Griechenland: Lebendige Tradition
Bei Reisen in das von Urlaubern besonders geliebten Griechenland fallen sie jedem Touristen sofort ins Auge, die an Laternenpfähle geklebten Todesanzeigen.
So spricht sich ein Todesfall in Windeseile herum und die gesamte Bekanntschaft kann Pflicht zur Totenwache wahrnehmen.
Für die Totenwache waschen Familienmitglieder den Leichnam und kleiden ihn neu an oder hüllen ihn in weiße Leinentücher. Viele sorgen schon zu Lebzeiten für das eigene, besonders kostbare Totenhemd. Oft wird dies mit Bildern aus dem Leben Christus bedruckt. Eher heidnischen Ursprungs ist der Brauch, dem Verstorbenen eine Münze auf die Zunge zu legen, damit er dem Fährmann die Überfahrt in den Hades bezahlen kann.
Als Symbol des Glaubens werden die Arme kreuzweise auf der Brust verschränkt. Wie die Enden eines Kreuzes stehen vier Leuchter am Kopf, an den Füßen und zu beiden Seiten des Verstorbenen. Im Trauerhaus wird ein langwieriger Gebetsgottesdienst mit genau festgelegter Abfolge der zu lesenden Psalmen abgehalten. Die Begräbnisfeier endet mit dem Abschiedskuss, mit welchem dem Verstorbenen die letzte Ehre erwiesen wird.
Unter einer Griechisch-Orthodoxen Bestattung ist der Byzantinische Ritus (auch Griechischer Ritus genannt) zu verstehen. Dieser wird in den meisten katholischen und orthodoxen Ostkirchen gefeiert.
Die heilige Messe wird meist nach der Form des Chrysostomus-Kanons („Göttliche Liturgie des hl. Johannes Chrysostomus“) zelebriert. Die sehr feierliche, zeichen- und symbolreiche Form des Gottesdienstes im Griechischen Ritus ist gekennzeichnet durch die Verehrung der Ikonen, die Verwendung von Weihrauch, die Abtrennung (eigentlich eine Verbindung) des Altarraumes vom bzw. mit dem Kirchenschiff durch die Ikonostase und die festlichen Gewänder der Zelebranten und Ministranten.
Es beginnt der Priester mit einem Kuss auf das Evangelium, das auf der Brust des Toten liegt, und auf dessen Stirn. Alle anwesenden Trauergäste schließen sich ihm an. Dann tragen Angehörige den Sarg aus der Kirche. Blumenschmuck und Kränze sind auf dem Land unüblich. Die Gräber werden mit kleinen Zäunen aus Stein oder Metall umfriedet, oftmals wird das gesamte Grab mit Marmorplatten abgedeckt.
Die Gräber liegen nach Osten ausgerichtet, denn von dort wird die Auferstehung Christi erwartet.
Der für uns sicher befremdlichste Brauch ist das Öffnen der Gräber und die Exhumierung der Gebeine, um sich vom Zustand des Leichnams zu überzeugen. Diese Zweitbestattung erfolgt in der Regel nach Ablauf von fünf oder sieben Jahren. Hierbei überzeugt man sich vom Verwesungszustand der Leiche. Vor allem in ländlichen Bereichen ist dieser Brauch noch üblich. Eine nicht ganz oder nur teilweise vergangene Leiche wird als Hinweis auf eine nicht vergebene Schuld gedeutet. Hier ist manchmal sogar eine neue Aussegnung und Beerdigung nötig, damit die Seele des Verstorbenen Ruhe finden kann. Dagegen ist eine vollständige Verwesung Zeichen für Vergebung und Aufnahme bei Gott.
In einem solchen Fall werden die Knochen aus dem Grab entnommen gewaschen und gereinigt und mit Rotwein übergossen. Dann werden sie gebündelt, in Stoff eingewickelt oder in ein Gefäß gegeben und in eine steinerne Nische auf dem Friedhof weiter aufgebahrt. An der Nische befindet sich eine Namensplatte und nicht selten ein Foto d. Verstorbenen.
Die Erdbestattung ist also nur ein Zwischenakt, die endgültige Ruhestätte ist nur für die Knochen und überirdisch.
