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Tod in Norwegen 4

Einen halben Tag früher als erwartet ist ja gestern Jennifer bei uns eingetroffen und das war auch gut so. Wir haben doch wesentlich mehr Zeit aufwenden müssen, um heute eine offene Aufbahrung ermöglichen zu können. Vor wenigen Minuten habe ich die Familie informiert, daß die Abschiednahme heute den ganzen Tag über stattfinden kann.

Der Sarg in den der norwegische Bestatter die junge Frau eingebettet hatte, war nach meinem Dafürhalten gar nicht so schlecht. Es war ein Körperformsarg in Weiß, allerdings innen nur grob ausgeschlagen und die weiße Farbe sah für mich eher nach Vorstreichfarbe aus, etwas matt. Das Totenhemd war aus grünem Stoff und erinnerte eher an einen OP-Kittel. Aber wie gesagt, der Norweger hatte nicht mit einer offenen Aufbahrung gerechnet.

Glücklicherweise hat der Freund der Verstorbenen inzwischen eine Abschieds-Homepage eingerichtet, sodass wir über genügend Fotos von der Verstorbenen verfügen. Die Wiederherstellung der jungen Frau gestaltete sich aber extrem schwierig und hat uns gestern und auch heute Morgen noch einige Stunden Zusatzarbeit gekostet. Sandy und ein weiterer Mitarbeiter haben stundenlang die Extremitäten massiert, um es möglich zu machen, daß die Austauschflüssigkeit vor allem die Arme und Hände erreicht. Die in Norwegen durchgeführte Obduktion scheint sich ausschließlich auf den Brustraum beschränkt zu haben, der Kopf ist soweit intakt.
Dennoch werden wir bis gegen 11 Uhr heute brauchen, bis das kosmetische Ergebnis unseren Vorstellungen entsprechen wird.

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Ab 11.30 Uhr wird die Verstorbene hier bei uns aufgebahrt. Sie wird dann ein weißes Totenhemd tragen, das sehr viele Spitzen- und Rüschenelemente hat. Der weiße Sarg, den die Familie ausgesucht hat, ist in einer nahegelegenen Werkstatt in Hochglanzweiß lackiert worden und stand das Wochenende über am geöffneten Rolltor im Keller, damit der frische Lackgeruch verfliegt. In der Innenausstattung (Bespannung von Unterkasten und Deckel, sowie Decke und Kissen) finden sich die Rüschen und Spitzen wieder.
Den Deckel haben wir mit Scharnieren seitlich angeschlagen, damit wir einen Klappsarg haben. Nur in der ersten Stunde, wenn die Familie Abschied nehmen wird, wird der Sarg so offen sein. Direkt danach werden wir am Deckel entlang umlaufend einen weißen blickdämpfenden Schleier anbringen.
Somit ist es allen weiteren Besuchern möglich, die Verstorbene zu sehen, ohne daß ein zu intensives Anschauen ermöglicht wird. Es war der Wunsch insbesondere des Freundes, daß man unnötiges Betrachten etwas einschränkt. Er wollte seine Jennifer nicht so den Blicken ausgeliefert wissen.

Eine unserer Aufbahrungskabinen ist so gestaltet, daß die Besucher auf der einen Seite durch eine Tür eintreten und den Raum auf der gegenüberliegenden Seite durch eine andere Tür wieder verlassen können. Es werden Kerzen brennen und leise Musik wird gespielt werden.
Seit halb neun treffen unentwegt Blumen ein, vorzugsweise weiße, die wir ebenfalls dort aufbauen werden.

Ein Seelsorger wird für die Betreuung der Besucher den ganzen Tag anwesend sein und für fast alle Mitarbeiter besteht bis heute 19 Uhr Anwesenheitspflicht. Wir brauchen an jeder Tür und jeder Ecke einen Mann bzw. eine Frau, der/die Wege weist, ordnet und helfen kann.
Wenn alles so kommt, wie die Familie es vermutet, wird allein für heute mit über 350 Personen gerechnet.

Morgen ist dann Pause, die Trauerfeier wird erst am Donnerstag sein. Diesen Tag dazwischen benötigen wir aber auch, weil die Trauerfeier ebenfalls etwas größer ausfallen wird.
Da habe ich noch jede Menge Organisationsarbeit zu leisten.

Hashtags:

Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

#norwegen

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