Mitarbeiter/Firma

Hitze, Sommer und Friedhof

orgel

Sandy klagt als Einzige bei uns nicht über die brütende Hitze. Erstens hat sie sowieso nicht viel an, kurze, schwarze Taubstummenhose, Flip-Flops mit rotem Erdbeermuster oben auf der Sohle und so einen hautengen Brustgurt, ich glaube das nennt man Tanktop oder so. Außerdem verprunseliert sich die große Schwarzhaarige in den Keller, übernimmt freiwillig sämtliche dort anfallenden Arbeiten und genießt die Kühle die dort von Beton und Kacheln ausgestrahlt wird.

Antonia trinkt bis zu neun Liter Wasser jeden Tag, hat die Nahrungsaufnahme nahezu eingestellt und rettet sich mit drei bis zwölf ganz leichten Mettbrötchen über den Tag. Die Leichtigkeit der Speise wird durch ein jeweils frisch aufgelegtes Salatblatt erzielt und Antonia betont, sie esse die Brötchen ja überhaupt nur, weil die -schon wegen der Verderblichkeit von gehacktem Fleisch- im Kühlschrank aufbewahrt würden und vortrefflich dazu geeignet seien, ihre innere Kerntemperatur herabzusetzen.

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Frau Büser hat sich einen spanischen Fächer von zu Hause mitgebracht und fächert sich immer mal wieder galant frische Luft zu. Woher sie die nimmt, das weiß kein Mensch, denn die Luft im Haus steht, gärt und sommert hitzig vor sich hin.

Eigentlich haben wir ja eine Klimaanlage… eigentlich.
Aber aus irgendwelchen Gründen bewegt sie nur ein bißchen die Luft, kühlt nur schwach, irgendwas stimmt da nicht und der Techniker kommt erst kommenden Montag. Die Anlage ist von der gleichen Firma, die auch unsere Kühlräume gebaut hat und die Monteure haben im Moment alle Hände voll zu tun und kümmern sich vorrangig um die Kühlhäuser. Nächsten Montag also…

Manni und seine Kollegen haben von dunklen Anzughosen auf schwarze, dünnere Cargohosen umgestellt. Bei denen kann man kurz über dem Knie mit einem Reißverschluss die Hosenbeine abtrennen. Das ist praktisch, denn so können sie alles, was sie so tun, in kurzen Hosen machen und bei Kundenkontakt und auf den Friedhöfen ihre Hosenbeine in Windeseile wieder verlängern.

Gestern führte das zu großem Gelächter, weil Manni und sein zwei Köpfe kleinerer Kollege jeweils eine Hosenbeinverlängerung vertauscht hatten. Bei Manni ging das rechte Hosenbein nur bis zur Mitte der Wade und bei seinem Kollegen sah das viel zu lange Hosenbein so aus, als habe er rechts eine Taucherflosse an.

Ansonsten müssen wir unter der Hitze leiden wie alle anderes auch, man muß es halt langsam angehen lassen und momentan schicke ich auch, wann immer es geht, vier Leute zum Sargtragen los, bloß daß mir keiner zusammenklappt. 40 Euro Sonderaufwand schreiben wir dafür auf die Rechnung.

Bei Beerdigungen können wir im Moment nichts anderes tun, als möglichst frühe Termine zu nehmen, aber um die reißen sich natürlich die anderen Bestatter auch. Wir stellen am Grab Klappstühle für die ganz alten und kranken Leute auf und neben dem Pult mit dem Kondolenzbuch steht ein Tisch mit gratis Mineralwasser.

Viele Männer zwängen sich bei Beerdigungen in viel zu enge, viel zu dicke, schwarze Anzüge, verzichten nicht auf die Krawatte und sind dann angenehm überrascht, wie kühl es in der Trauerhalle ist. Unser Mineralwasser tun die Trauergäste vor und nach der Trauerfeier mit Stirnrunzeln und hochgezogenen Augenbrauen als neumodischen Kram ab.

Dann stehen sie am Grab, es dauert und dauert und die Sonne brennt umbarmhherzig auf die beglatzten Häupter. So mancher schlipsumwundene Hals schwillt immer mehr, das dazugehörige Köpfchen wird rot und röter und selbst die von uns aufgestellten grünen Faltpavillions schützen nur vor der direkten Sonne, nicht aber vor der Hitze.

Ach, und dann auf einmal, wenn die Leute vom Grab zurückkommen, dann ist das Mineralwasser auf einmal kein neumodischer Kram mehr, dann trinken alle und unsere Damen kommen mit dem Nachschenken gar nicht mehr mit.

An so heißen Tagen, und jetzt kommt der Tipp des Bestatters, ist auch leichte Kleidung erlaubt. Niemand will, daß einer der Trauergäste tot umfällt, alles schon da gewesen!

Leichte helle, aber nicht bunt geblümte Sommerhemden, auch über der Hose getragen, eine leichte Sommerhose in etwas gedeckter Farbe, und schon ist man gut angezogen. Bei solche nahezu tropischen Temperaturen wird jeder Verständnis dafür haben, daß man sich nicht in den Anzug zwängt.
Bei Frauen sieht es sowieso anders aus, sie haben es eindeutig leichter, aus ganz sommerlichen Kleidungsstücken auch etwas zusammenzustellen, das für eine Beerdigung geeignet ist.

Was nicht geht: Flip-Flops, Shorts, Muscle-Shirts und Kleidung, die Bauch oder Rücken frei lässt.

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(©si)