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Nix da, das gehört uns!

Da hatte sich der alte Barthmann alles schön fein ausgedacht und seiner Tochter Jutta schon vor Jahren sein Häuschen überschrieben.
„Wegen der Erbschaftssteuer und damit es keinen Ärger mit meinen Geschwistern gibt“, erzählt Tochter Jutta und weint dann bitterlich.
„Hör doch auf zu heulen“, kläfft Dr. Möbius, Juttas Schwager, und fügt hinzu: „Ist doch klar, daß die Wohnung vom Vater uns allen gehört.“

Da hatte nämlich der alte Barthmann sich nicht ganz richtig beraten lassen und Jutta zwar das Häuschen überschrieben, nur nicht die Einliegerwohnung, die er selbst bewohnte. Er hatte zwar immer erzählt, er habe dort nur „Bleiberecht auf Lebenszeit“, tatsächlich war er aber nach wie vor Eigentümer dieser Wohnung.

„Und genau deshalb gehört diese Wohnung uns allen“, meldet sich Dr. Möbius wieder zu Wort.
Juttas Mann Albert wendet ein: „Mensch Rolf, wir haben in den letzten Jahren bald 200.000 Euro in die Hütte gesteckt, neue Elektroleitungen, neue Wasserleitungen und eine neue Heizung, ganz zu schweigen vom Dach und von der Kellersanierung.“

„Ach Du, Du hast hier gar nicht mitzureden, Du gehörst ja im eigentlichen Sinne gar nicht zur Familie, Du bist nur eingeheiratet“, sagt Dr. Möbius zu seinem Schwager.

Jutta empört sich: „Und Du? Du bist doch auch nur der Mann meiner Schwester Sabine, Du gehörst dann genauso wenig dazu. Sabine, sag doch auch mal was!“

Die Angesprochene schüttelt nur den Kopf: „Rolf spricht in meinem Namen, sozusagen als mein Vertreter, der darf das.“

„Dann darf ich auch mitreden“, beschwert sich Albert und rechnet den anderen vor, wieviel er insgesamt ausgegeben hat und daß er das auch in Opas Wohnung gesteckt habe.

„Dein Problem“, sagt Rolf Möbius schnippisch und ergreift die Hand seiner Frau Sabine: „Sabine und ich wollen uns ja nicht an Euch bereichern, wir haben ja unser Auskommen, aber was Recht ist muß auch Recht bleiben.“

„Wir haben Euch doch ausbezahlt!“ schimpft Jutta.

„Ja, aber nur für das Haus an sich, nicht für diese Wohnung, da hättet ihr mal früher genauer in die Papiere gucken müssen“, meint Möbius.

„Wir haben Vater sieben Jahre lang gepflegt, haben uns den Arsch aufgerissen, mit den Krankenkassen und Pflegediensten gestritten, haben Papa Tag und Nacht betreut, ihm den Hintern abgewischt und das soll jetzt der Dank sein? Ihr habt doch schon zwei oder drei Häuser und Ihr braucht doch wirklich nichts mehr. Wir haben nur das Häuschen“, jammert und klagt Jutta.

„Tja, dafür können wir doch nichts. Ich bin auch die Tochter vom Papa, genau wie Du und Ihr habt ja schon die ganzen Vorteile, Euch gehört ja schon fast alles, das will ich mein Stück vom Kuchen nicht auch noch hergeben. Die Wohnung steht mir zu, mich hat Vater sowieso immer als sein ‚Mäusekind‘ bezeichnet.“

Ich unterbreche das Gespräch und weise darauf hin, daß es nun eigentlich gerade darum gehe, wer die Bestattung für den Vater bezahlen soll.

Ja das sehe er ja nun gar nicht ein, meint Dr. Möbius: „Sollen die die hinterher alles bekommen, doch die Kosten tragen, das ist ja wohl das Mindeste.“

„Wir sollen es ja gar nicht bekommen“, beschwert sich Albert: „Ihr wollt doch noch die Hälfte von der Wohnung.“

„Wieso die Hälfte?“ ist Sabine ganz erstaunt: „Ich dachte wir kriegen die ganz!“

„Das ja schon mal gar nicht!“ schimpft Jutta: „Wenn überhaupt, dann nur die Hälfte, wir sind ja schließlich zu zweit.“

Rolf klärt seine Frau auf: „Du, die haben Recht, das hatte ich Dir doch aber schon erklärt, das muß jetzt auch wieder geteilt werden. Die Jutta bekommt eine Hälfte von der Wohnung und Du die andere; und für unsere Hälfte muß die Jutta uns auszahlen.“

„Das kann ja dann aber nicht so viel sein“, heult Sabine beinah auf.

