Geschichten

Röschen und Kalli

röschen

Ach Mann, war der nett! Und bevor sich wieder irgendjemand künstlich aufbläht: Die Schilderungen gebe ich in meinen Worten wieder, die Dialoge sind ziemlich exakt so gewesen.

Sandy kommt zu mir ins Büro, grinst etwas merkwürdig und meint, da draußen wäre ein Kunde, der genau das Richtige für mich wäre. Also gehe ich in die Halle und treffe dort auf eine Mischung zwischen Rudi Carell und Charlys Tante.

Der große, grauhaarige Mann ist bunter angezogen, als man(n) es sich vorstellen kann, besonders seine zweifarbig gestreiften Schuhe fesseln meinen Blick. An den Ohren trägt er wenigstens 10 cm lange Ohrringe aus Glitzerklunkern. In meinem dunklen Anzug komme ich mir fast deplatziert vor.

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„Ach, endlich kommt da jemand“, begrüßt er mich und dabei hält er mir seine Hand hin, die ich ergreife und schüttele.

„Mein Name ist Rose, aber Sie können mich Röschen nennen, mich nennen alle so.“

Daniel Edmund Rose ist 62 Jahre alt und hat den Tod seines Lebenspartners zu beklagen. Der ist gestern im Krankenhaus mit 59 Jahren an den Folgen einer Diabeteserkrankung verstorben.

„Ich bin ein Paradiesvogel und mein Kalli war das auch. Ich will die schönste, bunteste und schrillste Beerdigung der ganzen, weiten Welt.“

Na, machen wir doch!

„Röschen“ bezeichnete sich selbst und seinen verstorbenen Partner als schwul und als ich das Wort „homosexuell“ verwendete, sagte er: „Sie können ruhig schwul sagen! Wir haben das immer ausgelebt und ich will nicht, daß man irgendwas verstecken muß.“

Die Überführung des Verstorbenen werden wir heute noch vornehmen, von der Leichenkammer dieses Krankenhauses haben wir einen Schlüssel. Morgen früh bringt Röschen die Kleidung, die der Verstorbene tragen soll und wird mir dann auch sagen, wie der Blumenschmuck aussehen soll.
Die Trauerfeier ist bei uns im Haus und Röschen erwartet rund 40 bis 60 Trauergäste.

„Sie brauchen keine Angst zu haben, wir machen hier nicht den ‚Käfig voller Narren‘, aber ich will daß es absolut perfekt wird“, sagte Röschen, entschied sich für einen grünen Sarg und wählte ein Doppelgrab, damit sie später mal zusammen liegen können.

Zu dem grünen Sarg: Das ist fast mein Lieblingssarg. Von der Form her ist er nur ein kleines Bißchen größer als ein ganz schlichter Sarg, hat aber sechs schwere chromfarbene Griffe. Er ist in einer Technik lackiert, die man auch von Autos kennt. Mir fällt jetzt das richtige Wort nicht ein, ich sage immer, daß die Farbe changierend ist. Das Grün ist dunkel und je nach Blickwinkel kippt die Farbe in ein ganz dunkles Blau um, wie bei einem Wackelbild.
Das sieht sehr edel aus und ist mal ganz was anderes als das ewige holzfarbene Allerlei.

Ich muß ehrlich sagen, daß mich Röschen beeindruckt hat. Ich habe schon viele Homosexuelle gesehen, die sich sehr tuntig gegeben haben, aber der war sowas von authentisch und dabei würdevoll, daß man das nichtmal komisch finden konnte.

Morgen früh erfahre ich mehr darüber, wie sich Röschen eine „absolut schrille Beerdigung“ vorstellt.

Bildquellen:

  • roeschen: Peter Wilhelm ki

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