Bestattung interkulturell: unterschiedliche Nationen

4. Bestattungen in den unterschiedlichen Nationen

4.2. Österreich: Schöne Leich

Ganz anders hingegen präsentiert sich das mehrheitlich katholische Nachbarland Österreich. Mit dem Aufkommen der städtischen Bestattungsunternehmen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert wurde das Leichenbegängnis ein Schauspiel, das vor allem in Wien für die wohlhabenden Bürger oft unter Anteilnahme des ganzen Wohnbezirkes inszeniert wurde. Die Toten wurden in Prächtigen unter Baldachinen aufgebahrt. Bis heute ist es so, dass man oft jahrzehntelang für die eigene Beerdigung, die „schöne leich“ , spart. Der Trauergemeinde soll nach wie vor ein Prunkvolles Fest geboten werden. Aus diesem Grund finden anonyme Bestattungen keinen Anklang. Das Verstreuen der Asche oder das Aufbewahren der Urne in der Wohnung ist jedoch nicht gestattet.

Anmerkung eines Lesers:

War es in Österreich nicht so, dass die städtischen Bestattungsinstitute gegründet, bzw. die privaten verstaatlicht wurden, gerade weil der Gruppenzwang für „die schöne Leich“ viele Angehörige an den Rand des Ruins brachte und der übermäßige Aufwand unterbunden werden sollte?

4.4 Russland: Alte Bräuche leben auf

Am neunten Tag und am 40. Tag nach dem Tod (sowie an jedem Jahrestag und den allgemeinen kirchlichen Gedenktagen) geht man noch einmal zum Grab. Während eines Leichenschmauses mit Wodka und Brot wird kreuzweise Gerste über das Grab gestreut, um Vögel anzulocken, die dem Toten Gesellschaft leisten sollen. Man vergisst auch nicht, Süßigkeiten für zufällig vorbeikommende Arme zu hinterlegen. Bei den Russlanddeutschen, die heute als Spätaussiedler unter uns leben, kommen zu einer Beerdigung meist alle Verwandte zusammen. Die gesamte Zeremonie wird für die wenigen Daheimgebliebenen fotografisch festgehalten.
Eine tägliche Andacht und Tage der Trauer dauern auch die ersten 40 Tage. Diese Zeit trägt man dunkle Kleidung und ist bemüht so häufig wie es geht zum Grab und in die Kirche zu gehen. Als Andacht an den Verstorbenen werden Gebäck, Kekse und Süßigkeiten insbesondere an die Kinder, aber auch an Erwachsene verteilt. Vodka und Brot sind die Bräuche der Sowjetzeit, sie stehen im Konflikt mit dem russ. Orthodoxem Glauben. Eine Andacht in der Kirche und durch Gaben ist heutzutage viel gefragter.
Zu erwähnen ist noch, daß der Sarg bis zu der Ruhestätte offen bleibt und die Angehörigen der Leiche einen Abschiedskuss, auf die Hand oder auf die Stirn, geben (so ähnlich wie dies auch bei den Griechischen Traditionen beschrieben wurde.

4.5 Niederlande: Alles ist möglich

Die Bestattungskultur unterscheidet sich hier immens von der ihrer europäischen Nachbarn. Jeder der es möchte, kann seine Angehörigen ohne Sondergenehmigung bis zu fünf Tagen zu Hause aufbahren. Über 50% (mit steigender Tendenz) wählen in den Niederlanden inzwischen eine Feuerbestattung. Krematorien verstehen sich als Dienstleistungsunternehmen in denen der Kunde König ist. Diese Angebot nutzen (nicht ganz legal) inzwischen immer häufiger auch Menschen aus Deutschland. Über den Umweg kann der heimische Friedhofszwang umgangen werden. Egal welche kulturelle Umrahmung oder Musikauswahl man favorisiert: Alles ist möglich.
Hierzulande wenig bekannt sein dürfte auch die Möglichkeit, der Einäscherung beizuwohnen, ja sie sogar selbst in Gang zu setzten.

Überhaupt sind die Bestattungsgesetze in den Benelux-Staaten viel liberaler als in Deutschland. Die Totenasche kann zu Hause aufbewahrt oder verstreut werden.

Weiße Kleidung, weiße Särge und weiße Bestattungswagen sind keine Seltenheit.

4.6 USA: Vielfältige Einflüsse

Die USA sind seit jeher ein Einwanderungsland. Die Neuankömmlinge pflegen nach wie vor Sitten und Gebräuche aus ihren Herkunftsländern. An der Mississippi-Mündung entstand neben vielen Musikrichtungen als Kuriosität der Funerals Jazz. Es handelt sich dabei um eigens für große Trauerzüge komponierte Musikstücke. Gespielt werden sie von bunt kostümierten Kapellen, die im Schritt- Rhythmus der Musik an der Spitze der Trauergemeinde dam Sarg folgen. Auffällig ist das Bemühen, den Tod „unsichtbar“ zu machen, ihn zu beschönigen. Der Leichnam wird hergerichtet und geschminkt. Es wird alles versucht, um keine Bedrohlichkeit entstehen zu lassen. Irische und schottische Einwanderer haben Halloween nach Amerika gebracht. Für sie war der 1. November der Beginn des neuen Jahres du ein Fest zu Ehren des Totengottes. Man glaubte das sich die Seelen der Verstorbenen an diesem Tag unter die Lebenden mischten. Man verkleidete sich als Gespenst, um besser mit den Verstorbenen in Kontakt treten zu können.

4.7. Mexiko: Der süße Tod

In Mexiko verspeisen die Hinterbliebenen an Allerheiligen, dem Dia de los Muertos (den Tod in Form von Kuchen und Süßigkeiten). Schon Wochen vor dem großen Fest Anfang November gibt es überall Totenköpfe aus Zucker zu kaufen, sie stehen reihenweise in den Verkaufsregalen, neben Särgen aus Schokolade und Marzipan. In der Nacht vom 1 auf den 2 November verkleiden sich die Kinder als Skelette oder Totenmasken und feiern mit ihrer Familie ein Willkommensfest für die Verstorbenen mit Blumen und einem Festmahl.


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