„Und was ist, wenn wir die Beerdigung und das ganze Drumherum bezahlen und ihr verzichtet auf das bißchen Geld?“ schlägt Albert vor.

Sabine springt sofort darauf an: „Aber nur wenn wir hier und jetzt schriftlich festlegen, daß wir auf ganze Erbe verzichten und ihr dafür alles bezahlt! Das sehe ich ja nicht ein, daß wir nichts bekommen sollen und dann auch noch von allem die Hälfte bezahlen müssen.“

Keine Ahnung, ob so ein Schriftstück wirksam ist, jedenfalls klemmt sich Dr. Möbius die Zunge in den Mundwinkel während er die fünf bis sechs Sätze auf ein weißes Blatt Papier schreibt, das beide Schwestern dann unterschreiben.


Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:

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Die Geschichten und Berichte über Menschen sind u.a. Erzählungen und Kurzgeschichten aus der Welt der Bestatter.

Lesezeit ca.: 5 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 15. Juni 2012 | Peter Wilhelm 15. Juni 2012

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29 Kommentare
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Till
13 Jahre zuvor

Hehe, vielen Dank, Tom! Ich suche seit Tagen nach einem Thema für eine große BGB-Klausur 🙂

13 Jahre zuvor

Die sollen lieber um den Papa trauern anstatt sich ums Erbe zu zanken. Habe ich aber auch schon erlebt. Am Bett des (noch) lebenden Patienten.

Tzosch
13 Jahre zuvor

Solche Streitereien passieren täglich. Lieber vor dem Tod alles „wasserdicht“ machen!

13 Jahre zuvor

Meine Schwester und ich haben unseren Eltern gesagt, dass sie Spaß haben und alles auf den Kopf hauen sollen.Wir haben so oder so unser Auskommen. Ein paar Schmuckstücke worden schon vor Jahren „zugeteilt“.

13 Jahre zuvor

@till

Welche Uni?

Ma muss den armen Jurastudies doch unter die Armen greifen 😉

Big Al
13 Jahre zuvor

Ganz normaler Wahnsinn.
Bin ich froh dass ich ein Einzelkind bin.
Diese Geschwisterstreitereien habe ich woanders in meinen Familien schon zu oft gesehen um mich daran noch emotional oder irgendwie anders zu beteiligen. Descha wüü, oder wie der Franzose sagt.

Ma Rode
13 Jahre zuvor

Gier frisst Hirn!

Anonym
13 Jahre zuvor

[quote]…zwar das Häuschen überschrieben, nur nicht die Einliegerwohnung, die er selbst bewohnte. Er hatte zwar immer erzählt, er habe dort nur „Bleiberecht auf Lebenszeit“, tatsächlich war er aber nach wie vor Eigentümer dieser Wohnung.[/quote]

Wie soll das denn funktionieren? Eine Einliegerwohnung (Ein-, Zwei- oder Mehrfamilienhaus) ist meines Wissens untrennbarer Bestandteil dieses „Häuschens“, genauso wie Haus und Grundstück nicht voneinander trennbar sind. Man kann daran gar kein selbständiges Eigentum haben. Dazu müßte aus dem „Häuschen“ schon die Wohnung als separate Eigentumswohnung herausgenommen worden sein. Ob das gemeint war? Eher unwahrscheinlich.

Die Einrichtung des erwähnten „Bleiberechts auf Lebenszeit“ (genauer: Wohnungsrecht) erscheint mir sehr viel wahrscheinlicher und wäre auch problemlos möglich. Das hat aber mit einem separaten Eigentum nichts zu tun.

Dr. Jochmann
13 Jahre zuvor

Das ist übliche Praxis. Eine Einliegerwohnung wird als Eigentumswohnung aus dem übrigen Gebäudekomplex separiert.
Genau das finde ich oben im Text beschrieben.
Es ist daher dumm, nun zu schreiben: „Eher unwahrscheinlich.“
Einmal mehr zeigt sich, dass manche nur auf das schnelle Widerwort aus sind, statt sich mit Texten auseinander zu setzen.

