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Behörden-Wirrwarr, Frau bleibt unbeerdigt

Unglaubliches Zuständigkeits-Hickhack in Hamburg!

Damit überhaupt zu verstehen ist, um was es geht, muß ich zunächst mal wieder ein Loblied auf die gute alte Bestattungsvorsorge singen. Zu Lebzeiten legt man fest, wie und wo man bestattet werden möchte und wie die Kosten dafür aufgebracht werden. Es ist durchaus möglich, eine dritte Person -etwa die erben– mit der Bezahlung zu betrauen und es kommt auch durchaus nicht selten vor, daß Kinder oder Enkel mit zum Vorsorgegespräch kommen, damit das alles geklärt wird.

So eine Vorsorge ist aber umso wichtiger, wenn man keine Hinterbliebenen hat, dann gibt es nämlich keine bestattungspflichtigen Angehörigen und der eventuelle Erbe müsste sich um die Bestattung kümmern.

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Das ist auch der Hintergrund für das Theater um die vor mehr als sechs Wochen und noch immer nicht bestattete Gertrud Peemöller.

Die Frau aus Ahrensburg stand zu Lebzeiten unter Betreuung, eine Betreuerin kümmerte sich um geschäftliche und behördliche Dinge. Zu diesem Zweck hat sie u.a. auch das Stammbuch, also ein Buch in dem die wichtigsten Urkunden (Geburts- und Heiratsurkunden etc.) enthalten sind.

Als Frau Peemöller starb wurde sie in den Kühlraum des Öjendorfer Friedhofs gebracht und dann -das ist das Unglaubliche- dort vergessen.

Erst Recherchen der Stomarn-Ausgabe des Hamburger Abendblattes brachten diesen Skandal ans Licht der Öffentlichkeit, offenbar fühlte sich niemand für die Verstorbene zuständig.

Die Frau war in einem Krankenhaus in Hamburg-Wandsbek verstorben und dann „in einem Wirrwarr von Zuständigkeiten verschwunden“.
Jetzt kommt endlich Bewegung in die Sache, angetrieben vom durch die Zeitung verursachten öffentlichen Interesse.

Heute wird ein beauftragter Hamburger Bestattungsunternehmer beim Standesamt eine Abschrift von Frau Peemöllers Heiratsurkunde abholen. An dieser hatte es nämlich bisher gemangelt.
Ohne Heiratsurkunde kann keine Sterbeurkunde ausgestellt werden und ohne Sterbeurkunde kann das bei Gericht hinterlegte Testament nicht eröffnet werden und ohne dieses weiß man nicht, wer der Erbe der Frau Peemöller ist und wer somit die Bestattung regeln muß.

Die Betreuerin wäscht ihre Hände in Unschuld, sie verweist -und das zu Recht- darauf, daß die Betreuung mit dem Tode endet. Im Grunde hat sie also mit der Sache nichts mehr zu tun.

„Wir haben nach dem Tod keine Befugnisse mehr“, sagt die Betreuerin der verstorbenen Ahrensburgerin. Und das Standesamt in Wandsbek habe sich bei ihr nicht gemeldet. „Ich wäre jederzeit für eine Zusammenarbeit bereit gewesen“, sagt die Betreuerin.

Doch die Friedhöfe Hamburg sehen das anders. Nachdem sie durch die Zeitungsberichterstattung aufgeschreckt worden waren, hatten sie sich an die Betreuerin gewandt und um Herausgabe der wichtigen Unterlagen gebeten:

„(Vom Amtsgericht) haben wir erfahren, dass Unterlagen fehlen und die Betreuerin angerufen. Leider ohne Erfolg. Sie wollte das Familienbuch nicht herausgeben“, sagt der Pressesprecher der Friedhöfe Hamburg, Lutz Rehkopf.“

Die Betreuerin soll erklärt haben:

„Ich kann mir anvertraute persönliche Dokumente nach einem Anruf vom Friedhof nicht einfach weitergeben.“

Diese Betreuerin hält sich sicherlich an die Buchstaben des Gesetzes, ich kenne aber aus eigener Erfahrung auch Betreuer, die -trotz fehlenden öffentlichen Auftrags- sich wenigstens aus Anstand noch um den Fortgang der Dinge kümmern. Es hätte ja durchaus nicht viel Mühe gemacht und wäre gewiss auch für Betreuer nicht verboten gewesen, wenn die Betreuerin den einen oder anderen Anruf getätigt hätte und im Auge behalten hätte, wie es weitergeht.

