Frag den Bestatter

Massengrab auf dem Friedhof 1944

Wie wird der Mund einer Leiche verschlossen?

Auf unserem Friedhof gibt es ein Grab von 1944 und da stehen auf einer Tafel etwa 200 Namen auf einer anderen Tafel stehen vielleicht nochmal 200 Namen. Ich weiß daß es sich um Soldaten handelt es war ja Krieg das haben wir in der Schule gehabt. An einem Schild am grab steht aber dass da 1420 Menschen beerdigt sein sollen. Haben die die Toten überall an der Front eingesammelt und dahin gebracht? Warum steht dann da aber ein genauer Tag bei dem datum und wie konnte man wissen dass die alle an einem Tag gestorben sind.

Natürlich gibt es auf beinahe jedem größeren Friedhof Grabanlagen oder Gedenkstätten an denen an die Opfer der Kriege erinnert wird. Manchmal sind dort auch lange Namenslisten mit Namen, Beruf und militärischem Rang der einzelnen Verstorbenen aus diesem Ort angebracht. Je kleiner der Ort, desto genauer sind diese Angaben.

Bei dem von Dir genannten Grab scheint es sich aber um eines der vielen Massengräber zu handeln, die nach den Bombennächten des Zweiten Weltkrieges angelegt werden mussten. Solche Gräber findet man ebenfalls auf vielen Friedhöfen. Ich habe Dir im Nachfolgenden…

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…einmal einen Text aus Wikipedia herausgesucht, wahllos aus dem Eintrag über die Stadt Düren:

„Als … die Alliierten im Juni 1944 in der Normandie gelandet waren, begannen im Juli 1944 die ersten großen alliierten Luftangriffe auf das grenznahe Gebiet. …
Ungefähr 22.000 Menschen befanden sich zu dieser Zeit noch in und lebten vor dem nahenden Artilleriebeschuss schutzsuchend zu 16 und 20 Personen in Kellern. Am 16. November 1944 verdunkelten 474 Bomber der Royal Airforce den Himmel über Düren und warfen in einem 36 Minuten dauernden Angriff 2.751 Tonnen Bomben ab.

Bei diesem schwersten und verheerendsten von insgesamt 51 nachgewiesenen Luftangriffen auf Düren der Alliierten im Zweiten Weltkrieg wurde die Stadt völlig zerstört. Von fast 10.000 Häusern blieben nur einzelne unversehrt. 3.106 Menschen starben im Bombenhagel und unter den Trümmern: 2.392 Dürener Bürger, 394 auswärtige Personen, 220 Soldaten und 100 Unbekannte. Mit 99,2 % zerstörten Wohnungen war Düren die am stärksten betroffene Stadt Deutschlands. Rund 1,6 Millionen Kubikmeter Trümmer bedeckten den Dürener Boden. Das Leben in den Ruinen war nicht mehr möglich. Die Überlebenden mussten ihre Heimat verlassen und wurden nach Mitteldeutschland evakuiert, nur vier Menschen blieben in der Stadt.“

In einer solchen Situation kann man nicht mehr für jeden einzelnen Verstorbenen eine Trauerfeier und feierliche Abschiednahme durchführen. Es geht darum, die Leichen schnellstmöglich zu bestatten. Das geschieht zwar sicherlich so pietätvoll wie möglich, aber in solchen Zeiten ist leider oft nicht viel möglich. Deshalb wurden in vielen Städten Massengräber angelegt.
Man kannte zwar die (ungefähre) Zahl der Toten, jedoch oft nicht deren Identität. Ausgebombte aus anderen Städten, Flüchtlinge, Evakuierte, jedenfalls Personen die sich nur vorübergehend in der Stadt aufhielten, sorgten dafür, daß sich in diesen Gräbern auch viele befinden, deren Namen gar nicht bekannt sind. Oft waren auch die Stadtarchive und Meldeämter von Bombardement und Zerstörung betroffen, sodaß später -bei der Aufarbeitung- viele Angaben auf Hörensagen beruhen mussten.

Jedenfalls deutet eine genaue Tagesangabe, gepaart mit vielen Namen, eher darauf hin, daß es sich nicht um das Grab gefallener Soldaten handelt, sondern um ein Massengrab für die zivilen Opfer der Bombardements. Man kann auch davon ausgehen, daß in dieser Grabstätte tatsächlich so viele Menschen liegen, während in Kriegergrabstätten nicht immer die Leichen der dort genannten Personen liegen. Es war nicht vielen Soldaten vergönnt, daß ihr Leichnam wieder in die Heimat kam.

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Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 2. September 2012 | Peter Wilhelm 2. September 2012

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12 Kommentare
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Salat
14 Jahre zuvor

Es mag ja untypisch klingen – aber mit dieser Geschichte hast du heute *mich* zum Heulen gebracht.

Über 3.000 Menschen an einem Tag… und vor allem Frauen, Kinder und alte Männer.

