Hallo Tom!
Seit langem lese ich hier fleissig mit. Danke für die vielen interessanten, lustigen aber auch für die traurigen Geschichten. Jetzt habe ich auch mal eine Frage. Ich weiss, dass sie womöglich etwas aus deinem Bereich heraus fällt, aber ich kenne leider niemanden der da genauer Bescheid weiss und hoffe daher, dass du mir das beantworten kannst.Vor einiger Zeit hat sich eine nahestehende Person das Leben genommen (Schusswaffe). Ich habe sie in ihrer Wohnung gefunden und sofort die Notrufnummer gewählt. Nachdem jetzt etwas Zeit vergangen ist, frage ich mich ob das richtig war.
Wen alarmiert man in so einem Fall?
Bei mir kam, nachdem ich 112 angerufen hatte, der Krankenwagen, die Polizei und die Spurensicherung (ganz zum Schluss der Bestatter). Ist so ein Aufgebot normal bei einem Suizid? Oder kann man den Krankenwagen weglassen? Oder kommt die Polizei womöglich nur bei einem Suizid mit einer Schusswaffe?
Ich habe die 112 gewählt und habe die Vermutung, dass der Krankenwagen nur kam, weil ich mich weigerte nochmals in die Wohnung der Person zu gehen und ihn anzufassen.
Ich hoffe du verstehst meine Fragen, auch wenn es womöglich ein wenig wirr ist.
Vielen Dank!
Deine Frage ist überhaupt nicht wirr und ich kann es gut verstehen, daß Dir viele Dinge durch den Kopf gehen. Ein so einschneidendes Erlebnis will ja auch erst einmal verarbeitet werden und da neigt man dazu, jede Minute der Abläufe zu sezieren, das ist völlig normal.
Wenn man die 112 wählt, setzt man einen Notruf ab, der ein Feuer oder eine schwere Erkrankung, einen Unfall eine Verletzung oder auch einen Einbruch oder Mord beinhalten kann. Es ist fast schon egal, welche der Notrufnummern man wählt, denn viele wählen in ihrer Aufregung sowieso die falsche Nummer, es wird einem immer Hilfe zuteil. Ruft man bei einem Brand die Polizei an, wird dort nicht gesagt „falsch verbunden“ und dann aufgelegt.
In Deinem speziellen Fall hast Du den Tod eines Menschen gemeldet.
Da man aber einem Laien nicht zutraut, den Tod eines Menschen zu diagnostizieren und weil man am anderen Ende der Leitung ja auch nicht absehen kann, was wirklich passiert ist, wird stets ein Rettungswagen geschickt, damit nachgeschaut werden kann inwieweit dem Verletzten eventuell doch noch geholfen werden kann. Falls nämlich doch noch eine Chance auf Rettung besteht, zählt jede Sekunde.
Man kann also nicht abwarten bis zunächst mal die Polizei am Ort des Geschehens war und dann feststellt, da könnte ein Rettungswagen doch noch nötig sein, da verginge dann wertvolle Zeit.
Auch fährt zu solchen Orten immer ein Arzt/Notarzt mit, irgendjemand muß ja den Tod feststellen und bescheinigen.
Die Polizei wird stets erscheinen, wenn ein Mensch eines nichtnatürlichen Todes gestorben ist. Die näheren Umstände der Tat, die Situation am Tatort, die Lage der Leiche und viele andere Dinge wollen gesichert und protokolliert werden.
Ja und zumeist verständigen die Behörden dann auch einen Bestatter, der die erste Überführung zur Sicherstellung des Leichnams bzw. zu rechtsmedizinischen Untersuchung vornimmt. Entweder arbeiten mehrere Bestatter im Wechsel mit der Polizei zusammen oder man hat einen festen Vertrag mit einem Institut oder es gibt gar polizeiliche bzw. behördliche Überführungsfahrzeuge für solche Zwecke. Jedenfalls muß sichergestellt sein, daß der Abtransport zuverlässig und fachgerecht erfolgt.
Im Anschluß haben die Angehörigen die Wahl, ob sie eventuell gar bei diesem Bestatter bleiben wollen oder ob sie den eigentlichen Bestattungsauftrag einem anderen, bevorzugten Bestattungsinstitut übergeben möchten.
Du siehst, es ist nichts Ungewöhnliches, daß nach einem solchen Anruf bei der 112 das „ganz große Besteck“ aufgefahren wird.
Manchmal wirkt das sogar etwas übertrieben und als Angehöriger fühlt man sich durch die Vielzahl an Fahrzeugen und Personen, die dann auf einmal erscheinen, etwas überrumpelt, verstört und verschreckt.
