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Geschichten

Günther -XXIX-

Günther hatte es sich auf seinem Gartengrundstück gemütlich gemacht. Monatelang hatte er dort geackert und alles so hergerichtet, wie er es haben wollte.
Die Wohnung, die die Stadtverwaltung ihm besorgt hatte, benutzte er nur bei extrem schlechtem Wetter und das auch nur so lange, wie er brauchte, um an dem Bauwagen in seinem Garten eine entsprechend große Laube anzubauen.
Darüber hinaus diente ihm die Wohnung eher als Postadresse und als Alibi den Behörden gegenüber.

„Und? Bist Du jetzt zufrieden?“ fragte sein Freund Horst ihn eines Tages.

„Ja sicher, mir gefällt’s antwortete Günther und setzte sich auf die neu gebaute Veranda, die die beiden Freunde am Vortag angestrichen hatten.

„Nee, ich meine das anders und Du weißt, wie ich das meine.“

„Wie jetzt?“

„Na komm! Du machst das hier doch alles für die Kinder. Du kommst doch von dem Trip nicht runter, daß eines Tages Deine Kinder wieder bei Dir wohnen können.“

Gedankenverloren rührte Günther in seiner Kaffeetasse herum und wiegte dann seinen Kopf bedächtig hin und her:

„Stimmt schon irgendwie und stimmt irgendwie auch wieder nicht.“

„Wie meinst Du das?“

„Na hör mal, meinst Du ich bin blöd? Ich weiß genau, daß die mir meine Kinder nicht wiedergeben. Nicht, so lange ich keinen geeigneten Wohnraum habe. Die haben mir meine Villa Kunterbunt weggenommen und mich in diese Sozialbauwohnung gesteckt, die einfach viel zu klein ist. Da können die Kinder unmöglich mit einziehen. Und hier? Hier darf man offiziell gar nicht wohnen, das sind Gartengrundstücke.“

„Und warum rackerst Du Dich dann hier ab?“

„Die Hoffnung stirbt zuletzt“, sagte Günther und hatte Tränen in den Augen.

Im Hause der Familie Birnbaumer-Nüsselschweif hatte sich in den letzten Wochen und Monaten eine Stimmung eingeschlichen, die der dicken Frau Birnbaumer gar nicht paßte.
Die anfängliche Euphorie der Dicken, jetzt endlich ihre Mutterrolle ausleben zu können, war verflogen und sie hatte einsehen müssen, daß zwei pubertierende Mädchen mitunter (d.h. 24 Stunden am Tag) recht anstrengend sein können.
Vor allem aber war es Herr Birnbaumer-Nüsselschweif, der die „Muschen“, wie er die beiden Mädchen nannte, inzwischen leid geworden war.

Am Anfang hatten sich die beiden Mädchen Monika und Ute bei den Birnbaumer-Nüsselschweifs recht wohl gefühlt. Seit Jahre wieder ein geordnetes Familienleben, regelmäßige Mahlzeiten, schöne Zimmer und auch gewisse finanzielle Möglichkeiten, das hatte sie gereizt.
Vor allem aber hatten sie anfangs das Ganze wie eine Art besonderes Abenteuerurlaub gesehen und im Grunde immer nur im Kopf gehabt, irgendwann zum Papa zurückkehren zu können. So wie es war, so war es eben, aber das würde sich ja ändern, so dachten sie.

Doch das bigotte Getue der Dicken und das ständige Starren und Begaffen durch den Mann ging den beiden Mädchen schon nach wenigen Wochen arg auf die Nerven.
Wie selbstverständlich hatten sie beispielsweise nach dem Baden oder Duschen nur einen der weichen Frotteemäntel übergeworfen und dann am Abendessen teilgenommen, doch ihnen war aufgefallen, daß Herr Birnbaumer-Nüsselschweif, den sie jetzt ‚Daddy‘ nennen sollten, dann auffallend oft aufstehen und noch etwas aus dem Kühlschrank holen mußte. Dabei beugte er sich dann immer von hinten über die Mädchen, um das eben Geholte auf den Tisch zu stellen und schaute ihnen in den Ausschnitt.
Auch wenn sie badeten oder duschten, betrat der Mann oft unvermittelt das Badezimmer, was in den Mädchen große Scham auslöste.
Trotz aller Fürsorge war ‚Daddy‘ eben doch nur ein fremder Mann.