Wann und wie es weitergeht, das steht noch in den Sternen, aber wenigstens scheint jetzt Bewegung in die Sache gekommen zu sein.

Quelle und Zitate hier


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Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 30. April 2009 | Revision: 5. Februar 2014

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17 Kommentare
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ein anderer Stefan
15 Jahre zuvor

Immer wieder toll, wenn die Kollegen im ÖD Dienst nach Vorschrift machen. Ob es der Sache (oder den Menschen) dient, ist ja egal, Hauptsache die Vorschriften sind eingehalten. Andererseits kriegen die Sachbearbeiter womöglich einen reingewürgt, wenn sie etwas außerhalb ihrer Zuständigkeit machen oder den Ermessensspielraum großzügig auslegen – die Abläufe im ÖD neigen leider dazu, die Mitarbeiter zum Dienst nach Vorschrift zu „erziehen“ – ich sprech aus Erfahrung.

timekeeper
15 Jahre zuvor

andererseits schreibst du doch immer: ein toter ist morgen auch noch tot. und anscheinend wartet auch niemand rastlos aufs begräbnis.

Rowan
15 Jahre zuvor

Na ja, nach 6 Wochen wird es aber langsam Zeit. Morgen noch tot sein ist eine Sache, eine Frau sechs Wochen rumliegen zu lassen eine andere.

Matthias
15 Jahre zuvor

Irgendwann fangen sie ja auch trotz Kühlung an, wieder zu laufen, aber nicht ganz im ursprünglichen Sinn…

Ronald
15 Jahre zuvor

Hmmm Kopien machen kam Ihr nicht in den Sinn?

Rzst
15 Jahre zuvor

ich mein man braucht für die beurkundung das original oder zumindest eine beglaubigte kopie (welche es wiederum beim standesamt gibt)…

sehr pietätlos… 6 wochen…

muss sich da nicht eig, dass ordnungsamt einschalten, bei null angehörigen???

martin
15 Jahre zuvor

hmm, ich darf nicht sterben! ohne heiratsurkunde keine sterbeurkunde… und ich bin nicht verheiratet!

15 Jahre zuvor

@1: Wie kommst du darauf, dass die Betreuerin im öffentlichen Dienst ist? Betreuungen werden in der Regel von Berufsbetreuern, Privatpersonen und/oder Betreuungsvereinen durchgeführt- in meinem Wohnort zB. kümmert sich die „amtliche“ Betreuungsstelle lediglich um die Werbung neuer Betreuer, die Koordination und Sachen wie Fortbildung. Die Betreuung durch „das Amt“ ist eine ganz große Ausnahme, schwierigen Sonderfällen vorbehalten. Interessant, wie aber auch jedes Vorurteil fröhlich wieder aufersteht, sobald sich nur am Rande die Möglichkeit dazu ergibt.

