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Blubb

Es blubbert. In der Filiale 2 durfte ich gestern Abend noch spät ein verstopftes Klo begutachten.

„Das ist aber Ihr Klo“, krähte die Rentnerin von oben, die in einer unbeschreiblichen Zusammenstellung aus frühkindlicher Strampelkleidung und vorfaschistischer Nachtbekleidung auf der Treppe stand. Ob sie sich der Tatsache bewußt war, daß dieses merkwürdige Oberteil an ihr klebte, als sei es naß? „Sie sind das in Schuld, Sie sind das gewesen, nicht wir!“

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Diese Filiale ist eine kleine Präsenzfiliale mit einer kleinen Sarg-, Urnen- und Wäscheausstellung. Wir betreiben sie nur, damit wir in dieser ländlichen Gemeinde auch präsent sind und fahren dort nur hin, wenn entsprechend Bedarf ist. Da geht normalerweise niemand aufs Klo, in der ganzen letzten Woche erst recht nicht.
Dem jungen Mann, der im Keller ein Studentenzimmer bewohnt, war übelriechende Brühe durch die Decke gesickert und er hatte mich angerufen und war zunächst im Glauben, das können Leichenwasser aus einem unserer Särge sein.

Eine Weile später stand ich ihm gegenüber und merkte gleich, der hatte was Nettes geraucht oder zuviel Mohnbrötchen gegessen. „Ach, da liegen gar keine Leichen drin?“ sagte er erstaunt, als ich ihm erklärte, die Särge in der Ausstellung seien alle leer. Offenbar hat er es mit dem Denken nicht so oder litt unter einer kurzfristigen THC-bedingten Synapsenverklebung. Anders kann ich es mir nicht erklären, daß er tatsächlich glaubte, in den ganzen Särgen in der Ausstellung eines Bestatters lägen immer auch Leichen.

Kurzum: Irgendwas hatte die Abwasserleitung des Hauses verstopft und zwar ziemlich weit unten, vermutlich fast schon am Übergang zur Straßenkanalisation. Dann hatte sich die Brühe ins Haus zurückgestaut und war zeitgleich aus unserem Klo und aus dem Klo des Studentenbudenbewohners, das von seiner Bude aus einen Stock höher liegt, herausgeblubbert.

Er hatte dann eine Flasche Spiritus ins Klo geschüttet und gehofft, das bringe irgendwas. Klar, hat man ja auch schon oft gehört, daß Spiritus Toilettenverstopfungen beseitigt! Da das nichts half, stopfte er noch die rote Gummisaugglocke in die Brühe und pümpelte eine ganze Weile fleissig vor sich hin, was aber nur, nach dem Prinzip der kommunizierenden Röhren, zu einem weiteren Hochblubbern der häuslichen Jauche in unserem Firmenklo führte.

Durch die rege Betriebsamkeit im Treppenhaus, von wo man zum Klo des Heurauchers gelangt, wurden die Rentner von oben von der allabendlichen Seniorenfernseh-Ausstrahlung in der ARD (Arthritis, Rheuma, Diabetes) von „Servus Hansi Hinterseer“ weggelockt. (Wobei ich mich ständig frage, wann der Hansi endlich geht, wo doch immer Servus gesagt wird.)

Jetzt stehe ich da zwischen dem Mohnkauer und der verkleideten Alten und höre, wie jeder jeden beschuldigt, das Klo verstopft zu haben. Unterdessen läßt der Mann der Rentner-Barbie oben lustig die Spülung des Seniorenklos rauschen und ruft immer wieder: „Datt löpt, datt löpt!“
Und während er sich freut, daß bei ihm, außer den Arterien im Kopf, nichts verstopft ist, blubbert bei uns im Klo ein Gemenge aus Fäkalien und Suppengrün empor.

Ich bin mir keiner Schuld bewußt, wir werfen zum Beispiel kein Suppengrün ins Klo. Das sage ich auch mal ganz vorsichtig, was der Junge opiatisch abnickt, die Alte aber nur noch mehr erzürnt: „Wie können Sie uns beschuldigen? Ihr Klo ist verstopft, nicht unseres!“

„Bei uns kommt es doch nur hoch, weil unsere Klos an der tiefsten Stelle liegen.“

Inzwischen hat sich ein weiterer Hausbewohner, der 40jährige von ganz oben, dazugesellt und keift mich an: „Sie hom was gegen Östdeütsche newahr?“

Ach Herrjeh! Jetzt fehlt mir nur noch eine Müslitante in der Sammlung!