Wenn die Dicke montagabends zum Mütterkreis ging, erwartete Herr Birnbaumer-Nüsselschweif die Mädchen zum gemeinsamen Filmegucken im Wohnzimmer. Das fand immer direkt nach dem abendlichen Baden oder Duschen statt und an einem Abend legte ‚Daddy‘ wie beiläufig seine Arme um die beiden neben ihm sitzenden Mädchen und drückte sie an sich.
Kinder brauchen Zärtlichkeit, Kinder brauchen Nähe und Zuwendung und bei Monika und Ute war das nicht anders. Sie fühlte sich anfangs in dieser Situation recht wohl, es gab auch immer Süßigkeiten an diesen Abenden.
Am Montag darauf erwartete Birnbaumer-Nüsselschweif die Mädchen schon und wieder kuschelten sie sich in seine Arme. Doch an diesem Abend war es anders. Der Mann hatte einen Film aufgelegt, in dem es recht freizügige Szenen gab und kommentierte diese beispielsweise mit den Worten: „So machen das die Muschen, schaut nur genau hin, ihr kleinen, frühreifen Früchtchen!“
Dabei lachte er meckernd und zog die Mädchen näher an sich. Wie zufällig rutschten seine Hände dabei in die Ausschnitte ihrer Bademäntel. Er faßte sie nicht weiter an, ließ bloß seine Hände unterhalb ihrer Schultern, oberhalb ihrer Brustansätze liegen, mehr nicht.
Verstohlen schauten sich die beiden Mädchen an, sagten aber nichts.

Schon eine Woche später, die Dicke war wieder auf dem Mütterabend, rutschten die Hände des Mannes etwas tiefer und dieses Mal berührte er die Brüste der Mädchen, die fast gleichzeitig zusammenzuckten. Doch er sagte nur, zufrieden seufzend: „Ihr seid ja so liebe Mädchen und ihr ahnt gar nicht, was ich alles für Euch tun würde, wenn ihr nur recht schön brav seid zu Eurem Daddy.“
Monika versuchte, unter seiner Berührung etwas abzurücken, doch er griff beherzt zu, hielt eine ihrer kleinen Brüste ganz fest.

Ute bemerkte als Erste, daß ihr Daddy eine Erektion hatte und so war sie es, die den Mann zuerst wegstieß und sogleich tat es ihr Monika gleich. Von der Situation völlig überfordert, wußten die beiden Mädchen nicht, wie sie sich verhalten sollten. Sie entschieden sich, nach oben zu laufen und in ihre Zimmer zu gehen.
Kurz darauf war der Mann bei ihnen. „Was habt ihr denn? Meine Güte stellt Euch doch nicht so an! Ich wollte es uns doch nur gemütlich machen. Ihr seid zwei ganz verdorbene Luder! Ihr dreckigen Muschen! Einen harmlosen Mann so auszunutzen. Erst hier halbnackt durch die Wohnung rennen, daß einem Hören und Sehen vergeht und dann bei ganz normaler väterlicher Zuwendung gleich einen auf mißbraucht machen. Aber wartet nur, Ihr werdet Euer Fett noch abbekommen, das schwöre ich Euch!“

Als er wieder nach unten gegangen war, saßen die Mädchen noch in Utes Zimmer eine Weile zusammen und gingen dann ins Bett.

Aufgeregt wartete Birnbaumer-Nüsselschweif auf seine Frau und berichtete ihr von dem Vorgefallenen und zwar in einer solchen Lautstärke, daß die Mädchen oben alles mitbekamen.

„Stell Dir vor! Die beiden kleinen Schlampen sind nach dem Baden halbnackt hier ins Wohnzimmer gekommen und haben sich an mich geschmiegt. Ich habe mir das gefallen lassen, ich weiß ja auch nicht, wie man sich als Vater da verhält. Ich dachte, es wäre das Beste, wenn man das einfach ignoriert, das ist ja schließlich etwas ganz Natürliches. Aber dann haben sie sich in ihren halboffenen Bademänteln so an mich gekuschelt, daß ich sie dann nach oben geschickt habe.
Wenn Du also jemals von den beiden Muschen auch nur ansatzweise hörst, ich hätte die belästigt, dann weißt Du, daß die es darauf angelegt haben und uns was anhängen wollen.“

Wutentbrannt stampfte Frau Birnbaumer-Nüsselschweif die Treppe hoch und veranstaltete mit Monika und Ute mindestens eine halbe Stunde lang ein Riesentheater. An diesem Abend sperrte sie beide Mädchen im Keller ins Refugium.


