Geschichten

In der Psychiatrie – XXII –

Opa Kleiber ist Feuer und Flamme. Gleich am nächsten Tag besuche ich ihn und wir schmiedeten Pläne. Zunächst einmal wollen wir einen 20-Euro-Schein auf der Kommode im Flur liegen lassen. Mal sehen, ob Susanne den nimmt.
Einen Tag später wollen wir einen größeren Geldbetrag aus dem Geldbeutel von Opa Kleiber herausschauen lassen, und hoffen, daß Susanne in die Falle tappt. Ich soll vor dem Haus auf der anderen Straßenseite im Auto warten und Opa Kleiber will vom Wohnzimmerfenster aus winken, wenn es soweit ist.

Doch es kommt anders. Der erste Tag vergeht nämlich, ohne daß Susanne auch nur im Traum daran gedacht hat, nach ihren gut 15 Minuten langen Auftritt, die 20 Euro mitzunehmen. Na ja, vielleicht ist das nicht genug, vielleicht macht die feine Dame sich für so wenig Geld die Finger nicht schmutzig. Doch es bleibt ja noch die Hoffnung auf den nächsten Tag.
Susanne kommt, im Flur liegt Opa Kleibers Portemonnaie und es schauen zwei Hunderteuroscheine heraus. Ich sitze brav auf der anderen Straßenseite im Auto und ducke mich tief, als Susanne wieder aus dem Haus kommt. Kurz darauf winkt Opa Kleiber am Fenster.

„Ihr Plan taugt nichts!“, schimpft der alte Herr. „Ich glaub‘ Ihnen ja, daß das eine gemeine Frau ist, aber sie hat mir wirklich nur Gesellschaft geleistet und heute hat sie sogar Kaffee gekocht, das macht sie sonst nie.“

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Es ist zum Aus-der-Haut-Fahren! Ich weiß ganz genau, was Susanne und ihr Scheich, dieser Hardy vorhaben. Frau Steidler hat zwar das Schriftstück nicht unterschrieben, aber das hat die beiden nicht davon abgehalten, an dem Tag, als ich bei Opa Kleiber die 20-Euro-Nummer versucht habe, mit etlichen Umzugskartons bei Hardy Mutter aufzutauchen. „Macht Dir keine Gedanken, Mama“, hatte Susanne gesagt: „Wir ziehen nach oben in die kleinere Wohnung, Ronja hat so Sehnsucht nach Dir.“

Frau Steidler ist völlig überfahren worden und hatte keine Kraft, sich dagegen zur Wehr zu setzen. Die Einzige, die bei dem ganzen Schmierentheater nicht mitspielte, war Ronja. „Ich will zur Oma Berg! Ich zieh hier nicht ein!“

Es ist alles so offensichtlich, und Frau Steidler weiß auch, was ihr blühen wird, wenn sie diese Nattern weiter an ihrer Brust nährt.
Die Situation scheint uns zu entgleiten und zum Selbstläufer zu werden. Susanne ist die Liebenswürdigkeit in Person und umschmeichelt Frau Steidler unentwegt. Fast schon ist die alte Dame soweit, dem Frieden zu trauen, da platzt zwei Tage später die Bombe!

Als Susanne und Hardy von Frau Steidlers Haus zu ihrer Wohnung zurückkommen, um weitere Kartons zu holen, wartet unten die Polizei vor dem Haus. Zwei Beamte nehmen Susanne auf offener Straße fest. Auch Hardy nehmen sie mit.

„Die kriegen das Flittchen jetzt am Arsch, weil die den Martin umgebracht hat!“, tönt die Gemüsefrau selbstgefällig hinter einem Berg Pampelmusen hervor. „Bei Nacht und Nebel umgebracht, jawoll!“

Doch es ist alles ganz anders, viel naheliegender und auch noch vor meiner Nase passiert!

Opa Kleiber ruft an: „Die Polizei hat mich heute angerufen. Die Susanne wollte mein Konto räubern, stellen Sie sich das mal vor!“

Und genauso hat es sich abgespielt. Die aus dem Portemonnaie schielenden Hunderter haben Susanne offenbar doch gereizt, doch statt das Geld zu nehmen, hat sie dort Opa Kleibers EC-Karte entdeckt und den kleinen Zettel mit seiner Geheimnummer.
Wie so viele alte Leute hat er diese Nummer auf einen kleinen Fetzen Papier geschrieben und hinter der EC-Karte in den Geldbeutel gesteckt.
Noch am selben Abend ist sie mit Hardy zu einem Bankautomaten, zwei Ortschaften entfernt gefahren und hat zweimal 1.000 Euro abgehoben. Dabei hat Susanne sich einen Schal um den Mund gewickelt und Hardy hat sich mit seinem Rücken die Kamera an der Decke abgeschirmt.
So ein Alles- und Besserwisser hätte aber wissen müssen, daß es weitere Kameras gibt und eine davon sich hinter dem Touchscreen des Bankautomaten befindet.

Der Schal mitten im Sommer hat eine Bankbedienstete, die noch in der Filiale zu tun hatte, stutzig gemacht. Schon am nächsten Morgen war die Polizei bei Opa Kleiber und legte ihm das Foto vor, auf dem Susanne mit einem Schal um die Mundpartie in die Kamera starrt.
Sofort erkennt Opa Kleiber seine Nachbarschaftshelferin und nennt der Polizei ihren Namen. Ja und dann werden sie festgenommen. Wie schön!

Sogar in die Zeitung haben es die beiden geschafft. Eine kleine Meldung berichtet von der „Seniorenabzocke“. Susanne fliegt in hohem Bogen bei der Nachbarschaftshilfe raus. Hardy kommt glimpflich davon. Er habe nichts davon gewußt und gedacht, das sei Susannes EC-Karte.
Neun Monate mit Bewährung deuten darauf hin, daß der Richter ihm nicht geglaubt, ihm aber seine Dummheit zu gute gehalten hat. Manchmal schützt Dummheit eben doch vor Strafe.

Susanne trifft es härter. Zweieinhalb Jahre soll sie hinter Gitter. So, berichtet die Zeitung, lautet die Forderung der Staatsanwaltschaft. Doch der Prozessbeginn verschiebt sich. Die Polizei macht noch mehr Senioren ausfindig, denen Geld fehlt oder bei denen unerwartet etwas vom Konto abgehoben wurde. Teilweise erfahren sie erst durch die Ermittlungen der Polizei davon, daß ihnen überhaupt Geld fehlt.
Ronja ist bei Oma Berg untergekommen und überglücklich.

Hardy wohnt inzwischen wieder bei seiner Mutter und hat sich neulich eine neue Playstation gekauft, wie wir erfahren.
Aber Frau Steidler hat noch bessere Neuigkeiten: Susanne hat ein psychiatrisches Gutachten vorgelegt. Sie habe die Taten aufgrund einer psychischen Störung begangen.
Nun denn, so wendet sich am Ende doch alles mal wieder zum Guten. Wenn wir Glück haben, dann landet Susanne nämlich genau da, wo sie unserer Meinung nach hingehört: In der Psychiatrie!

ENDE

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