„Da muß man jetzt viel kochendes Wasser ins Klo schütten“, meint die Rentnerin und ich sage: „Damit die Fäkalienbrühe dann kochendheiß in unser Büro läuft, was?“

„Fäkalienbühe? Da hört sich doch aber alles auf!“ tirriliert sie, wendet sich an den Ostdeutschen und sagt: „Haben Sie das gehört, jetzt sollen wir sogar Fäkalienbrühe ins Klo geschüttet haben. Erst Suppengrün und jetzt auch noch Fäkalien.“ Und nach hinten oben in Richtung ihres Mannes: „Walter! Sag Du doch auch mal was!“

Walter ruft zurück: „Ich tu mal Waschpulver runterspülen!“

„Fäkalien, Unverschämtheit“, stimmt ihr der 40jährige zu und der junge Mann aus dem Keller hebt bloß kurz die Schultern und grummelt: „Es stinkt.“

„Ich ruf‘ jetzt den Rohrdienst und dann ist wieder gut“, schlage ich vor. Der Ostdeutsche sagt: „Ich zahl das nicht!“ sprach’s und war binnen einer Mikrosekunde verschwunden. Die Rentnerin meinte: „Suppengrün, Frechheit!“, der Kellerbewohner: „Jau“ und der Rentner aus der Wohnung: „Achtung, jetzt kommt kochendes Wasser!“

Eine halbe Stunde dauerte es bis der Abflussdienst da war, eine Dreiviertelstunde bis man das Klo des Kellermanns demontiert und mit der Motorspirale alles durchgestoßen hatte und dann präsentierte man uns wunderschöne ausgewaschene Rindsknochen, offenbar von der Beinscheibe, die das Rohr verstopft haben sollen.

„Von uns sind die nicht“, ruft die Seniorin sogleich und ich sage nur zu ihr: „Nee nee, die sind von uns. Da sehen Sie mal, was wir in unserem Hinterzimmer mit Rentnern machen.“

Ich stelle fest: Rohrverstopfungen sind immer unterhaltsam.

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Lesezeit ca.: 6 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 28. Mai 2012 | Peter Wilhelm 28. Mai 2012

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16 Jahre zuvor

Servus kann man auch als Begrüßung sagen, ich tu das andauernd. 😉

16 Jahre zuvor

„unbeschreiblichen Zusammenstellung aus frühkindlicher Strampelkleidung und vorfaschistischer Nachtbekleidung“

Muhahahahaaaaaaa! Sehr schön beschrieben – auch wenn mir ein bisschen die Vorstellung fehlt, was das sein soll: So ein „Erwachsenen-Strampler“ in Rüschenoptik?

16 Jahre zuvor

“Von uns sind die nicht”, ruft die Seniorin sogleich und ich sage nur zu ihr: “Nee nee, die sind von uns. Da sehen Sie mal, was wir in unserem Hinterzimmer mit Rentnern machen.”

°oO(Wenn das mal nicht nach hinten losgeht) *lol*

16 Jahre zuvor

Herrlich… wie immer.
Ich bin gespannt, der wievielte Kommentator den Link zum großen „große-Haufen-Thread“ postet 🙂

hajo
16 Jahre zuvor

und:
„Anders kann ich es mir nicht erklären, daß er tatsächlich glaubte, in den ganzen Särgen in der Ausstellung eines Bestatters lägen immer auch Leichen.“
Tom, zu einer Präsentation gehört doch das komplette „Arrangement“ (von wesche dere Audendizidähd)!
klasse Story!

bloeder_hund
16 Jahre zuvor
Ich_halt
16 Jahre zuvor

Tom, ich würd an Deiner Stelle mal vorsichtshalber die Kettensäge aus dem Hinterzimmer verstecken.
Vielleicht kommen ja die Spargeltarzane zum Nachschauen.
LoL

Miriam
16 Jahre zuvor

Herrlich. War das zufällig die gleiche Filiale, wo ihr auch den Wasserschaden hattet?

gb
16 Jahre zuvor

so eine sche*sse :/

*g*

Foo
16 Jahre zuvor

Fäkalien ins Klo, wer tut denn sowas? Also nein…

16 Jahre zuvor

Da warst du ja mal wieder besonders gut drauf. Dolle Ansammlung un-möglicher Wortverbindungen. Danke!