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Die Geschichten von Peter Wilhelm sind Erzählungen und Kurzgeschichten aus dem Berufsleben eines Bestatters und den Erlebnissen eines Ehemannes und Vaters.

Die Geschichten haben meist einen wahren Kern, viele sind erzählerisch aufbereitete Tatsachenerzählungen.

Die Namen, Geschlechter und Berufe der erwähnten Personen sind stets verändert.

Lesezeit ca.: 8 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 31. Mai 2013 | Peter Wilhelm 31. Mai 2013

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10 Jahre zuvor

Ach du scheiße, ich hör den Donner rollen, gleich gibts nen Einschlag…

10 Jahre zuvor

mir ist schlecht wenn ich sowas höre/lese.

Beremor
10 Jahre zuvor

Ich sage das selten (eigentlich nie), aber die Birnbaumer-Nüsselschweifs in dieser Geschichte sind menschlicher Abfall.
Und das ist wirklich so passiert?

Winnie
Reply to  Beremor
10 Jahre zuvor

Pfft und wenn ich zu Bombenlegern u. ä. Menschenmüll sage, haut ihr mich. Pfft. 😉

Konni Scheller
10 Jahre zuvor

Peter ist Schriftsteller, kein Kriegsberichterstatter. Und natürlich war er nicht dabei.

Trotzdem können solche Situationen genau so ablaufen, insofern ist das nicht falsch.

Konni Scheller
10 Jahre zuvor

Jezz aber nicht mehr so lange warten lassen! Immer wenn du aus beruflichen Gründen Urlaub an der Minibar machst, müssen wir so lange warten! 🙂

whiskey
10 Jahre zuvor

konni, vielleicht lassen sich ja beim beruflichen urlaub an der minibar neue ideen finden *g*

Winnie
Reply to  whiskey
10 Jahre zuvor

Ja mit Hilfe der „Bewusstsein erweiternden Drogen“ wie z. B. Whiskey. 😉

Matthias
10 Jahre zuvor

Genug Günther für dieses Halbjahr.

Lochkartenstanzer
Reply to  Matthias
10 Jahre zuvor

Du weißt, daß da genügend Ausgehungerte sind, die Dich dafür meucheln würden?

Reply to  Lochkartenstanzer
10 Jahre zuvor

Das stimmt. Ich will unbedingt wissen, wies ausgeht.

Bert
Reply to  kitschautorin
10 Jahre zuvor

Ähm, ich hatte gestern oder vorgestern Tom darum gebeten, die Fortsetzungen nicht völlig zu vergessen. Jetzt geht es in der Tat weiter (Danke dafür!) und dann findet das auch wieder jemand nicht gut und es soll erst einmal nicht weitergehen? Doch, es soll bitte weitergehen.

BlackBudgie
10 Jahre zuvor

Die schlimmsten Pflegeeltern aller Zeiten!

Und das war noch sanft ausgedrückt.

Armada
Reply to  BlackBudgie
10 Jahre zuvor

Solange die Mädchen das überleben (was ich hoffe) geht dieser Keks wohl leider an andere, die Pflegekinder noch schlimmer malträtiert haben.

Rena
10 Jahre zuvor

Ich möchte gar nicht wissen, in wie vielen „klassischen“ Familien so etwas vorkommt. Hoffentlich kommen die Mädchen heil aus der Geschichte raus

PMK74
Reply to  kumi
10 Jahre zuvor

Sehr passend 🙂

Aber auch das macht die Spannung einer Geschichte, die in Blog-Form veröffentlicht wird, aus.

@Tom: Danke, dass es mal wieder ein Stück von Günther zu lesen gibt.

dawnwitch
10 Jahre zuvor

Die Realität im Bild festgehalten 🙂

Larentia
10 Jahre zuvor

Boah, wat ist mir schlecht vor Wut! Wenn ich könnte, wie ich wollte……
Da geht mir das Messer in der Tasche auf.




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