15 Jahre zuvor

Ich sehe keine Vorurteile auferstehen. „Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps“, daß ist ein Vorurteil, weil es durchaus Menschen gibt, die Beides verbinden können, dabei ist es egal, ob es sich um den öffentlichen Dienst, oder sonst welche Dienste handelt. (Ruhe dahinten, ich habe den Kühlschrank mit den Schnapsflaschen selbst gesehen.) Wer sich im Dienst nicht an seine Vorschriften hält, wird zur Verantwortung gezogen, Dienst nach Vorschrift schützt vor Eigenverantwortlichkeit. Manch Einer würde ja gerne, im „würde“ sind die Menschen ja jetzt fleißig, aber wenige Menschen sind bereit zu machen, was sie würden, wenn sie sich trauen täten. [Quote=Karl Valentin]“Mögen hätt‘ ich schon wollen, aber dürfen hab ich mich nicht getraut!“ [/Quote] Die Betreuerin muss sich an die Vorschriften halten, entscheidend ist die Frage nach der Vorschrift, in der steht, das nach Beendigung des Betreuungsverhältnisses alle Unterlagen des Betreuten unverzüglich an die nun zuständige Stelle weitergeleitet werden müssen. Wieviele Tage sind dabei „unverzüglich“? Unglücklicherweise hatten übrigens alle Betreuer, mit denen ich zu tun hatte, zuwenig Zeit für den einzelnen Betreuten, da kann auch bei… Weiterlesen »

15 Jahre zuvor

Die haben Beamten-Mikado gespielt – wer sich zuerst bewegt hat verloren.

Kirstin
15 Jahre zuvor

Was hat die Betreuerin davon wenn Sie die Urkunden behält?
Also bei uns haben wir diese dann immer an die zuständigen Behörden abgegeben. Schließlich kann man ja später auch selbst mal in den „Genuß“ kommen und Alt werden und eine Pflegekraft brauchen.
Völligst Pietätlos von seiten der Betreuerin.

Lisa
15 Jahre zuvor

Ja in Hamburg ( Komme aus HH bin Bestatterin ) ticken die Uhren dann glaube ich doch ein bisschen anders.
Ich finde es gut dass dieses Thema auch mal aufgegriffen wird, denn wie ein Vorredner schon geschrieben hat, das kommt davon wenn man zu sehr nach Vorschrift arbeitet *kopfschüttel*

ein anderer Stefan
15 Jahre zuvor

@8: Eine Betreuuerin wird amtlicherseits bestellt, wenn sonst niemand da und die Person nicht geschäftsfähig ist. Somit ist die Betreuungsperson mindestens im öffentlichen Auftrag unterwegs, wenn auch evtl. als Privatunternehmen. Und dann greift das, was ich oben geschrieben habe, mindestens teilweise. (Vielleicht sogar noch mehr, denn wenn ein privater sich nicht an die Vorschriften hält, ist er schnell weg vom Fenster).

Ich bin selber im ÖD – und kenne genug Kollegen, die genau so agieren. „Wer nichts macht, macht auch keine Fehler.“ Insofern ist das leider kein Vorurteil, sondern eigene Erfahrung. Zum Glück sind nicht alle so.

Anonym
15 Jahre zuvor

zur Thema Heiratsurkunde. Wenn man ledig ist zählt dann die Geburtsurkunde? Oder man kann ja auch ledig sein und Kinder haben, die dann verantwortlich sind, welche Urkunde kommt dann ins Spiel? Ledige mit Kindern bekommen ein Stammbuch mit allen Urkunden ja nur auf Antrag und gegen zahlung von viel Geld. Ledige mit Kindern haben ja in der Regel eine lose Blattsammlung aller Art von Urkunden.

15 Jahre zuvor

Du findest die Antwort auf Deine Fragen hier:

http://bestatterweblog.de/archives/Was-tun-bei-einem-Sterbefall/1038

Eulchen
15 Jahre zuvor

ok danke für den Antwortlink, hatte leider vergessen meinen Namen einzutragen, passiert manchmal wenn man den Post zu schnell abschickt =)

MacKaber
15 Jahre zuvor

Die Betreuerin wird aus Schaden klug geworden sein. Vielleicht bekam sie schon eins reingewürgt, was ihr eine Lehre war. Daher: Streng nach Vorschrift, auch wenn es weh tut. Wenn es beim Amt der gleiche Sachbearbeiter ist wie beim letzten Fall, dann sieht er jetzt, dass seine Disziplinarmaßnahme Erfolg hatte.




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