16 Jahre zuvor

@bloeder_hund
danke 🙂

bloeder_hund
16 Jahre zuvor

bitte 🙂

Asz
16 Jahre zuvor

„Eine Weile später stand ich ihm gegenüber und merkte gleich, der hatte was Nettes geraucht oder zuviel Mohnbrötchen gegessen“

Ja,ja, die Mohnbrötchen – das sage ich auch immer, aber nie glaubt mir einer!

mog0
16 Jahre zuvor

Was ist „vorfaschistische Nachtbekleidung“?

Beschreibung oder Musterbild BITTE !!!!einself

16 Jahre zuvor

rofl!
Es ist verdammt schwer sich da nicht lachend am Boden zu wälzen, nur weil das vielleicht anderen Leuten hier im Computerraum Angst machen könnte. 😀

Aber echt mal, Fäkalienbrühe! Sowas tut man doch nicht ins Klo… xD

16 Jahre zuvor

Nee nee, die sind von uns. Da sehen Sie mal, was wir in unserem Hinterzimmer mit Rentnern machen

Nein, das hast du nicht gesagt. Oder doch? Ich habe mich jedenfalls köstlich amüsiert. So macht das Wachwerden Spaß *g*

16 Jahre zuvor

Was?!
Beim Bestatter liegen in den Särgen nicht schon vorgefertigte Leichen?
Ich dachte man sucht sich den Sarg samt Leiche aus.

Warum sollte man denn einen leeren Sarg verbuddeln?! 😀

16 Jahre zuvor

Ich hoffe

a) dass der junge Mann nicht Chemie

und vermute

b) dass er Sozialwissenschaften im 18. Semester (1. Abschnitt) studiert.

*eg*

16 Jahre zuvor

@Nina: Nein, Chemie studieren und Spiritus gegen Verstopfungen ins Klo schütten, das widerspricht sich. Sollte es zumindest. ^^

Meine Vermutung wäre aber, dass es sich um einen angehenden Landschaftsarchitekten handelt. *g*

Asz
16 Jahre zuvor

@LabWolf – was ein Chemiestudium bewirkt und was es bewirken soll – das sind zwei verschiedene Dinge.
Davon bin ich fest überzeugt! 🙂

16 Jahre zuvor

@Asz: Könntest du schon recht haben. So ganz ohne mehr oder weniger schwere Nebenwirkungen geht es in keinem naturwissenschaftlichen Studium. 😉

16 Jahre zuvor

@ LabWolf: Genau deshalb hoffe ich ja, dass er NICHT Chemie studiert. Wäre peinlich. 😉

16 Jahre zuvor

Wann lernen die Leute endlich, das man keine Lebensmittel in der Toilette entsorgen soll?

16 Jahre zuvor

@Nina: Solang es nur peinlich wird und nicht gefährlich… ^^ Wobei, letzteres käme ja eventuell einer gewissen Berufsgruppe zu gute… 😉

16 Jahre zuvor

Ymmd!!!! 🙂

LeSmou
16 Jahre zuvor

jaja die Chemiker
ich kenns von meinem Herrn Vater. Da konnte er sich den Sprengstoff endlich im Uni-Labor selbst mischen^^

sarc
16 Jahre zuvor

Hättest die Frau nicht mal fragen können, wo sie sich denn sonst ihrer Hinterlassenschaften entledigt? (Bewusst höflich formuliert, wenn du sie gefragt hättest „Ach, Sie kacken in die Spüle, oder was?“ könnte das zu Unmut im Haus führen…)

Btw, man kann froh sein, dass der nicht Chemie studiert hat. Ich kenn n paar Chemiestudenten, und was die ins Klo schütten würden… Da würd ich definitiv nicht anwesend sein wollen…

Und zu guter Letzt: So macht man ein Klo sauber! http://www.daujones.com/detail.php?usrid=8721

16 Jahre zuvor

Also wäre ich Chemiestudent würde ich Königswasser reinkippen (Salzsäure + Salpetersäure, wenn ich mich nicht täusche). Wäre da Metall drin wäre es weg… Die Leitungen sollten das doch aushalten.

Nee, aber jetzt mal ernst.
Wie wäre es wenn du dir mal eine Motorspirale oder so einen Kanalroboter kaufst? So oft wie du den brauchst. 😉
Aber wenigstens hast du keine Chemie reingekippt.
Eins noch:
YMMD!!!