Traditionelle Bestattungsrituale in Griechenland
Exhumierung und Reinigung der Gebeine
In Griechenland existiert eine traditionelle Praxis im Bestattungswesen, bei der Verstorbene nach einer bestimmten Ruhezeit exhumiert werden. Üblicherweise erfolgt die Exhumierung etwa drei bis fünf Jahre nach der Beisetzung. Zu diesem Zeitpunkt werden die Gebeine aus dem Grab entnommen und sorgfältig von verbliebenen Weichteilen gereinigt. Ein bedeutender Teil dieses Rituals ist das Abwaschen der Knochen mit Wein, was sowohl der Reinigung als auch der symbolischen Reinheit dient.
Aufbewahrung der Gebeine
Nach der Reinigung werden die gesäuberten Knochen in einer kleinen, oft mit dem Namen des Verstorbenen versehenen Schachtel oder Ossuar aufbewahrt und in speziellen Beinhäusern (Ossuarien) des Friedhofs gelagert.
Kulturelle und pragmatische Hintergründe
Diese Praxis hat sowohl kulturelle als auch pragmatische Hintergründe. Auf der kulturellen Ebene spiegelt sie den Respekt gegenüber den Verstorbenen und den Glauben an die spirituelle Bedeutung der Reinigung wider. Pragmatisch betrachtet resultiert sie aus der begrenzten Verfügbarkeit von Grabplätzen in vielen Regionen Griechenlands. Durch die Exhumierung und die anschließende Aufbewahrung der Gebeine in Ossuarien wird Platz für zukünftige Bestattungen geschaffen, was angesichts der oft begrenzten Friedhofsflächen von großer Bedeutung ist.
Regionale Unterschiede
Diese Tradition kann in verschiedenen Regionen Griechenlands variieren und wird nicht überall gleichermaßen praktiziert. Dennoch bleibt sie ein integraler Bestandteil des griechischen Bestattungsrituals und reflektiert die spezifischen kulturellen und geografischen Gegebenheiten des Landes.
Greece-Is: Traditional Burial Customs in Greece
Episodenliste:
- Bestattung interkulturell: Einleitung
- Bestattung interkulturell: Christentum
- Bestattung interkulturell: Kirche Jesu Christi - Mormonen
- Bestattung interkulturell: Judentum 1
- Bestattung interkulturell: Judentum 2
- Bestattung interkulturell: Islam 1
- Bestattung interkulturell: Islam 2
- Bestattung interkulturell: Buddhismus 1
- Bestattung interkulturell: Buddhismus 2
- Bestattung interkulturell: Hinduismus 1
- Bestattung interkulturell: Hinduismus 2
- Bestattung interkulturell: Freimaurer
- Bestattung interkulturell: unterschiedliche Nationen
- Bestattung interkulturell: Luftbestattung Vogelbestattung, Himmelsbestattung
- Bestattung interkulturell: Altkatholische Kirche
- Bestattung interkulturell: Zeugen Jehovas
- Bestattung interkulturell: Griechisch orthodox
- Bestattung interkulturell: Sinti und Roma
- Bestattung interkulturell: Anthroposophen, Christengemeinschaft
- Bestattung interkulturell: Scientology
- Bestattung interkulturell: Aleviten
- Bestattung interkulturell: Bahai
- Bestattung interkulturell: Winter in Kanada
- Bestattung interkulturell: Baptisten
- Bestattung interkulturell: Kopten
- Bestattung interkulturell: Mennoniten
- Bestattung interkulturell: Japan
- Bestattung interkulturell: Schweiz
- Bestattung interkulturell: USA
- Bestattung interkulturell: Kremation in den USA vs. Deutschland
- Bestattung interkulturell: Mexiko - Día de los Muertos
- Bestattung interkulturell: Madagaskar - Famadihana - Knochenwendung
- Bestattung interkulturell: Alte europäische Naturreligionen
- Bestattung interkulturell: Satanismus
- Bestattung interkulturell: Voodoo Ahnenkult und Mythen
- Bestattung interkulturell: Philippinen - Baum- und Hängesärge
- Bestattung interkulturell: Südkorea - Feuer und Perlen
- Bestattung interkulturell: Ghana - Phantasiesärge
- Bestattung interkulturell: USA Einbalsamierung