Südkoreanische Bestattungskultur – Wandel zwischen Tradition und Moderne
Südkorea, ein Land mit einer reichen kulturellen und religiösen Geschichte, hat in den letzten Jahrzehnten tiefgreifende Veränderungen in seiner Bestattungskultur erlebt. Während traditionelle Begräbnisriten weiterhin existieren, gibt es eine zunehmende Tendenz hin zu Urnenbestattungen und innovativen Methoden wie der Umwandlung von Asche in Erinnerungsperlen. Dieser Wandel ist sowohl durch kulturelle, wirtschaftliche als auch gesetzliche Faktoren bedingt.
Traditionelle Bestattungsriten in Südkorea
Historisch gesehen waren traditionelle Erdbestattungen in Südkorea die gängige Form der Bestattung. Diese waren stark von konfuzianischen, buddhistischen und schamanistischen Einflüssen geprägt. Familien hielten oft aufwendige Totenrituale ab, die mehrere Tage dauern konnten und mit rituellen Speisen, Ahnenverehrung und symbolischen Gegenständen begleitet wurden.
Charakteristische Merkmale traditioneller Bestattungen
- Der Verstorbene wurde in Seide gehüllt und in einem aufwendig gestalteten Holzsarg beigesetzt.
- Die Bestattung fand auf Familienfriedhöfen oder in den Bergen statt, da ein hoher Stellenwert auf die Nähe zur Natur gelegt wurde.
- Ahnenverehrung spielte eine zentrale Rolle, weshalb die Gräber regelmäßig besucht und gepflegt wurden.
- Ein typisches Ritual war das Jesasang, eine jährliche Gedenkzeremonie für verstorbene Familienmitglieder.
Wandel zur Feuerbestattung
Die wachsende Bevölkerung und der begrenzte Platz für Friedhöfe haben dazu geführt, dass sich Südkorea zunehmend von der traditionellen Erdbestattung entfernt. In den 1990er-Jahren lag die Kremationsrate noch bei etwa 20 %, doch bis 2020 ist sie auf über 90 % gestiegen. Dieser drastische Wandel ist zum Teil auf ein 2000 verabschiedetes Gesetz zurückzuführen, das vorschreibt, dass Gräber nach spätestens 60 Jahren wieder freigegeben werden müssen.
Weitere Gründe für den Anstieg der Feuerbestattung
- Platzmangel: In den Metropolen wie Seoul und Busan sind Friedhöfe teuer und rar geworden.
- Kultureller Wandel: Die jüngeren Generationen legen weniger Wert auf traditionelle Ahnenverehrung.
- Gesetzliche Vorschriften: Die Regierung fördert aktiv die Feuerbestattung, um das Friedhofsproblem zu entschärfen.
Die Umwandlung der Asche in Erinnerungsperlen
Eine bemerkenswerte Entwicklung in der südkoreanischen Bestattungskultur ist die Möglichkeit, die Asche eines Verstorbenen in Erinnerungsperlen (Beads of Remembrance) umwandeln zu lassen. Diese Perlen, die in zarten Blau-, Grün- oder Rosatönen schimmern, werden in Glasbehältern aufbewahrt oder in dekorativen Schmuckstücken verarbeitet.
Warum entscheiden sich Menschen für Erinnerungsperlen?
- Platzsparend: Im Gegensatz zu einer traditionellen Urne benötigt ein Behältnis mit Erinnerungsperlen kaum Platz.
- Symbolischer Wert: Die Perlen werden als Verbindung zwischen den Lebenden und den Verstorbenen gesehen.
- Moderne Ästhetik: Sie passen zum urbanen Lebensstil und bieten eine elegante Alternative zur traditionellen Bestattung.
Die Kosten für die Herstellung dieser Perlen variieren, liegen aber oft zwischen 1.000 und 3.000 US-Dollar. Unternehmen wie Bonhyang oder Rimua haben sich auf diese Dienstleistungen spezialisiert.
Die Rolle der Technologie in der Bestattungskultur
Südkorea, bekannt für seine Innovationskraft, nutzt auch im Bestattungswesen moderne Technologien. So gibt es inzwischen virtuelle Ahnenaltäre und Gedenkseiten, auf denen Angehörige Bilder, Videos und Nachrichten für die Verstorbenen hinterlassen können.
Weitere technologische Entwicklungen
- Digitale Friedhöfe: Online-Plattformen ermöglichen es Familien, ihren Verstorbenen zu gedenken, ohne physisch anwesend zu sein.
- Künstliche Intelligenz: Einige Start-ups arbeiten an KI-generierten Hologrammen, die die Stimme und das Aussehen der Verstorbenen simulieren.
Falsche Mythen über südkoreanische Bestattungen
- „Alle Südkoreaner werden heute zu Erinnerungsperlen verarbeitet.“ Tatsächlich ist die Umwandlung in Perlen eine Option, aber nicht die häufigste Wahl. Urnenbestattungen sind weiterhin die gängigste Praxis.
- „Feuerbestattung ist erst seit wenigen Jahren erlaubt.“ In Wirklichkeit gibt es Feuerbestattungen in Südkorea schon lange, allerdings wurden sie früher nur selten genutzt.
- „Erinnerungsperlen enthalten Edelsteine oder Metalle.“ Die Perlen bestehen ausschließlich aus komprimierter Asche und haben keine zusätzlichen Bestandteile.
Fazit: Eine moderne und sich wandelnde Bestattungskultur
Südkorea zeigt eindrucksvoll, wie sich Bestattungsrituale an moderne Lebensbedingungen anpassen können. Während traditionelle Ahnenverehrung noch immer eine Rolle spielt, entwickelt sich das Land zunehmend zu einer Nation, in der Feuerbestattungen, alternative Bestattungsformen und digitale Gedenkplattformen den neuen Standard setzen.
Mit der Einführung der Erinnerungsperlen hat Südkorea eine kulturell einzigartige Möglichkeit geschaffen, die Verstorbenen zu ehren und gleichzeitig mit den Herausforderungen des urbanen Raums umzugehen. Der Wandel zeigt, dass auch in einer modernen Gesellschaft der Respekt vor den Ahnen in zeitgemäßer Form weiterleben kann.
Weiterführende Links und Quellen
- The Korea Herald – Changing Funeral Trends in South Korea
- BBC – Why South Korea is embracing cremation
- National Geographic – Unique burial customs in Asia
- Korea.net – The rise of memorial beads
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