CCA
16 Jahre zuvor

Ja wieso, ich sähe da durchaus eine Möglichkeit mit Spiritus. Einfach so viel ins Klo entleeren und spülen, dass sich im Rohrsystem genug Gasgemisch bildet.
Dann im ganzen Haus die Gummipömpel ins Klo, damit der Druck nur zur Kanalisation entweichen kann, mit der Hand und nem Feuerzeug durch den Siphon schlängeln und zünden.

Ich bin mir ziemlich sicher, das haut das Rohrsystem mal so richtig frei!

Pari
16 Jahre zuvor

Da siehts man’s mal wieder. Macht sich über Ostdeutsche Senioren und Studenten lustig; wie typisch!
Wenn’s nicht so unterhaltsam wär könnte man sich echt aufregen^^

16 Jahre zuvor

Man muss den Spiritus einfach anzünden nach dem Eingießen. Ganz einfach.

CCA
16 Jahre zuvor

Na, Anzünden alleine bringt doch nix. Zugegeben, dann wird das Rohrsystem wenigstens mal ordentlich ausgeglüht und ist danach hygienischer als vorher.
Aber so ein ordentlicher Wumms von einer Verpuffung, da sitzt Druck hinter!

Sensenmann
16 Jahre zuvor

ROFL wie geil 😀 Man möchte es kaum für möglich halten…

@sarc: Der Link ist auch genial!!!

hajo
16 Jahre zuvor

CCA
mit Ausglühen is‘ nich‘
im Zeitalter von „Plaste und Elaste“ löst sich das Problem bei ca. 70 °C von selbst!
😉

16 Jahre zuvor

Königswasser… Also ich hätte ja zu „Knabberwasser“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Peroxomonoschwefels%C3%A4ure) gegriffen. Das macht aus dem ganzen organischen Kram da drin auch Kleinholz. ^^

kr51-2
16 Jahre zuvor

Immerhin war der Studiosi nicht so daneben, eine Flasche Abflussreiniger zum Reinigen des Abflusses zu verwenden! 😀
(nee, wir kucken niemanden Bestimmtes an ^^)

Mac Kaber
16 Jahre zuvor

Die Knochen sind eindeutig von Euch. Da wollte eine Vorführleiche aus dem Mustersarg flüchten und ist im Rohr stecken geblieben wie Santa Claus im Kamin -HOHOHO.

Oder es war umgekehrt, Ein Körperweltenspender hat es sich anders überlegt, hat seine Einzelteile zusammengesucht. Dann ist er auf der Flucht aus Guben im Rohr stecken geblieben, als er hereinwollte um sich – in der Hoffnung auf ein Grab in einem Sarg hinter der Innenverkleidung zu verstecken.

Sven
16 Jahre zuvor

Einer der besten Einträge hier! Habe mich totgelacht! Armes Deutschland!
😉
Den Rentnern gibts du aber Sonderrabatt bei der Bestattung, oder? 😉 Je weniger lang es dauert desto mehr Rabatt! 😀

Mel
16 Jahre zuvor

*kreisch*
Je mehr Rentner und Drogenabhängige im Haus, desto mehr potentielle Kunden ;o)

Mac Kaber
16 Jahre zuvor

An zuviele Rentner darf man nicht vermieten, sonst bekommt man mit dem Gewerbeaufsichtsamt ein Problem wegen Betreiben eines illegalen Altenheimes.

16 Jahre zuvor

… präsentierte man uns wunderschöne ausgewaschene Rindsknochen (das kann ejder sagen), offenbar von der Beinscheibe, die das Rohr verstopft haben sollen. Und vorher Suppengrün?

Kocht ihr aus den Leichen Suppe? Aber echt eeeeehhhh. ^^

Nina
16 Jahre zuvor

der Eintrag ist zwar älter, aber da ich heute gerade den Blog entdeckt habe und mich nun rückwärst durchlese, muss ich doch was loswerden: ich lache gerade Tränen bei diesem Eintrag, der Schreibstil so was von umwerfend… danke, mein Abend ist definitiv gerettet.

CMSers
15 Jahre zuvor

Ich Grusse euch Benutzer des Projekts bestatterweblog.de !

Wenn etwas, nicht korrekt ist bitte korrigieren…

Tschuss!




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