Salat

Winnie
14 Jahre zuvor

@ Salat
Ja Krieg ist eine ‚feine‘ Sache und es gibt immer wieder viele die daran verdienen. Sehr häufig ist das auch der (sinnlose) Grund für einen Krieg. Übrigens haben wir immer noch keinen Friedensvertrag, sondern lediglich einen Waffenstillstand. Woran mag das wohl liegen? Verdient da vielleicht wieder/immer noch jemand daran…

Marco
14 Jahre zuvor

@2 – Winnie: Das stimmt nur so halb. Zwar gibt es kenen formellen Friedensvertrag, aber dass wir deshalb „lediglich ein Waffenstillstand“ haben, ist so nicht ganz richtig.
Zu den Möglichkeiten eines Friedens ohne formellen Friedensvertrag und die Auswirkungen des 2+4-Vertrags ist die Wikipedia-Seite ganz informativ:
http://de.wikipedia.org/wiki/2%2B4-Vertrag#Anstatt_eines_Friedensvertrages

Alex II
14 Jahre zuvor

Wenn du schon so leicht müffelnde Kommentare abgeben mußt, dann wenigstens inhaltlich richtige. Du möchtest dich über den [url=http://de.wikipedia.org/wiki/Zwei-plus-Vier-Vertrag]Zwei-plus-Vier-Vertrag[/url] informieren, welcher hinreichend als der Friedensvertrag zum 2ten Weltkrieg gelten kann. Der ist mittlerweile knapp ein Vierteljahrhundert alt.
Im genannten Artikel steht genau zu dem Thema übrigens explizit einiges drinne. Z.B. auch, daß man Kriege völkerrechtlich sauber gänzlich ohne einen solchen beenden kann. (Ohne daß deswegen „jemand“ dran verdienen muß.)

Hamburger Jung
14 Jahre zuvor

@winnie(2): Wo wirklich seit über 50 Jahren kein Friedensvertrag existiert, ist Korea. Was es dort seit 2007 gibt ist eine beiderseitige Friedenserklärung.

MiniMoppel
14 Jahre zuvor

@2:
Ich glaube nicht, dass es [b]das[/b] war, was Salat ausdrücken wollte.

Winnie
14 Jahre zuvor

Na gut, des lieben Friedens Willen 😉 habe ich recherchiert und Folgendes (Interessante) gefunden:
http://www.seniorentreff.de/diskussion/archiv6/a2001.html
und darin:
http://www.hdg.de/lemo/html/dokumente/DieDeutscheEinheit_vertragZweiplusVierVertrag/index.html
Somit erübrigen sich weitere Kommentare, sonst brauche ich auch noch einen Friedensvertrag 😉

ein anderer Stefan
14 Jahre zuvor

Was gefallene Soldaten angeht: Ein Großonkel von mir ist im Januar 45 an der Ostfront gefallen – jahrelang galt er als „vermißt“, niemand weiß genau, wo er nun gefallen ist, es gibt natürlich kein Grab, nur den Namen auf dem Gedenkstein hier in der Stadt. Gerade in den letzten Kriegsjahren und auch vor Stalingrad war es gar nicht möglich, Gefallene zu bergen, da die deutschen Truppen förmlich überrollt wurden. Für die Angehörigen damals war diese Unsicherheit unerträglich. Wer sich dazu weiter informieren will, siehe hier:
http://www.volksbund.de/ oder
http://www.vksvg.eu/. Für Ahnenforscher ist diese Seite interessant:
http://www.denkmalprojekt.org/index.htm, sie zeigt auch sehr deutlich, wie unendlich viele Kriegsopfer es gibt.

Winnie
14 Jahre zuvor

@8 Stefan
Ja solche Sachen mit Vermissten gibt es wohl in jeder Familie. Bis vor einigen Jahren hatte auch meine Mutter ihren Bruder vergeblich gesucht. An Kriegen irritiert mich immer die aus meiner Sicht ‚Verniedlichung‘ des Todes. Er/sie ist gefallen, och soll ich puste, puste machen. Warum sagt man nicht klipp und klar wie es ist: „Er/sie wurde im Auftrag ermordet…“

ein anderer Stefan
14 Jahre zuvor

@9 winnie: gefallen ist immerhin schon besser als „Er starb den Heldentod“. (vor allem im ersten Weltkrieg gern verwendet). Was am elendigen Verrecken im Schützengraben heldenhaft sein soll, habe ich nie verstanden…
Natürlich ist gefallen ein Euphemismus, aber anders ist der Irrsinn des Krieges vor allem für die Angehörigen wahrscheinlich kaum zu ertragen – geschweige denn, dass die offizielle Sprachregelung eine klare Aussage überhaupt zuließe.

MacKaber
14 Jahre zuvor

Würde etwas Vergleichbares wie in Düren heute wieder irgendwo in Deutschland geschehen, dann wird – so denke ich – von jeder toten Person eine DNA-Probe archiviert.

Winnie
14 Jahre zuvor

@11 MacKaber

Das glaube ich nicht, weil es wie üblich viel zu teuer wäre. Wenn es ums Geld geht sind Menschen Nebensache.
Und weiter, denk mal z. B. an den Tsunami. Es war warm und die Leichen mussten schnell weg, da war, selbst wenn es Geld genug gäbe, nicht die Zeit alles zu testen.




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