Designierter Komposti
13 Jahre zuvor

So schlimm finde ich die Auseinandersetzung gar nicht. Da befinden sich die Leute in einer schlimmen Ausnahmesituation, was den gereizten Ton erklärt. Der Bestatter will jetzt – völlig zu Recht – die Bezahlung klären. Also müssen die Kinder sich in diesem Moment schon mit den leidigen Geldfragen auseinandersetzen, offenbaren ihre Interessen und einigen sich an Ort und Stelle. Damit ist das Wesentliche geklärt, und man kann in Ruhe trauern. Ist doch gar nicht schlecht.

Anonym
13 Jahre zuvor

Naja, untereinander wird so eine schriftliche Vereinbarung sicher sinnvoll sein, aber wenn Sabine und Rolf vergessen, die Erbschaft auch bei einem Notar auszuschlagen, dann werden sie offiziell dennoch erben, mit Erbschaftssteuer und allem drum und dran.

Big Al
13 Jahre zuvor

@ Dr. Jochmann.
Und jetzt warte ich mal auf die Juristenfront. Ist ja schließlich Mittagszeit. 😉

13 Jahre zuvor

Vielleicht sollten die Bestatter eine kleine Liste von ausgewählten erb- und eigentumrechtlich kompetenten Juristen vorhalten.

Im Falle der erfolgten Übernamhe eines Mandates könnte man ja … 😉

Ö Schi
13 Jahre zuvor

Der wahre Charakter eines Menschen zeigt sich bekanntlich in drei Situationen:
1) wenn er zornig oder
2) wenn er betrunken ist und
3) wenn es um die Teilung einer Erbschaft geht.
Wo war da der Notar, als das Haus aber nicht die ELW überschrieben wurde?
„Bona Fidei“ (guter Glaube)ist zwar ein juristischer Begriff, aber verlassen sollte man sich besser nicht darauf.
Dieser Fall gehört ins Wartezimmer eines jeden Notars.
Und noch ein anderes Zitat fällt mir dazu ein (>> ihr habt ja schon zwei drei Häuser und wir nur das eine …….)
Reichtum ist wie Meerwasser – je mehr man trinkt umso durstiger wird man davon.
LG aus Ndb

Betty
13 Jahre zuvor

Ich finde es generell eine ungeheure Dreistigkeit mit einem Erbe zu rechnen. Da Geld hab ich mir nicht verdint, nix dazu getan und warum sollte ich durch einen Verlust profitieren? Dass vorgesorgt wird um anfallende Kosten zu decken, ok. Aber auf ein Erbe bauen, sich gar darum streiten, das verstehe ich nicht. Wenn ich was krieg gut, wenn nicht genausogut. Wenn ich Geld haben will, muss ich halt arbeiten für, was ein Wunder…

turtle of doom
13 Jahre zuvor

Ich wünsche mir, es gäbe unter solchen Leuten häufiger Pistolenduelle.

Dann hat Tom gleichzeitig mehr Ruhe und mehr Arbeit 🙂

Christina
13 Jahre zuvor

@ Big Al:

[quote]Und jetzt warte ich mal auf die Juristenfront.[/quote]

Viel Spaß beim Warten 🙂

Übrigens melde ich mich jetzt schon mal vorsichtshalber ab (falls ich nicht mehr zum Lesen/Schreiben komme), bin ab So für 9 Tage in Japan. 🙂 😛

Anita
13 Jahre zuvor

Es gibt doch nichts schoeneres als Geschwisterliebe!

Engywuck
13 Jahre zuvor

@Betty(15):
je nachdem, wie das Erbe zustandegekommen ist habe ich als Erbe daran mitgearbeitet bzw. dafür bezahlt. Beispielsweise wenn das Haus/gesparte Geld/… dadurch zustande kam, dass ich ein Elter selten zu Gesicht bekam (wg. Überstunden, Schichtarbeit, …). Oder auch nur durch seltenere Urlaube als finanziell möglich gewesen wäre oder das durch „Sparen“ nicht erfolgte Schuljahr im Ausland.
Jedenfalls ist genau das die Begründung, wieso man als Erblasser gewisse Personen nicht (oder nur unter extrem strengen Voraussetzungen) „enterben“, also weniger als den „Pflichtteil“ im Testament vorsehen, kann.

