dann drüber nachdenkt, das sie es jahre nicht bewegt hat, kann ich mir das sehr gut vorstellen. Ein Gelenk das 3 Wochen nicht bewegt wurd, wird unter irren Schmerzen wieder gelenkig gemacht.
Aber das ist eine andere Geschichte.

Matze
15 Jahre zuvor

Gelenke können grundsätzlich „verknöchern“, beispielsweise als Folge von rezidivierenden Arthritiden (sogenannte Synostosen).
Auch Arthrose und Osteoporose können dafür sorgen, dass Gelenke wenig bis gar nicht mehr bewegt werden können.
In der Regel verkürzen sich aber bei Pflegefällen die Sehnen und Bänder durch mangelnde Bewegung, eine sogenannte Kontraktur entsteht, welche theoretisch durch intensive Bewegungsübungen teilweise rückgängig gemacht werden kann. In der Praxis ist das jedoch aufgrund von dabei entstehenden starken Schmerzen und oftmals mangelnder Compliance seitens der Patienten selten möglich.
Liegen also „nur“ Kontrakturen vor, könnte man, das entsprechende anatomische Wissen und chirurgische Know-How vorausgesetzt, die Sehnen und Bänder durchtrennen…

Matze
15 Jahre zuvor

Nachtrag @Qlance: Das ist nicht korrekt, das Gelenk verlernt nicht sich zu bewegen, sondern bereits durch kurzzeitige Schonhaltungen beispielsweise nach einem Knochenbruch können sich die Sehnen und Bänder verkürzen, was eine häufige Komplikation bei Gips- und Halteverbänden ist.

QLance
15 Jahre zuvor

@matze
kann sein, mein doc erklärte mir das so.
wurde dann mit ner rückenmarknarkose wieder hergestellt.
eine woche rund um die uhr knieschiene :p

janwo
15 Jahre zuvor

@ (>°-°)>

Und welcher Kreislauf sollte das Mittel verteilen?

MacKaber
15 Jahre zuvor

Dies sind für mich die Ärmsten aller menschlichen Lebewesen. Ich empfand das wie Totenstarre zu Lebzeiten. Es sind die Menschen, von deren Existenz nur Wenige wissen, dass es sie gibt. Jedesmal, wenn ich in meinen Berufsjahren damit in Berührung kam, trug ich sie tagelang in meinen Gedanken mit mir. Besonders in Erinnerung ist mir die Herzlichkeit eines alten Rentnerehepaares, das seinen Sohn zu Hause liebevoll bis über ihre Leistungsgrenze hinaus pflegte. Wir hatten diesen Sohn damals zu einer ambulanten Behandlung gefahren.

Eulchen
15 Jahre zuvor

Wohl noch schlimmer ist die Spondylitis ankylosans besser bekannt als Morbus Bechterew.

Auszug von der Seite des DVBM:

AS ist eine schmerzhafte, chronisch verlaufende entzündlich-rheumatische Erkrankung, die sich vor allem an der Wirbelsäule manifestiert. Entzündungen der Wirbelgelenke, der Gelenke zwischen Wirbeln und Rippen sowie zwischen Kreuz- und Darmbein führen schließlich zur Verknöcherung der Gelenkumgebung und zur knöchernen Überbrückung der Gelenke. Die Folge sind eine partielle, im Endstadium auch vollständiger Versteifung, oft in mehr oder weniger nach vorn gebeugter Haltung (Kyphose) und außerdem eine Brustkorbstarre.Es handelt sich um eine chronische (nicht nur vorübergehende) rheumatische (vor allem das Bewegungssystem betreffende) Krankheit, die über entzündliche Prozesse zu einer knöchernen Einsteifung der Wirbelsäule führen kann (ankylosans = versteifend).
Sie kann aber auch die übrigen Gelenke oder andere Organe des Körpers befallen. Sie ist bis heute unheilbar, läßt sich aber in ihrem Verlauf ganz entscheidend beeinflussen.

Matze
15 Jahre zuvor

Eulchen, zwischen M. Bechterew und „nur“ Kontrakturen liegt aber ein Unterschied: Keiner muss Kontrakturen kriegen, wenn er anständig gepflegt wird. Zum Glück gilt der Erwerb von Kontrakturen während eines Klinikaufenthals als Pflegefehler, genauso wie das Entstehen von Dekubitalgeschwüren – denn beides kann man mit entsprechendem Wissen und Prophylaxen verhindern.

Mephistophelia
15 Jahre zuvor

@ 10: wenns erstmal passiert ist mit dem Pflegefehler, isses eh geschehen. Wenn ichs genau betrachte, hab ich dann lauter Pfegefehler in Behandlung. Du hast im Grunde recht, aber manchmal schützt auch die beste Pflege nicht vor Dekubitus oder Kontrakturen.

eike
15 Jahre zuvor

@9: Wenn M. Bechterew heutzutage frühzeitig erkannt und behandelt wird, kommt es nur noch selten zu diesen extremen Verknöcherungen der Wirbelsäule. Man kann da durch Ernährung und Physiotherapie einiges dran machen!

@10: Natürlich gilt es in der Pflege Kontakturen zu vermeiden und prophylaktisch dagegen zu wirken. Nur zeig mir dies erfolgreich, wenn Leute 5,10 oder mehr Jahr im Wachkoma liegen. Da helfen meist auch die besten Lagerungen und Prophylaxen nichts!

Matze
15 Jahre zuvor

@13: Da zeigt sich Qualität – oder eben nicht. Die einen können es, und schaffen es, die anderen nicht. Alles eine Sache von Qualifikation, Engagement, Fortbildung und Geld.

Mephistophelia
15 Jahre zuvor

@ 13 : Eben, eine Frage von Geld. Das Durchschnittspersonal im Durchschnittspflegeheim ist auch bei überdurchschnittlichem Enthusiasmus immer an die Vorgaben der Heimleitung gebunden, nur drei Windeln am Tag pro Person, mit zwei Pflegekräften eine Station von 30 Leuten pro Schicht versorgen und und und. Pflegenotstand und Pflegequalität arbeiten gegeneinander.

me
15 Jahre zuvor

Hej,

zunächst einmal danke für die schnelle Antwort :o)

Was die Pflege in dem ALtenheim betrifft, so denke ich, daß diese schon gut war (soweit ich das als Laie beurteilen kann). Wie es zu dieser extremen Versteifung der Gelenke gekommen ist, kann ich nicht sagen, sie lag von meinem ersten Tag an so da und daran hat sich bis zu meinem letzten Tag nichts geändert – wie auch? 🙁

Für mich ist das ein erschreckendes Ende…., dann lieber gleich tot.




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