„Mein Gott“, denkt man dann, „Was für ein Aufwand!“
Tatsächlich ist aber dieser Ablauf, wie Du ihn geschildert hast, eigentlich vollkommen normal und entspricht dem, was auch ich kenne.
Du hast alles richtig gemacht und Dich korrekt verhalten.
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
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Wunderbar beschrieben Tom. Vielleicht noch eine kleine Ergänzung zur Situation in der Schweiz:
Hierzulande darf oftmals ein Notarzt, sofern in der entsprechenden Region überhaupt eingesetzt, den Tod nicht feststellen. Glaubt das Rettungsteam an einen natürlichen Tod und ist dieser in der eigenen Wohnung, wird es den Hausarzt oder den Arzt mit Notfalldienst aufbieten. Ansonsten muss ein Bezirksarzt zusammen mit der Polizei aufgeboten werden, der Ablauf des so genannten „aussergewöhnlichen Todesfalles“, AgT, beginnt.
Das ist hier in Deutschland auch nicht viel Anders:
Der Notarzt darf nur den vorläufigen Tod bescheinigen. Warum? Die sicheren Todeszeichen (http://de.wikipedia.org/wiki/Todeszeichen#Sichere_Todeszeichen) treten erst nach ca 1 Stunde auf. So lange bleibt der Notarzt meist nicht da.
Deshalb schreibt er eine vorläufige Todesbescheinigung. Hier wird auch vermerkt, ob es sich vermutlich um eine natürliche Todesursache handelt oder nicht. Ist dem nicht so, wird die Polizei hinzu gezogen.
Die endgültige Leichenschau macht dann der Hausarzt oder, am Wochenende und in der Nacht, der Arzt des ärztlichen Notdienstes. Hier muss erneut die Todesursache geprüft und dann auch eingetragen werden.
Zum „vorläufigen Tod“ fällt mit noch Seyfrieds „einstweilige Erschießung“ ein 😉
Den „vorläufigen Tod“? Ist dass dann so etwas ähnliches wie „ein bisschen schwanger“?
🙂
Naja, „tot“, genau genommen klinisch tot“ ist jemand auch mit Herz-Kreislauf-Stillstand. Der ist aber manchmal Reversibel durch eine Reanimation.
Der endgültige, also irreversible Tod, ist erst mit den sicheren Todeszeichen festzustellen. Und erst dann wird die Leichenschau gemacht und der Tod endgültig festgestellt.
Das ist richtig, aber der Notarzt wird sicher nicht den „vorläufigen Tod“ feststellen und ohne weitere Maßnahmen wieder abziehen, wenn er auch noch irgendeine eine Chance zur Reanimation sieht.
Insofern stellt er auch eher vorläufig den Tod fest als einen vorläufigen Tod, und der dürfte für den Betroffenen ziemlich endgültig sein.
Oha, das mußte ich ja zweimal lesen, so schön war das. 🙂
OK, von der Formulierung her hast du natürlich recht. War sprachlich unsauber formuliert.
Es ist wird eine „vorläufige Todesbescheinigung“ ausgestellt, wenn der Notarzt alle Bemühungen, den Patienten ins Leben zurück zu holen, einstellt.
Ich habe meinen Opa vor fünf Jahren, meinen Vater im letzten Monat tot aufgefunden. Ich habe 112 gewählt und es kamen jedesmal der Rettungswagen gefolgt vom Notarzt. Der Notarzt stellte bei beiden den Totenschein aus und rief die Kripo. Mein Opa lebte allein, mein Vater mit meiner Mutter zusammen.
Die Leute von der Kripo sahen sich beide Leichen an und riefen für mich dann beim Bestatter an. Nach einem Tag war in beiden Fällen der Leichnam zur Bestattung freigegeben.
Bei meinem Schwiegervater lief es ganz genauso ab, nur rief der sich noch selbst den Notarzt, bevor er starb.
Das hat dein Schwiegervater aber sehr vorausschauend und gut gemacht. >Ironie off.
Nimm mir das bitte nicht übel, aber ich musste gerade schmunzeln.
Der Lebensgefährte meiner Mutter ist gestern Vormittag verstorben und das Ganze lief genauso ab, wie von Tom beschrieben.
Ich wollte nochmal Danke sagen, für Deinen Blog. Da durch fallen uns alle Entscheidungen wesentlich leichter bzw. wir wissen besser, was so hinter den Kulissen passiert.
Danke!