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Kurios: Frau Kowalski wollte den Bestatter bezahlen – Urlaub für Ronnie

Herr Kowalski war im Oktober 2020 verstorben. Seine Urne wurde im Januar 2021 auf hoher See beigesetzt. Als alles zu ihrer vollsten Zufriedenheit erledigt war, überwies Witwe Kowalski den Rechnungsbetrag in Höhe von 1.861,- Euro an den Bestatter K. in B.

Bis zu seinem Tod hatte sich der verstorbene Ehemann immer um allen Schriftverkehr und die Bankangelegenheiten gekümmert. Entsprechend schwer hatte sich seine Witwe bei der Nutzung des Onlinebankings am PC getan, obwohl sich die 78-Jährige seit einem Computerlehrgang bei der katholischen Frauengruppe erstaunlich gut mit dem Rechner auskannte.

Doch bei der Eingabe der IBAN kam die betagte Dame ins Schleudern, ihr war noch das System mit Bankleitzahl und Kontonummer geläufig. So wundert es nicht, dass ihr bei der Eingabe der Bankleitzahl und der Kontonummer in den IBAN-Umrechner ein Fehler unterlief; es entstand eine verdrehte lange IBAN.

Zunächst blieb der Fehler unbemerkt und Frau Kowalski heftete den Kontoauszug mit der Bestatterrechnung als erledigt ab. Auf dem Auszug sah auch alles ganz ordentlich aus; der Name des Bestatters K. war genannt und der Betrag stimmte auch. Alles schien in bester Ordnung zu sein, bis Frau Kowalski eine Mahnung von Bestatter K. erhielt. Es gab ein langes Hin und Her, denn sowohl Frau Kowalski, als auch der Bestatter fühlten sich im Recht. Am Ende wurde der Bestatter sogar pampig und drohte damit, Frau Kowalski das Häuschen wegpfänden zu lassen.

Soweit wäre es natürlich nicht gekommen, aber die alte Dame war so aufgeregt, dass sie sich nun zum ersten Mal an ihre Bank wandte. Und genau da kam heraus, dass die Frau den in Rede stehenden Betrag eben nicht an Bestatter K., sondern an einen gewissen Ronnie P. überwiesen hatte.

Was bei Lastschriften leicht möglich ist, geht bei Überweisungen nicht, nämlich, die Zahlung zurückzurufen. Das scheint zunächst unverständlich, aber auf der anderen Seite erwartet jeder, dass Überweisungen möglichst gestern schon beim Empfänger eingehen; das gilt vor allem, wenn man selbst der Empfänger ist.

Nun hatte sich Ronnie P. sehr über den Geldsegen gefreut. Nach landläufigen Gepflogenheiten und gemäß dem gesunden Menschenverstand muss er sich darüber im Klaren gewesen sein, dass dieser Betrag nicht für ihn bestimmt war. Da er aber auch sonst nicht mit den Talern herumscroogen konnte und nicht auf Rosen gebettet war, nahm er den unerwarteten Geldsegen und gönnte sich einen schönen Urlaub im Ausland.

Logisch, sagt jetzt jeder, der muss das Geld zurückgeben. Und wenn er es schon ausgegeben hat, dann muss er halt sehen, wo er es herbekommt. Auf jeden Fall muss Frau Kowalski ihr Geld zurückbekommen.

Tja, das ist so eine Sache. Denn hätte Herr P. das Geld genommen, um sich Sachen davon zu kaufen, beispielsweise eine Playstation und einen OLED-Fernseher, dann wäre das auch so (BGB § 818, Absatz 1 und 2 und BGB §812). Auch wenn Ronnie P. davon seine Schulden bezahlt hätte, wäre das so gewesen. Er hat sich unrechtmäßig bereichert (Bereicherung ohne Rechtsgrundlage).
Aber: Hier hat Herr P. eine Reise unternommen, er hat Wohltun genossen, aber eine Bereicherung ist nicht mehr gegeben. Er hat ja schlichtweg nichts, was er zurückgeben kann/muss (BGB §818 Abs. 3).

Kurios, aber rechtens, Ronnie P. musste das Geld nicht zurückgeben. Nebenaspekt: Frau Kowalski ist dank hoher Summen aus den Lebensversicherungen ihres Mannes durchaus in der Lage, den Verlust ohne Not zu verschmerzen.

Was lernen wir daraus: Bei der IBAN muss man besonders gut aufpassen. Banken überprüfen nicht, ob Empfänger und Kontonummer/IBAN zusammenpassen.

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Die Geschichten und Berichte über Menschen sind u.a. Erzählungen und Kurzgeschichten aus der Welt der Bestatter.

Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 29. Januar 2022 | Peter Wilhelm 29. Januar 2022

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dennis kranz
2 Jahre zuvor

die ersten 2 stellen der iban hinter DE sind eine prüfziffer und in fast jeder deutschen kontonummer befindet sich irgendwo auch ein prüfziffer. dumm gelaufen wenn man die zahlen so verdreht das die prüfziffern beide noch stimmen 🙁

Igge
Reply to  dennis kranz
2 Jahre zuvor

Jooooo und noch blöder wenn man ausgerechnet Einen erwischt den es nicht interessiert wo der Geldsegen herkommt und es gleich verprasst….tut mir für die Dame echt leid!

Felix
2 Jahre zuvor

Wieder mal sehr interessant, was der Gesetzgeber so verzapft.
Andererseits gibt es auch das allgemeine Lebensrisiko und die Verantwortung für eigene Fehler. Wer ersetzt mir schon eine goldene Uhr, die mir von der Brücke in die Schwarze Elster plumpst?
Frage an die Juristen: Wie ist es denn bei §818 BGB mit der Beweislast? Könnte ich irrtümlich mir überwiesenes Geld direkt in bar abheben und behaupten, ich hätte es einem Bettler in den Hut geworfen?

Carina F
2 Jahre zuvor

Ich lerne daraus,dass es gut war, für meine Mutter (sie hat selbst schon eine kleine) noch zusätzlich eine Sterbegeldversicherung abzuschließen.
Die rechnet ein Bestatter doch selbst direkt ab oder?

Igge
Reply to  Carina F
2 Jahre zuvor

Carina, das kann auch passieren wenn man das Heizöl zahlen will….

Aber Deine Versicherungen sind sicher gut!

Carina F
Reply to  Igge
2 Jahre zuvor

Hallo Igge,
ist nur eine Versicherung 😉
Und Strom u Gas, Miete gehen bei mir über Einzugsermächtigung.
Aus Faulheit! Tatsächlich mache ich keine Überweisungen.
Grüße

Alwin
2 Jahre zuvor

Eine IBAN so zu verdrehen, dass zufällig die Prüfziffern stimmen, das ist schon fast wie ein Sechser im Lotto (mit Superzahl). Ich gönne dem Ronnie seinen Urlaub.

Manfred Anderl
2 Jahre zuvor

Das IBAN-Nummernsystem wurde doch eingeführt um genau solche Probleme zu vermeiden.
Das Problem könnte sein, daß die Frau die IBAN nicht kannte sondern nur die Kontonummer und die Bankleitzahl.
Wenn ich mit diesen beiden Zahlen auf eine Internsetseite zum „IBAN berechnen“ gehe, mich dann aber nur einmal in der Kontonummer vertippe, bekomme ich eine gültige IBAN für ein fremdes Konto mit gültigen Prüfziffern generiert. Und wenn ich das dann in das Überweisungsformular übernehme, ist es passiert.

Marco
2 Jahre zuvor

Naja, wenn Ronnie wusste, dass es keinen Rechtsgrund gab, dann ist es mit der Entreicherung gar nicht so einfach, da gibt es dann doch noch § 819 Abs. 1 BGB.

@Felix: Derjenige, der sich darauf beruft, er sei „entreichert“, wie es im Juristendeutsch heißt, muss das auch beweisen. Das ist auch, wie Peter richtig sagt, gar nicht so ohne weiteres der Fall, nur weil das Geld ausgegeben ist. Das gilt nur dann, wenn man auch keine ersparten Aufwendungen hat, keine Schulden weggefallen sind etc. Also letztlich tatsächlich nur, wenn das Geld für Luxus draufgegangen ist, den man sich sonst nicht gegönnt hat, oder man den Gegenstand (z.B. Bargeld, oder auch ein anderer Gegenstand, wenn es gar nicht um Geld geht) verloren hat oder sowas.

Dieter Schmeer
2 Jahre zuvor

Ich frage mich ob diese Geschichte bewiesen ist. Die IBAN so zu verdrehen, dass beide Prüfziffern stimmen, eine evtl. in der Kontonummer enthaltene auch, dann auch noch ein tatsächlich existierendes Konto dabei herauskommt und man jemanden erwischt der davon einfach in Urlaub fährt ist sehr gering. Klingt eher nach einer dieser Geschichten, die in einem fernen Land passiert sind und dann in der Bil*-Zeitung stehen.
Wenn schon halte ich die Erklärung von Manfred Anderl für wahrscheinlicher, dass sie BLZ und Kontonummer eingegeben hat und daraus die IBAN gebaut wurde. Das umgeht natürlich die Prüfziffern in der IBAN komplett, wäre dann aber eben gerade nicht der „langen IBAN“ anzulasten.




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