Ich persönlich sehe das so wie Nimue: sollen sie ruhig alles auf den Kopf hauen. Und sei es durch „besseres“ Altenheim, wenn es denn soweit ist.

Smilla
13 Jahre zuvor

Ich finde den Fall unglaubwürdig, da hat der Ralf wohl etwas gezockt. 🙂

@Till
Sachenrecht? Gibt es heute nicht mehr die üblichen Quälereien aus dem Besonderen Schuldrecht? Unmöglichkeit, Verzug gepaart mit irgendwelchen Verträgen, mit ABGB und cic und pVV…?

Hätte da schon Ideen. 😉

Lars
13 Jahre zuvor

Wenn ich sowas lese, bin ich jedesmal froh das ich Einzelkind bin……..

13 Jahre zuvor

@ 17 (Christina) … ich beneide dich 🙂 … noch vor 10 Jahren hätte ich direkt nach einer Postkarte aus Japan gefragt…

Zum Thema:
Bin schon gespannt wie es bei uns irgendwann zugehen wird. Groß zu erben gibts wohl nichts (denke ich).
Tja, wo es was zu erben gibt entstehen früher oder später immer Streitigkeiten – und sei es nur um Schmuck oder einen Schaukelstuhl.
Irre ich mich oder gibt es mehr Zwist je weniger zu erben ist?

Anonym
13 Jahre zuvor

@22
bei der Bettencourt streiten sie sich jetzt schon (Mutter/Tocher) und die lebt noch. Da wird wohl schon eher zu Lebzeiten gestritten, ehrlich gesagt, sollte man die Sachen regeln, wenn man noch lebt. Sie setzt nun weil Tochter Einzelkind die Enkel ein, auch eine Möglichkeit. 🙂

Nicht umsonst gibt es so einen Spruch:
„Seid ihr noch einig, oder habt ihr schon geerbt?“

13 Jahre zuvor

@Smilla
Die Dinger kommen doch schon zur Zwischenprüfung, zur großen Übung ist Sachenrecht mit erbrechtlichen Aspekten durchaus fein-fies üblich.

13 Jahre zuvor

Geschwisterliebe groß geschrieben.
Und sowas dann beim Bestatter, toll.
Deine Ruhe, Tom, ist zu bewundern.

Hamburger Jung
13 Jahre zuvor

*In die Kristallkugel schaut und ein großes Tarot legt*

Ich sehe … sehe … eine Gerichtsverhandlung. 😉

Smilla
13 Jahre zuvor

Was ist da nicht fein-fies? 😉 Sachenrecht fand ich aber immer nett, kam auch in den Examensklausuren nur am Rande dran, die haben sich völlig im Schuldrecht ausgetobt. Ätzend. Großer Schein war mit einer Klausur getan, da kam auch kein Sachenrecht dran, evtl in der Hausarbeit, an die erinnere ich mich aber nicht mehr. Verdrängt. 🙂

Maev
13 Jahre zuvor

Bei mir kam in BEIDEN Zivilrechtsklausuren im Examen ausschließlich Sachenrecht dran!

Samsara
13 Jahre zuvor

Passt schon, ich bin die jüngste – das schwarze Schaf der Familie – von 6 Geschwistern. Mein Vater starb bereits vor 41 Jahren (freiwillig – heute kann ich ihn durchaus verstehen). Im August 2010 starb meine Ma mit 82 Jahren. Ich allein bin Schuld am Tod von Mutter – so wird mir vorgeworfen. Mamas neues Auto war schneller umgemeldet, als dass sie beerdigt war. Ihr gesamter Schmuck, den sie so sehr liebte war fast ebenso schnell entsorgt ……Ich lebte mit Ma unter einem Dach, sie hatte Wohnrecht auf Lebenszeit bei mir. Boah, Leutz …die leeren Hüllen von Mama*s Schmuck finden sich überall. Niemand war es ….. sicher nicht. Nach zwei Monaten bat ich meine Geschwister – da ich das Haus nicht mehr halten/finanzieren kann – sich Dinge aus der Wohnúng zu nehmen. Unendlicher Hass schlug mir entgegen … ich allein bin Schuld am Tod von Mama. Mein Partner und ich haben Mama 5 Jahre ihrer Lebenszeit geraubt. Ich wäre eh nur primitiv. Mir wird gewünscht, dass es mir mal so richtig schlecht geht…… Passt schon… Weiterlesen »




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