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Zahlemann und Söhne

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Die „Main-Spitze“ berichtet einmal mehr über einen Fall, in dem eine Ärztin des ärztlichen Notdienstes über die Stränge geschlagen hat.
Normalerweise stellt den Totenschein der behandelnde Arzt aus. Das ist im besten Fall der Hausarzt oder der zuständige Arzt im Krankenhaus. Die zweitbeste Variante ist der Vertretungsarzt, also der Mediziner der den Hausarzt während eines Urlaubs vertritt oder der Stationsarzt der gerade Dienst hat.
Eher wenig hilfreich ist ein richtiger Notarzt, der eventuell mit Blaulicht anrückt. Seine Aufgabe ist es, Leben zu retten und deshalb stellt er als Notdienstler und Retter zumeist auch nur eine Bescheinigung über den Tod aus, jedoch keine Leichenschaupapiere. Eine richtige Leichenschau durch einen der o.g. Behandler muß dann nachgeholt werden.

Dazwischen gibt es aber noch den ärztlichen Notfalldienst. Keine Rettungsärzte, ganz normale niedergelassene Ärzte tun hier außerhalb der Dienstzeiten und an Wochenenden Dienst. Oft kommen sie mit dem Taxi und mit dem blinkenden Schild „Arzt im Einsatz“ auf dem Dach. Auch wenn es sich hierbei um einen Augenarzt oder einen Hautarzt aus einer benachbarten Stadt handelt, stellen diese Ärzte ordentliche Todesbescheinigungen und Leichenschauscheine aus.

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Konrad Kessler aus Worfelden ist nun an eine Ärztin geraten, die im Rahmen dieses Notdienstes am Wochenende Dienst hatte. Am Freitag verstarb sein Stiefvater in einem Altenheim und weil die Hausärztin, wie viele Deutsche, wegen des Brückentages nicht erreichbar war, wurde der Rüsselheimer ärztliche Notdienst verständigt und…

…ließ sich über geschlagene sechs Stunden nicht blicken.

Da es an diesem Tag brütend heiß war, befürchtete der Angehörige einen zügigen Eintritt der Verwesung und der damit verbundenen unschönen Erscheinungen, wie z.B. Geruchsentwicklung etc.
Als nach Stunden immer noch kein Notdienstarzt erschienen war, drohte man nach mehrmaligen Anrufen schließlich mit der Polizei.
Erst dann, so schildert es Kessler der „Main Spitze“ sei die Ärztin erschienen, allerdings im Ballkleid.

Nun kann man geteilter Meinung darüber sein, in welcher Kleidung ein Notdienstarzt seiner Arbeit nachgeht. Es ist ein Arzt der seiner ganz normalen Freizeit nachgeht und eben im Bedarfsfall zu einem Patienten gerufen wird. Ich persönlich würde ja sagen: Hauptsache da kommt überhaupt ein Arzt, was er an hat, ist egal.
Und wer weiß, von wo diese Ärztin, nach etlichen Anrufen des Angehörigen bei der Notdienststelle, abgerufen wurde. Wir wissen auch nicht, ob diese Ärztin für die lange Verzögerung verantwortlich ist, denn es ist durchaus denkbar, daß sie -weil es bei ihren Kollegen so lange dauerte- zusätzlich quasi als letzte Lösung noch angerufen wurde und in aller Eile von einem Fest zum Altenheim eilte. Wie gesagt, man weiß es nicht, deshalb würde ich auch der Frage nach der passenden Kleidung nun keine so große Bedeutung beimessen und ein Ballkleid ist allemal besser als ein Hasen- oder Weihnachtsmannkostüm; alles schon erlebt. Die Ärztin habe an diesem Tag alleine Dienst gehabt und sich zunächst mal um die noch lebenden Patienten gekümmert, durchaus korrekt.

Der Endsechziger Kessler, mittlerweile ohnehin vermutlich schon auf 180 und entsprechend nervlich angespannt, sieht natürlich in der unangemessenen Kleidung einen Fauxpas: „Allein aus Pietätsgründen ist das nicht korrekt.“

Sehr verwundert war Kessler aber dann, als die Ärztin nunmehr auf Barzahlung beharrte, mit 200 Euro Pauschale sei das dann erledigt, wiegesagt in bar, per Rechnung sei das noch teurer…
Man weiß nicht, was die Medizinerin da alles zusammengerechnet hat und welchen Vervielfachungssatz sie anwandte, aber sonst sind Beträge unter 50 Euro normal.
Der verständigte Bestatter Valentin Burkl bekam nun auch den Totenschein nicht ausgehändigt. Ohne Geld keinen Schein, muß es wohl geheißen haben.
Nurkl zahlt sonst rund 30 Euro für die Leichenschau, 200 Euro findet er zu hoch und unangemessen.

Die Ärztin Barbara Erdmann, um die es hier geht, ist sich allerdings keiner Schuld bewußt. Sie gibt Probleme mit nicht zahlenden Patienten (gemeint sind hier die Angehörigen) als Grund für ihre Vorgehensweise an, denn deren Verhalten habe sie selbst schon in finanzielle Schwierigkeiten gebracht.
Einmal abgesehen von den Ungereimtheiten im vorliegenden Fall, muß hier klar gesagt werden, daß die Ärzte tatsächlich oft monatelang ihrem Honorar hinterherlaufen müssen. Die Familien sehen es oft nicht ein, daß die Krankenkasse die Gebühr für die Leichenschau nicht übernimmt und lassen die Bezahlung des Arztes einfach „untergehen“.
Das wiederum führt dazu, daß die Ärzte, die oft aus anderen Städten stammen und mit den Familien sonst nichts zu tun haben, am liebsten gleich in bar kassieren; von manchen als pietätlos empfunden, bei 30-50 Euro aber jetzt auch keine so große Sache. Bei 200 Euro allerdings sieht das anders aus, die hat man nicht eben so in der Tasche.

Bestatter kennen das Theater: Bis der Bestatter zum Sterbeort kommt, ist der Arzt meistens schon weg und dann findet der Bestatter keine Papiere vor oder nur halb ausgefüllte ohne Unterschrift oder nur die Hälfte der notwendigen Unterlagen. Der Arzt hat deshalb unvollständige Unterlagen hinterlassen, weil er vom Bestatter erwartet, daß dieser mit dem Bargeld in der Hand hinter ihm herhechelt oder nächstentags stundenlang in seinem Wartezimmer wartet, also erst einmal bar bezahlt, bevor es die Papiere gibt.
Verstehen kann ich das grundsätzlich schon, wenn der Arzt entsprechend oft negative Erfahrungen gemacht hat, korrekt ist das aber dennoch nicht.
Nach einer Leichenschau haben die vollständigen Papiere da zu liegen und beim Verstorbenen zu verbleiben, damit dieser ordnungsgemäß überführt werden kann.

Quelle und Zitate: Würdelose Odyssee nach Todesfall (Main-Spitze, 27.05.2009)

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