Frag doch den Undertaker

Krankenpfleger wird durch wenige Handgriffe zum Mordverdächtigen

Ich bin seit Jahren treuer Leser des Bestatterweblogs. Bei manchen Beiträgen musste ich schmunzeln, bei anderen trat der berühmte „Achsoooistdas-Effekt“ ein.

Nun zu meiner Frage, die mich schon lange beschäftigt:
Ich arbeite als Nachtkrankenpfleger in einem Seniorenheim in Bayern. Wenn nachts einer unserer Bewohner stirbt, rufen wir den Arzt. Oft dauert es aber 2-3 Stunden bis der kommt und manchmal wollen in der Zwischenzeit die Angehörigen Abschied nehmen. Nun bietet ja mancher Tote nicht gerade einen angenehmen Anblick. Ich möchte aber nich, dass die Angehörigen durch diesen Anblick verstört oder gar traumatisiert werden. Schließlich soll die Abschiednahme ja würdevoll von statten gehen. Mit einigen wenigen Handgriffen könnte ich den Verstorbenen so richten, dass der Würde des Augenblikcks genüge getan wird.

Aber wenn der Arzt dann kommt, dann kann es vor allem bei jüngeren Ärzten dazu kommen, daß er aufgrund der Lageveränderung dann von einer unnatürlichen Todesursache ausgeht. Die Konsequenz: Mitten in der Nacht kommt die Kripo, Spurensicherung und das ganze Programm.
Für die Angehörigen der absolute Albtraum. Für uns Pflegepersonal auch.
Als Krankenpfleger steht man alleine gelassen da. So! Und jetzt meine Frage:
Was kann man da tun?

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Ich weiß, dass es keine einfache Antwort gibt. Aber vielleicht haben Sie ein paar Ideen, um dieses Dilemma zumindest etwas aufzulösen.

Viele Grüße,
J.

Normalerweise würde man ja jetzt sagen, daß es selbstverständlich möglich sein sollte, daß das Pflegepersonal einem Verstorbenen diesen letzten Dienst erweist. Und das ist auch so. Niemand kann etwas dagegen sagen, wenn Ihr die Verstorbenen wascht, ordentlich ankleidet und vernünftig bettet.

In einem Altenheim hier ist es üblich, daß die Verstorbenen alle ein Totenhemd bekommen, die Hände gefaltet und dann bei Kerzenlich in einem extra Zimmer aufgebahrt werden.

Das geht deshalb, weil die Ärzte da dort kennen und „mitspielen“.

Verändert man die Lage eines Verstorbenen, kann das dazu führen, dass sich die Leichenflecken an falschen Stellen bilden und nicht mehr mit möglichen anderen Anzeichen korrespondieren. Oder die Leichenfelcken passen nicht zur späteren Lage des Toten.
Der Arzt möchte u.U. auch die Lage und Haltung des Verstorbenen mit in seine Beurteilung einbeziehen. Das gilt um so mehr, je weniger der Arzt den Toten vorher gekannt hat.

Auf der anderen Seite schreibst Du mir aus Bayern und ich weiß von bayerischen Kollegen, daß dort oft die Verstorbenen auch von den Angehörigen in ihr bestes G’wand gesteckt und feierlich aufgebahrt werden. Der Arzt kommt dann auch erst später dazu.
Natürlich erschweren solche Maßnahmen die Leichenschau, aber ein Arzt sollte trotzdem in der Lage sein, zu beurteilen, ob der Verstorbene eines natürlichen Todes gestorben ist.

Nun muss man aber auch die Ärzte verstehen. Ich behaupte ja immer wieder und stehe damit mit den führenden Forensikern in Einklang, dass in Deutschland eine große Zahl von Tötungsdelikten unerkannt bleibt. Immerhin kann auch jeder Augenarzt oder wer immer gerade Bereitschaftsdienst hat, solche Leichenschauen durchführen. Ich will damit nicht sagen, daß ein Augenarzt das nicht kann, möchte aber behaupten, daß ein darauf spezialisierter Fachmann das besser könnte.

Anders herum gesagt bedeutet das, daß Ärzte die sich bemühen, sehr sorgfältig zu arbeiten, dazu gezwungen sind, jede Merkwürdigkeit als Anlass zu nehmen, das Kreuz bei „nichtnatürliche Todesursache“ zu machen. Nach dem Motto: Im Zweifel lieber melden.

Die Lösung kann nur darin bestehen, daß Ihr alle nur erdenklichen Ärzte schon im Vorfeld über Eure letzten Bemühungen informiert, damit sie Bescheid wissen, warum der Verstorbene verändert wurde.
Ich weiß, daß das in einer großen Stadt sehr schwierig sein kann.
Es hilft aber auch, den Arzt direkt bei seinem Eintreffen nochmals darüber zu informieren.

Jedenfalls kann man es weder dem Pflegepersonal, noch den Angehörigen verbieten, ihren Toten „schön zu machen“, auch das ist nämlich in gewisser Weise Bestandteil der Totenfürsorgepflicht.

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