Geschichten

Der Fleck an der Deck -V-

orgel

Seit meinem Besuch in der Wohnung des Herrn Krause waren nun einige Wochen vergangen, aber jedes Mal, wenn ich nur den Namen Krause hörte oder an die Wohnung denken mußte, hatte ich sofort wieder diesen Geruch nach Urin in der Nase.

Frau Zimmermann sitzt mir gegenüber und knipst nervös ihre Handtasche immer wieder auf und zu.

Werbung

Inzwischen sei ein Mann von der Haushaltsauflösungsfirma da gewesen und habe gesagt, da bräuchte man den ganz großen 10 Kubikmeter-Container und wenigstens drei Mann an zwei Tagen und dann seien die Möbel noch nicht draußen.
Da solle alles raus bis auf ganz persönliche Erinnerungsstücke und dann besenrein übergeben werden. Anschließend kämen dann die Handwerker.

„Ich war so froh, daß die das machen, die vom Amt“, sagte Frau Zimmermann und schnäuzte sich leise, damenhaft in ein Stofftaschentüchlein. Sie seufzte erneut und meinte dann: „Ich hatte noch gedacht, irgendwie muß ich dem alten Krause ja auch noch dankbar sein.“

„Ja wieso das denn? Der hat Ihnen das ganze Haus zugemüllt und was weiß ich alles verdreckt.“

„Ja schon, das ist ja alles auch ganz fürchterlich schlimm, aber wenn der nicht wäre, dann hätte ich jetzt nichts anderes zu tun, als auf den Friedhof zu laufen und wäre ansonsten ganz alleine.“

Naja, das ist ja auch mal eine Ansicht der Sache, mit der ich nicht gerechnet hätte. Da sah diese arme Frau ausgerechnet in demjenigen, der ihre Mietwohnung in ein Sanierungsobjekt verwandelt hatte, jemanden, der ihr die Zeit vertreibt und ihr Ablenkung verschafft, wenn auch nicht persönlich.

Doch ich schrieb ja schon, daß am Ende alles ganz anders kam.
Die Entrümpelungsfirma hatte tatsächlich eines Tages einen Absetzcontainer vor dem Haus der Frau Krause abgestellt und angekündigt, am nächsten Tag anzufangen. Das Amt würde jetzt Druck machen, wegen der öffentlichen Gesundheit und Hygiene, von der Wohnung gingen Gefahren für die Allgemeinheit aus, wegen des Ungeziefers und so.

Aber am späteren Nachmittag ruft jemand von der Verwaltung bei Frau Zimmermann an. Es habe sich alles geändert, man müsse dringend mit ihr reden, der Krause sei am Vormittag gestorben.

„Und stellen Sie sich vor, der Krause hatte eine Tochter!“

Ich mußte erst einmal verdauen, daß der alte Krause gestorben war und jetzt kam noch diese Neuigkeit hinzu.

„Wieso hatte der eine Tochter? Wie kommen Sie darauf?“

Frau Zimmermann zog einen Zettel aus ihrer Handtasche und hielt ihn mir hin: „Da, dann lesen Sie das mal!“

„Hiermit erkläre ich, das ich private Insolvenz habe und arbeitslos bin. Ich habe das Erbe von mein Vater ausgeschlagen und ausgetreten. Hiermit schenke ich alles von mein Vater der Frau Zimmermann wodie Vermieterin von mein Vater ist. Sie kann damit machen was sie will. Auch wegwerfen oder verkaufen. Ich will nichts.
Hiermit übersende ich den Schlüssel und die Angelegenheit.
Ist für mich erledigt.

Gezeichnet Frau Schambers, Tochter“

Toll, so kann man sich auch aus der Affäre ziehen. Aber gut, wir wissen nichts über die Krauses, kennen die Hintergründe nicht. Auf der anderen Seite: Blut soll ja immer dicker sein, als Wein und eigentlich hätte es schon der Anstand geboten, daß die Tochter wenigstens versucht, irgendwie tätig zu werden und das alles nicht einfach fremden Menschen aufbürdet. Selbst wenn ihr Verhältnis zum Vater schlecht gewesen ist und sie nichts mit ihm zu tun haben wollte, Frau Zimmermann hätte noch viel weniger Grund, etwas damit zu tun haben zu wollen.

Den Brief habe sie abends in ihrem Briefkasten vorgefunden, mit dem dritten Schlüssel zur Wohnung.

Und jetzt?

Hashtags:

Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

Keine Schlagwörter vorhanden

Lesezeit ca.: 5 Minuten | Tippfehler melden


Hilfeaufruf vom Bestatterweblog

Das Bestatterweblog leistet wertvolle Arbeit und bietet gute Unterhaltung. Heute bitte ich um Deine Hilfe. Die Kosten für das Blog betragen 2025 voraussichtlich 21.840 €. Das Blog ist frei von Google- oder Amazon-Werbung. Bitte beschenke mich doch mit einer Spende, damit das Bestatterweblog auch weiterhin kosten- und werbefrei bleiben kann. Vielen Dank!




Lesen Sie doch auch:


(©si)