Bestattung interkulturell: Alte europäische Naturreligionen

Alte europäische Naturreligionen – Feuerbestattung, Grabhügel und Ahnenkulte

Die vorchristlichen Kulturen Europas

Die vorchristlichen Kulturen Europas waren tief mit der Natur und ihren zyklischen Abläufen verbunden. Ihre Religionen basierten auf der Verehrung von Naturkräften, heiligen Orten und insbesondere der Ahnen. Die Kelten, Germanen und Slawen entwickelten jeweils eigene Riten, um den Tod zu ehren, die Ahnen zu verehren und den Verstorbenen den Weg in die jenseitige Welt zu ebnen. Dabei spielten Feuerbestattungen, Grabhügel und Ahnenkulte eine zentrale Rolle.

Die Kelten: Eine Welt zwischen Diesseits und Jenseits

Die keltische Religion war eng mit der Vorstellung eines Kreislaufs von Leben, Tod und Wiedergeburt verbunden. Die Kelten glaubten an eine jenseitige Welt, die sogenannte „Anderswelt“ (Tír na nÓg), in der die Seelen der Verstorbenen weiterlebten. Diese Vorstellung spiegelt sich in ihren Bestattungsriten wider.

Feuerbestattung und Grabhügel

Ein bedeutendes Bestattungsritual der Kelten war die Feuerbestattung. Verstorbene wurden auf Scheiterhaufen verbrannt, wobei die Asche anschließend in Urnen gesammelt und in Grabhügeln (Tumulus) beigesetzt wurde. Diese Hügel waren oft von monumentalen Steinkreisen oder hölzernen Palisaden umgeben, was auf die spirituelle Bedeutung dieser Stätten hinweist.

Ahnenkulte und Totengedenken

Die Kelten hielten Rituale ab, um ihre Ahnen zu ehren. Besonders das Fest Samhain, das als Vorläufer von Halloween gilt, war eine Zeit, in der die Seelen der Verstorbenen angeblich die Welt der Lebenden besuchten. Man entzündete Feuer, um ihnen den Weg zu weisen, und brachte Opfergaben dar, um sie zu besänftigen.

Die Germanen: Kriegerische Bestattungen und Walhall

Auch die germanischen Stämme waren überzeugt, dass der Tod nicht das Ende, sondern ein Übergang in eine andere Existenzform war. Besonders für gefallene Krieger spielte der Glaube an ein Leben nach dem Tod eine entscheidende Rolle.

Feuer- und Schiffsbestattung

Eine der bekanntesten germanischen Bestattungsarten war die Feuerbestattung, die oft mit aufwendigen Ritualen verbunden war. Dabei wurde der Leichnam zusammen mit persönlichen Gegenständen, Speisen und manchmal auch mit geopferten Tieren verbrannt. Dies sollte sicherstellen, dass der Verstorbene alles Nötige für das Jenseits hatte.

Ahnenkult und Totenkult

Die Germanen verehrten ihre Ahnen als Schutzgeister und hielten in bestimmten Nächten Opferzeremonien ab. Besonders das Julfest (Wintersonnenwende) war eine Zeit, in der man der Toten gedachte und ihnen Opfer darbrachte. Die Vorstellung, dass gefallene Krieger in Walhall aufgenommen wurden, war tief im Glauben verwurzelt und trug dazu bei, dass der Tod im Kampf als ehrenvoll angesehen wurde.

Die Slawen: Zwischen Naturgeistern und Ahnenverehrung

Die alten Slawen hatten eine komplexe religiöse Welt, die sowohl Naturgeister als auch die Verehrung der Ahnen umfasste. Der Tod wurde als eine Reise in die „Nawia“, die Welt der Toten, betrachtet.

Feuerbestattung und Wasserbestattung

Auch bei den Slawen war die Feuerbestattung weit verbreitet. Verstorbene wurden verbrannt, und die Asche wurde in Hügelgräbern oder in heiligen Wäldern beigesetzt. In einigen Regionen gab es auch Wasserbestattungen, bei denen der Leichnam einem Fluss übergeben wurde, um die Seele auf ihrer Reise ins Jenseits zu unterstützen.

Ahnenkulte und Riten

Die Ahnenverehrung spielte eine große Rolle im slawischen Glauben. Man glaubte, dass die Seelen der Verstorbenen weiterhin Einfluss auf die Welt der Lebenden hatten. Um ihre Gunst zu gewinnen, veranstaltete man Feste wie „Dziady“ (Ahnenfest), bei denen Speisen und Getränke für die Toten dargebracht wurden. Diese Traditionen haben sich teilweise bis in die heutige Zeit erhalten.

Fazit: Bestattungsriten als Spiegel religiöser Weltbilder

Die Bestattungsrituale der alten europäischen Naturreligionen waren eng mit ihren Weltanschauungen verknüpft. Feuerbestattung, Grabhügel und Ahnenkulte zeugen von tiefem Respekt gegenüber den Verstorbenen und der Überzeugung, dass das Leben nach dem Tod weitergeht. Obwohl viele dieser Traditionen mit der Christianisierung Europas verdrängt wurden, finden sich ihre Spuren bis heute in volkstümlichen Bräuchen wieder. Sie erinnern uns daran, dass der Tod nicht das Ende ist, sondern Teil eines größeren, zyklischen Zusammenhangs in der Natur und der menschlichen Existenz.

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